Einsamste Siedlung Kölns
Kunstfeldsiedlung ist älteste Arbeitersiedlung im Rheinland

Die Kunstfeldsiedlung – oder auch der Hornpott – liegt idyllisch nördlich von Dünnwald. | Foto: Broch
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  • Die Kunstfeldsiedlung – oder auch der Hornpott – liegt idyllisch nördlich von Dünnwald.
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DÜNNWALD - (sb). Ruhig ist es hier. Kein Autolärm, nur Vögel, Bienen, die
Blätter der Kastanie rascheln im Wind. Die Zeit scheint stillzustehen
in der Kunstfeldsiedlung in Dünnwald. Sie liegt abgeschieden, umgeben
von Feldern und Wäldern, fast schon in Leverkusen. Etwa 120 Menschen
leben hier. „Wir haben die älteste Arbeitersiedlung im
Rheinland“, berichtet Dietrich Grunwald stolz.

Der ehemalige Lehrer kennt jeden Stein. Seit 1978 lebt er im ältesten
Haus am Ort, das schon vor Siedlung errichtet wurde. „In unserem
Haus hat schon ein General Napoleons gewohnt, um 1805“, erzählt er.
Grunwald führt Interessierte gerne in der Kunstfeldsiedlung umher,
erzählt deren Geschichte.
Anfang des 19. Jahrhunderts stellten die Unternehmer Wöllner und
Mannes im ehemaligen Dünnwalder Kloster Salmiak, Kali, Soda und den
Farbstoff „Berliner Blau“ für preußische Uniformen her.

Den Anwohnern stank die Chemie so sehr, dass die Fabrikanten 1820 in
den nahegelegenen Wald umzogen. „Für ihre Produktion heuerten sie
gut 20 Arbeiter aus dem Bergischen an – darunter die ersten
Protestanten im katholischen Dünnwald - und bauten für diese und
ihre Familien kleine Fachwerkhäuser. „Für damalige Verhältnisse
hatten die Häuser einen sehr hohen Standard und Gärten zum
Gemüseanbau“, schildert Grunwald. So entstand 1823 die erste
Arbeitersiedlung im Rheinland. Für sich bauten die Fabrikanten zwei
Herrenhäuser im bergischen Schieferstil, am südlichen und am
nördlichen Ende der Ortschaft. Zu den Arbeiterhäusern gehören
sieben Klohäuschen, mit Herz in der Holztür. Die stehen wie die
gesamte Siedlung seit etlichen Jahren unter Denkmalschutz. „Das sind
die einzigen denkmalgeschützten Klohäuschen in Deutschland“, lacht
Grunwald. Die künstlichen, chemischen Produkte gaben der Siedlung
ihren Namen: Im Kunstfeld.
Ab 1935 produzierte auch die Firma Sternenberg Farben und Eau de
Cologne im Kunstfeld. Gegen Ende der 1860er Jahre wollten die Inhaber
ein neues, interessantes Produkt herstellen, das damals in aller Munde
war: Dynamit. Sie beantragten eine Genehmigung zur Erzeugung des
Sprengstoffs und begannen mit der Produktion, noch bevor sie diese in
der Tasche hatten. Die Geschäftsidee endete tragisch: Am 25. Januar
1870 flog die Fabrik in die Luft, 15 Menschen starben. Die Dünnwalder
wollten auf keinen Fall, dass die Fabrik wieder aufgebaut wurde. Eine
andere Firma, die sich vor dem Unglück im Kunstfeld angesiedelt
hatte, stellte Horn- und Knochenmehl her als Düngemittel für die
Felder. Dies verlieh der Siedlung ihren zweiten Namen „Hornpott“,
wie sie unter den Einheimischen genannt wird.
1871 öffnete die Feilenhauerei Scherz & Morsbach im Kunstfeld. Louis
Morsbach und sein Bruder Ernst erbten 1887 die gesamte Siedlung vom
Chemiefabrikanten Halbach, die auch im Kunstfeld produzierte. Louis
bekam den südlichen Teil, Ernst den nördlichen. Letzterer ist
Urgroßvater von Doris Grunwald, geborene Morsbach und Ehefrau vom
freundlichen „Siedlungsführer“. Ihr gehören heute noch einige
Häuser im Honrpott. „Meine Frau hat ihr ganzes Leben hier gelebt
und wollte nie weg“, erzählt Grundwald.
In Folge der Weltwirtschaftskrise 1919 musste die Feilenhauerei
schließen, auch im Hornpott wurden Arbeiter arbeitslos. Doris
Grunwalds Großmutter versuchte, eine Art Bäderbetrieb einzurichten,
mit Kneippschen Wasserbädern, Ruhe und viel guter Luft. Seit 1894 gab
es eine Schankwirtschaft vor Ort, die Waldschenke. „Das war
zunächst ein kleines Lokal. Meine Frau hat sie zu einer großen
Gaststätte ausgebaut“, erzählt Grunwald. Die „Waldschenke“ ist
heute verpachtet und beliebt bei Spaziergängern und Besuchern.
Auch die Töchter der Grunwalds, Ulrike und Susanne, leben im Hornpott
und legen bei Renovierungsarbeiten an den Häusern, rotz ihrer
Vollzeitjobs,  kräftig mit Hand an. „Das ist schon die fünfte
Eigentümergeneration, die beiden hängen sehr an der Siedlung“,
freut sich Grunwald. Die Häuser sind liebevoll saniert und in einem
sehr guten Zustand, manche Häuser sind vermietet, andere verkauft.
Zur Siedlung gehören auch Schrebergärten. Allein das nördliche
Herrenhaus ist etwas heruntergekommen. „Es wurde leider verwohnt und
steht leer. Aber jetzt gibt es ein Ehepaar, das Interesse hat, es zu
übernehmen und Zeit und Geld hineinzustecken, um es wieder
herzurichten“, berichtet Grunwald zufrieden.
Einmal im Jahr ist es mit der Ruhe in der Kunstfeldsiedlung vorbei, im
September findet die „Hornpott-Kirmes“, mit Schürreskarrenrennen,
Kappesrollen, Baumstammsägen, Erbsenschlagen und Live-Bands statt.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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