Chance oder Gefahr?
Initiative „Rettet das Melbbad“ startet Bürgerbegehren

Blick auf den noch unverbauten Hang, der bald knapp 100 Wohnungen bis zu 20 Meter Höhe tragen soll. Diese Aussicht macht vlnr. Sofie Potek, Helga, Effelsberg und Kai Schröder Sorge. | Foto: we
  • Blick auf den noch unverbauten Hang, der bald knapp 100 Wohnungen bis zu 20 Meter Höhe tragen soll. Diese Aussicht macht vlnr. Sofie Potek, Helga, Effelsberg und Kai Schröder Sorge.
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Bonn - „Soll das Melbbad in der bisherigen Form ohne Wohnbebauung erhalten
bleiben?“ Diese Kernfrage kennzeichnet das Bürgerbegehren, dass die
Initiative „Rettet das Melbbad“ ab August durchzuführen
beabsichtigt. Knapp 10.000 Stimmen wollen sie zusammenbringen, um das
Begehren dem Rat zur Abstimmung zu geben. Schließt sich dann der
Stadtrat dem Begehren an, gibt es keine Wohnbebauung am Bad. Lehnt der
Rat ab, schließt sich dem Begehren ein Bürgerentscheid an. Dann
entscheidet die Mehrheit, die rund 36.000 Stimmen betragen muss, über
die Eingangsfrage.

Hintergrund der zu treffenden Bürger-Entscheidung ist das Vorhaben
der Stadt und der Vebowag - d. i. die städtische
Wohnungsbaugesellschaft - direkt an der Trierer Straße unmittelbar am
Hang mit Blick auf die Melbbad-Wasserbahnen und die Badegäste ein
Bauprojekt mit knapp 100 Wohnungen zu verwirklichen. Die Mitglieder
der Initiative fürchten, dass dieses Vorhaben das Melbbad selbst
infrage stellt und auf Dauer zu dessen ersatzloser Schließung führen
wird.

Kai Schröder, Wiebke von Rudt, Sofie Potek und Helga Effelsberg von
der Initiative nennen ihre Argumente für den Erhalt des Bades und den
Grund für ihre Befürchtungen:

„Der Lärm des Badebetriebs wird für Anzeigen wegen
Lärmbelästigung aus den Reihen der künftigen Bewohner sorgen“,
sagen sie. „Das darf man gar nicht per Mietvertrag ausschließen.“
Die Anzeigen aber, so die Initiative, werde dem Bad den Garaus machen.
Hinzu käme, dass der Hochbau eine wichtige Kaltluftschneise für
Poppelsdorf und ganz Bonn zerstörte.

„Ganz davon abgesehen, dass der Bau ein unbeschwertes Baden und
Freizeitvergnügen im Bad verhinderte“, so Sofie Potek.
„Schließlich kann der gesamte Badebetrieb einschließlich der
Badegäste von den Balkonen der Wohnungen aus beobachtet werden“.

Ganz im Gegenteil, so die Mitglieder der Initiative, hätten sie viele
Ideen, um das ohnehin beliebte Bad attraktiver zu gestalten: „Man
könnte zum Beispiel kulturelle Veranstaltungen durchführen.“ Eine
Bürgerbeteiligung sei seitens der Stadt abgelehnt worden. Und die
Info-Veranstaltung vor kurzem habe sehr viele kritische Fragen
unbeantwortet gelassen. „Warum soll man solch ein Juwel wie das seit
1952 existierende Melbbad kaputt machen?“, fragt Helga Effelsberg.
Sie ist begeistert von der Aufenthaltsqualität im Melbbad.

„Es sind nicht nur Anwohner, die den Bau nicht wollen und das
Melbbad erhalten wollen“, meint Wiebke von Rudt. Der hohe
Freizeitwert und die Verpflichtung für die Stadt, ihren Bürgern für
den Bereich der Freizeitgestaltung etwas qualitativ Hochwertiges zu
bieten, spielt in der Argumentation eine große Rolle. „Sicher, das
Bad ist sanierungsbedürftig, weil die Stadt es jahrelang versäumt
hat, zu investieren, so Kai Schröder. „Das Geld dafür ist aber im
städtischen Haushalt bereits vorgesehen, eine Sanierung also kein
Problem.“

„Wir befürchten irreversible Schäden am Bad, allein deshalb, weil
der Untergrund, auf dem gebaut werden soll, voller Altlasten ist. Die
Pfähle am Hang für den Neubau sollen 12 Meter in die Tiefe gehen.
Was ist da alles zu befürchten, wenn es Schwierigkeiten beim Bau
gibt“, fragt Helga Effelsberg. „Ganz zu schweigen von den Kosten,
die bisher nirgendwo beziffert sind.“

Eine seriöse Kostenschätzung für die Neuplanung haben die
Mitglieder der Initiative bisher nicht bekommen. Sie klagen insgesamt
die mangelnde Unterstützung der Politik für ihre Positionen ein.
„Allein kulturhistorisch wäre es eine große Sünde, das Bad
aufzugeben.“

Die Initiative vermisst die Fairness der Stadt ihnen gegenüber.
„Wir erfahren oft Aggressivität in den Gesprächen. Wir fürchten,
wir sind auch schon gezielt belogen worden. Lassen Sie uns doch mit
allen Beteiligten einen Bürgerworkshop machen. Dann haben wir eine
faire Chance, die Einzigartigkeiten des Bad zu erhalten“, lautet ihr
Gesuch. „Wir stellen uns vor, ein Kultbad aus dem Melbbad zu
gestalten“, so Sofie Potek. Dies zum Wohl aller Bonner, die das nach
eigenem Bekunden beliebteste Bonner Freibad auch inhaltlich zum
attraktivsten machen wollen.

SCHAUFENSTER hat die Stadt Bonn um eine Stellungnahme zur
Melbbad-Situation gebeten und von der Pressestelle, Kristina
Buchmiller, die nachstehende im Wortlaut abgedruckte Antwort erhalten:

Das Freibad braucht einen Neubau für Umkleiden, Sanitärräume,
Mitarbeiter- und Technikräume. Das derzeitige Umkleidegebäude ist
dreigeschossig; die oberen zwei Geschosse werden schon lange für das
Freibad nicht mehr genutzt. Das Gebäude ist stark
sanierungsbedürftig. Und die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt
brauchen dringend bezahlbaren Wohnraum. Eine Gruppe davon sind die
Klinikmitarbeiter/innen. Deshalb hat der Rat am 27. September 2018 die
Verwaltung beauftragt zu prüfen, ob ein Dritter bereit sei, am Rande
des Melbbades geförderten Wohnraum zu schaffen und in diesem
Zusammenhang die notwendigen Funktionsräume für den Betrieb des
Melbbades als Ersatz für den sanierungsbedürftigen und abgängigen
Umkleide- und Sanitärtrakt zu bauen.

Für das Vorhaben wurde ein Lärmschutzgutachten erstellt, welches von
der Oberen Umweltbehörde bei der Bezirksregierung geprüft und für
richtig befunden wurde. Viele Bauvorhaben werden auf Basis von
Gutachten genehmigt, um die rechtliche Zulässigkeit z.B. hinsichtlich
des Lärms festzustellen. Eine Genehmigung bzw. ein positiver
Vorbescheid muss danach erteilt werden, da der Antragsteller einen
Rechtsanspruch darauf hat.

Hier finden Sie noch den Link zur Bürgerinformation als Video:
https://www.youtube.com/watch?v=8rFE71lVd3E

- Harald Weller

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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