Stolpersteine - Mahnmal und Erinnerung
„Sprachlos!“ - „nie wieder!“

Gunter Demnig verlegte selbst die ersten Stolpersteine in Gymnich - begleitet von mahnenden Worten und Erinnerungen sowie zahlreichen Interessierten, die der Opfer gedachten.
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  • Gunter Demnig verlegte selbst die ersten Stolpersteine in Gymnich - begleitet von mahnenden Worten und Erinnerungen sowie zahlreichen Interessierten, die der Opfer gedachten.

Erftstadt (vd). Der Wind war eisig – und passte so zum traurigen Hintergrund einer wichtigen Veranstaltung, zu der sich rund 150 große und kleine Interessierte an der Schützenstraße in Gymnich einfanden. Dort, genauer gesagt vor den Hausnummern 14 und 2, wurden die ersten neuen Stolpersteine verlegt, in Erinnerung an Erftstädter Juden, die dem Rassenwahn der Nationalsozialisten zum Opfer fielen.

Insgesamt wurden 44 Steine verlegt, 20 in Gymnich, 18 in Friesheim und der Rest in Erp. Die ersten verlegte Gunter Demnig, Initiator der Aktion, die mittlerweile das größte dezentrale Mahnmal jüdischen Lebens in Deutschland und 30 weiteren Ländern ist, höchstpersönlich. So klein die in den Gehweg eingearbeiteten Steine sind, so groß sind die Schicksale, die hinter den Daten stecken, die in die Stolpersteine graviert sind. Und so zog sich durch die Redebeiträge von Thomas Fuß vom Heimatverein Gymnich, Bürgermeisterin Carolin Weitzel, Stadtarchivar Dr. Frank Bartsch und Pfarrer Joseph Pikos - auch angesichts aktueller Entwicklungen – vor allem eine Botschaft: „Nie wieder!“

"Nachbarn, Geschäftspartner, Freunde!"

Die glänzenden neuen Stolpersteine sollen als Mahnmal und Erinnerung dienen, an MENSCHEN, jedes einzelne, grausame Schicksal: „Die Steine zeigen, dass die Greueltaten seinerzeit nicht irgendwo, sondern buchstäblich vor unseren Haustüren geschehen sind. Die überlieferten, recherchierten Geschichten machen sprachlos“, fasste Thomas Fuß vom Heimatverein Gymnich zusammen. Neben der Initiatorin der aktuellen Stolperstein-Aktion, Bettina Tanneberger, recherchierten er, Robert Niederprüm, Philipp Gatzen und Karl-Josef Welter in den vergangenen Monaten, welche jüdischen Familien im jeweiligen Ort wohnten und im Dritten Reich ermordet wurden: „Nachbarn, Geschäftspartner, Freunde - und doch vergrößerten sich mit dem NS-Einfluss auch der Druck und die Repressalien, bis hin zur Deportation und Ermordung“, erklärte Thomas Fuß.

Auch die Jüngsten waren in Gymnich mit dabei

Carolin Weitzel betonte, Krieg, Gewalt, Faschismus und Diskriminierung dürften „nie wieder“ von deutschem Boden ausgehen. Dr. Frank Bartsch erinnerte da­ran, dass jüdisches Leben nachweislich seit über 700 Jahren zu Erftstadt gehöre – auch die „dunklen Kapitel“, die stets Mahnung bleiben sollten. Da passte es, dass auch ganz junge Gymnicher an der Stolperstein-Verlegung teilnahmen. Zahlreiche Grundschüler sangen ein Friedenslied - auch auf Hebräisch und von Flötenspiel begleitet.

Familienangehörige Laura Lark war extra angereist

Die große Anteilnahme freute neben Landrat Frank Rock, einer der „stillen“ Zuhörer, auch einen besonderen Gast: Laura Lark. Die Amerikanerin ist eine Nachfahrin der jüdischen Familie Schwarz, für die in Erp Stolpersteine verlegt wurden. Laura lebt derzeit in Paris und reiste extra an, um vor Ort dabei zu sein. Ihre Tante Linda Heuman war 2018 auf „Spurensuche“ in Erp und hatte sich auch für ihre Angehörigen „Stolpersteine“ gewünscht: „Dieser Wunsch ist nun in Erfüllung gegangen“, verlas Laura eine Botschaft ihrer Tante Linda in Erp. Vor allem das Schicksal der kleinen Irene Sophia, das an Anne Frank erinnert und das Linda selbst nachzeichnete, sorgte für Ergriffenheit: Im Alter von 8 Jahren wurde Irene Sophia nach Holland zum Bruder der Mutter geschickt. Aber auch dort folgte eine Odysee - Ortswechsel, Verstecke, Flucht, bis sie im Juli 1944 gefangen genommen und schließlich nach Theresienstadt und Auschwitz deportiert wurde, wo man sie im Alter von 14 Jahren ermordete.

In Gymnich hatte zuvor Thomas Fuß die Geschichten der Familien Kaufmann, Zieger, Stock oder Daniel skizziert, um an die Menschen und ihre Schicksale zu erinnern. Zum Gedenken legte er jeweils eine Rose als christliches Erinnerungssymbol und einen Stein als jüdisches Symbol zu den jeweiligen Stolpersteinen.

Letztlich vereinte Pfarrer Joseph Pikos` Gebet die Gedanken von Alt und Jung, jüdischen oder christlichen Glaubens: „Mögen solche Zeiten nie wiederkehren!“

Redakteur/in:

Düster Volker aus Erftstadt

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