Hier kommt eine Menge Leben zusammen
Jobcenter und Katholische Jugendagentur gemei ...

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Burscheid - „Kennen Sie sich auch mit Sachen vom Arbeitsamt aus?“, fragt ein
Besucher des Burscheider Büdchens. Er wedelt mit einem Brief vom
Jobcenter in der Hand. „Ja, schon“, antwortet Nicole Wittmann.
„Aber wissen Sie was - Kommen Sie morgen nochmal, da sind zwei Leute
vom Jobcenter hier.“ Sascha von Schwedler und Nicole Wittmann
arbeiten für die Katholische Jugendagentur LRO im Burscheider
Büdchen. Zwei Mitarbeitende des Jobcenters sind an jedem Dienstag von
10.00 bis 12.00 Uhr vor Ort im Burscheider Büdchen. Sie helfen
Bürgern dabei, Briefe vom Jobcenter richtig zu verstehen, beantworten
Fragen und stellen mit ihnen gemeinsam Anträge für Leistungen. Sie
können auf die Programme des Jobcenters zugreifen und fast genauso
arbeiten, wie in ihren normalen Büros.

„Sehr gut war dieses Angebot in der Corona-Zeit“, erzählt
Stephanie Ludewig vom Jobcenter Burscheid. „Wir waren während der
Pandemie überwiegend digital und telefonisch zu erreichen.
Persönliche Gespräche vor Ort waren nur eingeschränkt möglich. Das
ist für manche unserer Kunden eine Hürde gewesen. Wir wollen es
ihnen aber leicht machen. Im Burscheider Büdchen konnten wir durch
das Kiosk-Fenster während Corona mit den Leistungsberechtigten
sprechen.“

Den Menschen entgegenkommen, ihnen die Angst „vor dem Amt“ nehmen,
das ist ein Anliegen des Jobcenters. Vielen Menschen fällt der Weg
ins Jobcenter schwer. Deshalb muss das Jobcenter Rhein-Berg in den
Wohnplätzen, wo die Menschen leben, präsenter sein. Ein
niederschwelliges Angebot ist nicht nur in der momentanen pandemischen
Situation wichtig, sondern es hat sich gezeigt, dass es grundsätzlich
für die Zusammenarbeit mit den Leistungsberechtigten und auch anderen
Bürgern sehr vorteilhaft ist. Der Zugang zu den Beratungsangeboten
soll unbürokratisch gestaltet werden. „Es liegt einfach nahe, dass
wir uns mit dem Burscheider Büdchen zusammentun. Ich arbeite sowieso
seit zwei Jahren mit Nicole und Sascha zusammen“, erklärt Stephanie
Ludewig.

Es leicht machen, einfach mal hingehen, sich in einem hübschen
Wohnzimmer zusammensetzen und mal durchsprechen, was zu tun ist –
dafür steht das Burscheider Büdchen. „Wir sind die erste
Anlaufstelle für einfach alles“, sagt Sascha von Schwedler von der
Katholischen Jugendagentur Leverkusen, Rhein-Berg, Oberberg.

„Neulich kam eine Nachbarin direkt vom Zahnarztstuhl hierher, der
Mund war noch betäubt. Sie war so glücklich, dass sie jetzt alle
Zähne in Ordnung hat. Die Rechnung vom Zahnarzt, die sie dabeihatte,
hat ihr jedoch Sorgen bereitet“, beschreibt Nicole Wittmann einen
typischen Fall. Die Mitarbeiter des Büdchens suchen dann gemeinsam
mit der Besucherin nach Lösungen. Sie schauen nach: Laufen bei der
Dame noch andere Abzahlungen? Kann man vielleicht ein zinsloses
Darlehen vereinbaren? Oder sie rufen gemeinsam mit der Frau beim
Zahnarzt an und verabreden eine Ratenzahlung.

„Wenn einmal das Vertrauen da ist, dann zeigen sich oft noch andere
Dinge, die geregelt werden müssen“, so hat es Sascha von Schwedler
schon häufig erlebt. Dann werden noch Briefe ausgepackt, die schwer
auf dem Magen liegen. Oder private Probleme erzählt, die schon seit
Wochen vor sich hergeschoben wurden.

„Hier braucht sich keiner schämen“, sagt Nicole Wittmann. Sie
erlebt oft die Erleichterung bei den Menschen, wenn Sie sich endlich
anvertrauen: „Die Leute fühlen sich mit ihren Problemen oft
allein.“ Wenn Nicole Wittmann dann sagt, „nein, Sie sind nicht
alleine, wir sind jetzt schon zwei“, fließen auch mal Tränen.

Und dann setzen die Mitarbeiter vom Büdchen die Hebel in Bewegung.
Sie ebnen die Wege zu den nächsten Beratungsstellen. Sie melden den
Besucher dort schon mal an, zeigen, wie es weitergeht, so dass der
Besucher weiß, „man kennt mich da schon. Ich gehe nicht von Null
aus dahin“. „Dahin”, das ist oft zur Schuldnerberatung, zur
Familienberatung oder eben auch zum Jobcenter.

Stephanie Ludewig hat dort schon häufig nahtlos Menschen
weiterbetreut, die vom Büdchen kamen. Auch sie kümmert sich und hat
auch ein offenes Ohr für Liebeskummer. „Ich weiß, dass das
Jobcenter als ’Amt‘ manchmal einschüchternd wirkt für die Leute.
Auch wir hier sind Menschen, die gerne weiterhelfen wollen. Auch ich
bin am Abend froh, wenn ich weiß, dass ich für einen Besucher
wirklich etwas vorangebracht habe.“

„Jetzt, wo wir regelmäßig im Büdchen sind, geht das alles
natürlich noch viel einfacher“, zieht sie ihr Fazit. „Die
Menschen müssen nirgendwo anders mehr hingehen, sondern es geht
direkt an dem Ort für sie weiter, den sie schon kennen.“ Stephanie
Ludewig sieht noch einen zweiten Vorteil: „Und wir, die wir uns im
Büdchen vernetzen, können noch mehr voneinander lernen. Man kann
sich ganz schnell mal was fragen. Das kommt alles dem Besucher
zugute.“

Aus diesen Gründen hat die Zusammenarbeit zwischen dem Jobcenter und
der Katholischen Jugendagentur LRO im Burscheider Büdchen
Modellcharakter. Das Erfolgsmodell wird an anderen Standorten des
Jobcenters fortgeführt, so Sascha von Schwedler.

Sascha von Schwedler und Nicole Wittmann sind die Gesichter des Burscheider Büdchens. | Foto: Sabine Sistig
Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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