Tausendfüssler
Bürgerversammlung informierte zum Bauvorhaben

In guter Gesellschaft: Linda Mattern und Raimund Gerber wehren sich gegen einen neuen, breiteren Tausendfüßler. Großplakate verdeutlichen die Bedenken der Tausendfüßler-Gegner. | Foto: Weller
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  • In guter Gesellschaft: Linda Mattern und Raimund Gerber wehren sich gegen einen neuen, breiteren Tausendfüßler. Großplakate verdeutlichen die Bedenken der Tausendfüßler-Gegner.
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Bonn - Vor der Halle hielten die Gegner die Stellung: „Wir fürchten
Klimaveränderungen, einen höheren CO2-Ausstoß, Lärm, Dreck, mehr
Verkehr, Naturbeschädigungen, Wegnahme von Lebensqualität“, sagen
sinngemäß die Vertreter diverser Bürgerinitiativen, die den für
den Zeitraum ab 2023 bis etwa 2027 ins Auge gefassten Ausbau des
Tausendfüßlers in Bonn bekämpfen. Linda Mattern und Raimund Gerber
gehören dazu: „Wir sind nicht gegen die Sanierung des
Tausendfüßlers. Aber der Stadt Bonn werfen wir Versagen bei der
Kommunikation und der Bürgerbeteiligung vor.“ Andere
Beschwernisträger vor der Halle, die Naturschützer und weiterhin die
Lenné-Freunde, befürchten eine Bebauung des Lenné-Parks in
Endenich. Die Klimaschützer waren angetreten mit ihrem Slogan
„Change or die“ und ABC-Schutzmaske, um ihre Bedenken zu äußern.

Im Brückenforum selbst sitzen coronabedingt knapp 100 Menschen, die
sich zur Informationsveranstaltung der Stadt Bonn den Tausendfüßler
betreffend angemeldet haben. Sie hören vor allem dem Vertreter von
Straßen.NRW zu, dem mit dem Neubau beauftragten Bauunternehmen. Das
bleibt zuständig, auch wenn es ab 2022 den dann bundesweit
zuständigen Nachfolger geben wird, das Fernstraßenbundesamt. Mpasios
Athanasios ist Projektleiter für den Bau der neuen Stadtautobahn und
damit erster Ansprechpartner für die Bonner. Ruhig weiß er auf
nahezu jede Frage eine sachorientierte Antwort und versucht, die
teilweise voller Emotion und Verbitterung vorgetragenen Vorbehalte
gegen einen neuen Tausendfüßler zu entkräften.

Der Tausendfüßler, so erklärt er, sei ein Projekt des Bundes. Die
Stadt Bonn, mit der eine enge Zusammenarbeit bestehe, könne im Rahmen
des vor kurzem angelaufenen Planfeststellungsverfahrens bis zum 09.11.
beim Regierungspräsidenten Köln schriftliche Einwände vorbringen.
Nein, eine eMail reiche nicht. Es muss ein Schriftstück sein. Das
gelte für jedermann. Alle Informationen einschließlich der Baupläne
seien via Internet verfügbar und für jeden einsehbar. Die Adresse
lautet
https://evit-net.de/2639VS01BAB565.
Weitere Infos gibt es unter
www.bonnbewegt.de und bei
www.bonn.de. Die Unterlagen sind
zudem aktuell im Stadthaus einsehbar. Über eventuelle Einwände werde
nach Prüfung entschieden. Gegen ablehnende Bescheide eröffne sich
der Klageweg beim Oberverwaltungsgericht Münster. Der Rechtsweg bis
zum Bundesverwaltungsgericht Leipzig sei gegeben.

Diese Information zerstreute die Bedenken des Auditoriums keineswegs.
Hunderte von Fragen prasselten auf den Auskunftsgeber ein. Um
Sachlichkeit bemüht, erklärte er, versachlichte er und gab dabei
nach Meinung vieler Zuhörer eine gute Figur ab.

Der Lenné-Park zum Beispiel werde gar nicht tangiert. Man bleibe in
der Gegend baulich auf Campus-Gelände und baue naturnah. Die
Schallschutzwände seien der benachbarten Bebauung gemäß angemessen
dimensioniert und sorgten ganz nebenbei für eine geringe
Feinstaubbelastung. Ja, eine neue Autobahn sorge auch für mehr
Verkehr. Der aber werde zugleich aus den Schleichwegen in der Stadt
ferngehalten. Die Breite der neuen achtspurigen Trasse entspreche dem
Bundesverkehrswegeplan mit der Verkehrsprognose von 2016/2017 für das
Jahr 2030, die auch für Corona-Zeiten gelte. Ja, die Stadt Bonn
könne Zusatzgutachten in Auftrag geben und als Einwand einreichen.
Nein, die Gesamtstrecke der BAB einschließlich der Nordbrücke zu
bauen sei allein aus Kapazitätsgründen nicht möglich. Eine
Klimaveränderung sei ausgeschlossen, schon deshalb, weil die neu zu
bebauende Fläche nur 11 Prozent der alten Fläche des Bauwerks in
Anspruch nehme. Der Verkehr werde in der Bauzeit jeweils vierspurig
laufen, versetzt und dem Baufortschritt gemäß. Der zu verbauende
Flüsterasphalt habe eine Haltbarkeitsdauer von 7 bis 8 Jahren. Er
werde regelmäßig überprüft. Falls er in seiner Wirkung nachlasse,
müsse neuer Asphalt aufgetragen werden. Dazu bestehe eine gesetzlich
Verpflichtung. Die gesamte neu zu bebauende Fläche betrage 256.400
Quadratmeter, das seinen 31.600 mehr als heute.

Für die vereinzelten Fragen, auf die selbst der Projektleiter keine
Antwort wusste, empfahl er, Einwände im Planfeststellungsverfahren
vorzubringen.

OB Ashok Sridharan und Stadtbaurat Helmut Wiesner hatten zuvor die
Zuhörer begrüßt.

Auch Katja Dörner von den Grünen war zugegen. Sie sagte im
Gespräch, ja, der Tausendfüßer sei zu sanieren, allerdings
plädiere sie für einen Radweg an der Seite der neuen Trasse. Gabi
Mayer vertrat gesprächsweise die Meinung der SPD, die Einwendungen in
das Planfeststellungsverfahren einbringen werde. Das betreffe vor
allem den gewünschten Radweg und die ihrer Meinung nach unzutreffende
Verkehrsprognose.

Das gesamte Bauvorhaben wird nach heutigem Stand 295,5 Millionen Euro
kosten.

- Harald Weller

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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