Der Traum vom Ballonfahren
Ausbildung zum Piloten: zeitaufwändig, aber lohnenswert
Oberberg - „Seit meiner ersten Fahrt 1984 gehört das Ballonfahren zu meinem
Leben und ich wollte irgendwann selbst Pilotin werden. Die vielen
Jahre im Team meines Papas, der seit 1989 Ballonpilot ist, haben mich
in diesem Traum bestärkt. Durch Abitur, Beruf und Familiengründung
bin ich aber erst im vorletzten Jahr dazu gekommen, die Realisierung
in Angriff zu nehmen. Umso mehr freue ich mich, dass ich heute selbst
am Brenner stehen und dieses wunderbare Hobby ausüben kann.
Ballonfahren bedeutet für mich Freiheit, Spaß und Entspannung vom
Alltag, jede Fahrt fasziniert mich aufs Neue“, schwärmt Julia
Jeschke, die in Reichshof-Hardt aufgewachsen ist. Sie hat ihre erste
Ausbildungsfahrt am 29. September 2018 gemacht, dann folgten etwas
mehr als 20 Ausbildungsfahrten. Am 28. Oktober 2019 absolvierte Julia
Jeschke ihre Prüfungsfahrt - eine Ausbildung in Rekordzeit.
Jeder kennt es, das Bild, wenn sich am Abend oder auch frühen Morgen
die bunten Heißluftballone am Himmel tummeln. Doch kaum jemand weiß,
dass es nicht nur einer Kurzeinweisung, sondern einer regelrechten
Pilotenausbildung bedarf, einen solchen Ballon selbst fahren zu
dürfen.
Klingt zeitaufwändig, nicht ganz einfach, dazu noch spannend - und
genau das ist es auch, aber es ist jede investierte Sekunde wert.
Was muss man tun?
Von der Anmeldung bis zur ersten Fahrt als Pilotin beziehungsweise
Pilot können zwischen acht Monaten und zwei Jahren vergehen, das
richtet sich nach verschiedenen Faktoren.
Ausbilder und Auszubildender müssen kurzfristig und flexibel
verfügbar sein, ebenso wie die Mannschaft, die unverzichtbar ist, den
Ballon in die Luft zu bringen, ihn während der Fahrt zu verfolgen und
nach der Landung wieder in den Anhänger zu verfrachten. Und da
Ballonfahren unabhängig von den Jahreszeiten betrieben wird,
variieren die Startzeiten von spät abends im Hochsommer bis 12 Uhr
mittags im Winter. Das Wetter spielt hier die Hauptrolle, denn die
Witterungsbedingungen müssen passen - der Wind sollte nicht zu stark,
böig und auch nicht zu schwach sein, Thermik macht im Gegensatz zu
vielen anderen Luftsportlern eine Ballonfahrt schwierig bis
unmöglich.
All diese Bedingungen muss der Auszubildende lernen, richtig
einzuschätzen.
Umfangreiche Theorie
Doch die Praxis, die nach heutigen Ausbildungsstatuten aus etwa 20
Fahrten mit einem Ausbilder besteht, ist nur ein Breich auf dem Weg
zur BPL, der Ballonpilotenlizenz. Es muss ein umfangreicher
Theorielehrgang in einer Luftfahrerschule besucht werden,
anschließend wird bei der zuständigen Luftfahrtbehörde eine
Theorieprüfung in den Fächern Luftrecht, Navigation, Meteorologie,
Grundlagen des Fliegens (Aerostatik, Aerodynamik), Kommunikation
(Flugfunk), Betriebliche Verfahren, Flugleistung und Flugplanung,
allgemeine Luftfahrzeugkunde sowie menschliches Leistungsvermögen
abgelegt. Zudem muss ein Funksprechzeugnis erworben werden, um die
Kommunikation mit Flughäfen oder anderen Luftfahrzeugen korrekt zu
praktizieren. Nach diesen beiden bestandenen Prüfungen ist die
sogenannte Alleinfahrt das Tor zur praktischen Prüfung - eine Fahrt
des Pilotenanwärters ohne Ausbilder und Passagiere, wobei der
Ausbilder in einem Ballon parallel fährt, um seinen Schützling aus
der Luft beobachten zu können.
Einige Anträge später teilt die zuständige Luftfahrtbehörde den
Prüfer zu. Im Oberbergischen stehen mit Michael Kloss und Marcus
Strauf gleich zwei erfahrene Prüfer zur Verfügung. Zudem stehen
sowohl in den Vereinen als auch eigenständig mehrere Ausbilder
bereit, um Pilotenanwärtern die Erlangung der Lizenz zu ermöglichen.
Praktische Aufgaben
Während der geforderten Anzahl an Ausbildungsfahrten sind die
Ausbilder bemüht, mit ihren Schülern so viele mögliche Situationen
und Szenarien durchzuspielen, dass die Schüler nach Erhalt ihrer
Lizenz sicher und bedenkenlos an den Himmel gehen können. Neben dem
obligatorischen Halten der Fahrthöhe ist eine mögliche Aufgabe
während dieser Ausbildungsfahrten die „Landeanfahrt aus großer
Höhe“, dabei muss aus einer größeren Höhe von mindestens 3.000
Fuß - gut 900 Meter - ein Landeplatz anvisiert und durch zügiges
Sinken rasch angefahren werden. Was für das ungeübte Auge wie ein
ziemlich spektakuläres Manöver aussieht, ist in Wirklichkeit ein
routinemäßiges Verfahren, um einen Heißluftballon sicher zu landen.
Respekt vor der Materie
Während der gesamten Ausbildung ist eines jedoch am wichtigsten: der
Respekt vor der Materie. Ballonfahren heißt, sich ab dem Abheben des
Korbes vom Boden komplett in die Hände der Natur zu geben. Alles, was
geschieht, muss ohne Lenkrad und Bremse kontrolliert werden, kein
einfaches Unterfangen, wenn man bedenkt, dass durchschnittlich drei
Tonnen Gesamtgewicht durch die Luft schweben. Wenn man jedoch mit
Respekt und guter Vorbereitung an die Sache herangeht, kann man die
wohl sicherste Fortbewegungsart in luftiger Höhe in vollen Zügen
genießen.
Ausbildung im
Ballonsportclub Nümbrecht
Im Ballonsportclub Nümbrecht frönt man diesem immer noch
außergewöhnlichen Hobby schon sehr lange, ist der Verein mit
Gründungsdatum 8. Oktober 1981 der älteste Verein im Oberbergischen
und gleichzeitig der Verein mit der höchsten Zahl aktiver Mitglieder
im Kreisgebiet. Bereits kurz nach der Gründung wurde vereinsintern
die erste Pilotin in Oberberg ausgebildet: Jutta Madel-Becher. Seit
dieser Zeit sind aus der vereinsinternen Ausbildung, die heute von
Marcus Strauf geleitet wird, einige Piloten und Pilotinnen
hervorgegangen. Heute noch aktive Piloten sind der erste Vorsitzende
Stefan Pack aus Nümbrecht-Stockheim, der mittlerweile seit 31 Jahren
die Pilotenlizenz führt, und Marcus Strauf aus Waldbröl, der seit
2000 im Besitz des Pilotenscheins ist. Unterstützt wird das äußerst
fahrtenstarke Duo seit 2014 durch Martin Henn und wie gesagt seit
vergangenem Jahr durch Julia Jeschke.
Wer auf den Geschmack gekommen ist, kann sich gerne unter
www.bscnuembrecht.de näher informieren. Dort gibt es auch den
Kontakte für Gästemitfahrten.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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