Beschluss zur Insel Grafenwerth
BUND, Stadt und Kreis sehen sich alle als Gewinner

Zahlreiche Umgestaltungsmaßnahmen plant die Stadt Bad Honnef auf der Insel Grafenwerth. Der BUND ist damit nicht einverstanden. | Foto: BUND
  • Zahlreiche Umgestaltungsmaßnahmen plant die Stadt Bad Honnef auf der Insel Grafenwerth. Der BUND ist damit nicht einverstanden.
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Bad Honnef - Das Verwaltungsgericht Köln hat einem Eilrechtsschutzantrag des
Naturschutzverbandes BUND gegen die Neugestaltung der Freianlagen auf
der Insel Grafenwerth teilweise entsprochen. Auf der Insel Grafenwerth
plant die Stadt Bad Honnef eine in drei Bauabschnitte unterteilte
Neugestaltung der Freianlagen. Der Bauabschnitt 1 umfasst die
Nordspitze der Insel. Dort sollen mehrere neue Wege und Spielinseln
für Kinder unterschiedlicher Altersgruppen angelegt werden. Der
Bauabschnitt 2 beinhaltet Arbeiten an der Promenade am Westufer und
sieht unter anderem im Bereich des Freibads den Bau einer
Sitzstufenanlage am Rheinufer vor. Im Bauabschnitt 3 sollen im Innern
der Insel unter anderem mehrere Flächen entsiegelt, aber auch einige
erstmalig befestigt werden. Eine der neuen Fläche soll für eine
Bühne genutzt werden. Die Stadt Bad Honnef begründet ihr Vorhaben
mit dem Ziel, durch die neugeschaffenen Anlagen Besucher vom für
besonders schützenswert erachteten Südostteil der Insel fernhalten
(Besucherlenkung) und die Naherholungsmöglichkeiten auf der Insel
verbessern zu wollen. Da die Insel Grafenwerth als
Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen ist und die geplante Umgestaltung
gegen mehrere Verbote verstößt, die zum Schutz des Gebiets bestehen,
bedurfte es für die Umsetzung der Planungen einer
naturschutzrechtlichen Befreiung.

Gegen diese naturschutzrechtliche Befreiung, die der Rhein-Sieg-Kreis
als untere Naturschutzbehörde erteilte, erhob der BUND Klage. Um zu
verhindern, dass während des gerichtlichen Klageverfahrens Arbeiten
durchgeführt werden, stellte der BUND den vorliegenden Eilantrag, dem
die Kammer hinsichtlich der Bauabschnitte 2 und 3 stattgab. Folge der
gerichtlichen Entscheidung ist, dass die Stadt Bad Honnef bis zu einer
endgültigen Klärung in der Hauptsache die Maßnahmen im Bauabschnitt
1 vorläufig umsetzen, in den Bauabschnitten 2 und 3 aber keine
Arbeiten mehr durchführen darf.

Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die Kammer aus, dass die im
Bauabschnitt 2 geplante Sitzstufenanlage zur Besucherlenkung nicht
geeignet sei. Vom geplanten Standort der Sitzstufenanlage, der von der
Stadt Bad Honnef als „Endpunkt der Promenade“ bezeichnet wird,
führe der Weg zunächst befestigt weiter nach Süden in den für
schützenswert erachteten Teil der Insel. Dieser Weg bleibe bestehen,
so dass Besucher von einem Besuch des südlichen Teils der Insel nicht
abgehalten werden. Allein durch das Ziel der Verbesserung der
Naherholungsmöglichkeiten sei die Sitzstufenanlage nicht
gerechtfertigt, weil sie in den besonders empfindlichen und besonders
geschützten Uferbereich des Rheins eingreife. Die im Bauabschnitt 3
geplante Fläche für eine Bühne sei rechtswidrig, weil hierdurch ein
bestehendes Verbot faktisch ausgeschaltet würde. In dem
Landschaftsschutzgebiet seien Veranstaltungen mit mehr als 100
Personen außerhalb befestigter Flächen verboten. Auf der Insel
Grafenwerth habe dieses Verbot zur Folge, dass Veranstaltungen in der
Vergangenheit im Einzelfall nur nach Erteilung einer Ausnahme
zulässig gewesen seien. Die Planung sehe nun die Schaffung einer
genau für solche Veranstaltungen vorgesehenen Fläche vor. Da danach
in Zukunft große Veranstaltungen stets (ohne das Erfordernis einer
Einzelfallausnahme) erlaubt wären, sei die Errichtung der Fläche
gleichzusetzen mit einer grundlegenden Änderung des Schutzgebiets.
Dies sei unzulässig.

Das im Bauabschnitt 1 geplante Vorhaben sah die Kammer hingegen als
rechtmäßig an. Die in der Nordspitze geplanten Wege und Spielinseln
würden Besucher dort binden und böten im Vergleich zum bisherigen
Zustand ein deutlich attraktiveres Angebot. Zwar greife das Vorhaben
in den Naturhaushalt ein und verändere das Landschaftsbild. Die
Eingriffe seien aber durch die mit dem Vorhaben verfolgten Ziele
gerechtfertigt, nämlich den Südostteil der Insel zu schützen und
die Naherholungsmöglichkeiten zu verbessern. 

Gegen den Beschluss können die Beteiligten Beschwerde einlegen, über
die das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden würde.

Pressemitteilung des BUND

Das Verwaltungsgericht Köln hat mit seinem Beschluss 14 L 202/20 die
aufschiebende Wirkung der Klage des BUND NRW zur Insel Grafenwerth
größtenteils wiederhergestellt. Die Bauabschnitte 2 und 3, also
Uferpromenade, Freitreppe und Bühnenfundamente sowie Spielfelder im
mittleren Inselteil dürfen erst einmal nicht gebaut werden. Für
diese Bauabschnitte wird dem Antrag des BUND, die aufschiebende
Wirkung
der Klage gegen den Befreiungsbescheid der Kreisverwaltung
wiederherzustellen, voll entsprochen. Das Gericht hat festgestellt,
dass für die Bauabschnitte 2 und 3 die „Klage in der Hauptsache …
mit hoher Wahrscheinlichkeit zumindest zu der Feststellung führen“
wird, „dass der Bescheid rechtswidrig ist". Für den ersten
Bauabschnitt, den Spielbereich in der Nordspitze, betont das Gericht
die geringere Wertigkeit des dortigen Waldes und z.B.
Qualitätsmängel im Boden durch Bauschuttablagerungen. Zudem hält es
das Gericht für glaubhaft, dass die Spielplätze die negative
Freizeitnutzung in der Südspitze mindern könnten, sie also
eine Lenkungswirkung erzielen. Insofern sieht das Gericht davon ab,
seine Entscheidung vom 13. Februar 2020, den Bau nicht sofort zu
stoppen, nun, nachdem die Spielplätze fast fertig
gestellt sind, zu ändern. Das Gericht hat dargelegt, dass
naturschutzrechtliche Befreiungen „nicht dazu dienen,
landschaftsrechtliche Regelungen in einem nicht unerheblichen Umfang
außer Kraft zu setzen oder inhaltlich zu ändern. Sie sind nicht
dafür konzipiert, bauliche Anlagen in nennenswertem Umfang in für
den Landschaftsschutz bedeutsamen Teilen eines
Landschaftsschutzgebietes oder gar flächendeckend zuzulassen, und auf
diese Weise einen allgemeinen, sich generell stellenden Konflikt
zwischen Landschaftsschutz und anderen öffentlichen Interessen
liegenden Zielen aufzulösen". Aus Sicht des BUND ist der Beschluss
ein weiterer Erfolg, da die Grenzen einer
Befreiungsoption einmal mehr vom Gericht in einem Rechtsstreit
zwischen BUND und Kreisverwaltung klar skizziert und im Sinne der
Lesart auch des BUND bestätigt werden. Die Befreiung ist eben kein
Vehikel, alle möglichen privaten oder kommunalen Sonderwünsche gegen
Natur- und Landschaftsschutz zuzulassen. Ob am Ende die Auffassung
tragen wird, mit den Eingriffen in die Nordspitze ließe sich eine
Entlastungswirkung für die Südspitze erzielen, wird abzuwarten sein.

Pressemitteilung von Stadt und Kreis

Positiv haben sich Kreis und Stadt zum Beschluss des
Verwaltungsgerichts Köln zur Umgestaltung der Insel Grafenwerth
geäußert. Das Gericht hatte den 1. Bauabschnitt, der insbesondere
den Um- und Neubau der Wege an der Nordspitze und der Spielplätze
beinhaltet und seit längerem im Bau ist, nicht beanstandet und den
vom BUND in diesem Eilverfahren beantragten Baustopp abgelehnt.
„Damit haben die bisherigen Baumaßnahmen Rechtssicherheit
gewonnen“, so Bad Honnefs Bürgermeister Otto Neuhoff. „Das
Gericht hat den hohen Erholungsdruck und die daraus folgenden
Planungserfordernisse ausdrücklich als Gründe für eine Befreiung
von den Landschaftsschutz-Verboten anerkannt“, zeigt sich Landrat
Sebastian Schuster zufrieden.

Beim noch folgenden 2. und 3. Bauabschnitt hält das
Verwaltungsgericht
dagegen die geplante Sitzstufenanlage am westlichen Ufer für einen so
gravierenden Eingriff, dass mit diesen Maßnahmen zunächst nicht
begonnen werden darf. Auch zur sogenannten Veranstaltungswiese im 3.
Bauabschnitt hat das Gericht Zweifel an der Verträglichkeit
geäußert und bis zur weiteren Entscheidung im eigentlichen
Klageverfahren den Beginn der Realisierung unterbunden. „Ich bin
sicher, dass wir die vom Verwaltungsgericht noch aufgeworfenen Fragen
im weiteren Verfahren werden klären können“, so Otto Neuhoff
weiter.

„Das Verwaltungsgericht hatte schon während des Eilverfahrens zu
erkennen gegeben, dass man bei Verzicht auf die Sitzstufenanlage mit
dem Gesamtpaket einverstanden sein könne“, so Landrat Sebastian
Schuster. „Insofern ist der jetzige Beschluss, der ebenfalls in
diese Richtung weist, folgerichtig. Wir werden nun prüfen, wie wir
die verbliebenen zwei offenen Punkte des Gerichts ausräumen können".

Pressemitteilung der SPD Bad Honnef

Es ist schon erstaunlich, wie Kreisverwaltung und Stadt eine
Teilniederlage in einen Erfolg umzudeuten versuchen, findet die Bad
Honnefer SPD-Fraktion. Immerhin sind Kernbereiche der Gesamtkonzeption
vom Verwaltungsgericht vorerst wegen großer Bedenken gestoppt worden.
SPD-Ratsmitglied Wolfram Freudenberg dazu: "Mit dieser auffällig zur
Schau getragenen ,Zufriedenheit' mit dem Gerichtsurteil sollen meines
Erachtens nachweisliche Planungsfehler im Landschaftsschutzgebiet
vertuscht werden. Der Stadtrat beauftragte Planungen, die auf der
Insel nicht möglich sind (Sitztreppen am Ufer, Bühne etc.).
Ökologische Verbesserungen oder Nachbesserungsforderungen, zum
Beispiel im letzten Umweltausschuss durch die SPD beantragt, wurden
überstimmt. Zudem stehen schon beim ersten Bauabschnitt
Kostensteigerungen an. Steuergelder sollten besser und sorgfältiger
eingesetzt werden“. Dazu der SPD-Bürgermeisterkandidat Klaus Munk:
„Otto Neuhoff meinte ja in der Debatte um eventuelle
Planungsänderungen, es sei nun genug geplant. Offensichtlich war es
das nicht. Nur hätte er sich das nicht erst vom Gericht bestätigen
lassen müssen. Eigentlich ist es anerkannte Regel guter Führung,
derart weitreichende, kostenintensive Planungen auch im Zuge der
Realisierung regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen".

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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