Corona
Schwere Zeiten für Musiker

Christoph Schlüssel ist seit vielen Jahren als Musiker und Klavierlehrer in Bergheim tätig.  | Foto: Hanno Kühn
  • Christoph Schlüssel ist seit vielen Jahren als Musiker und Klavierlehrer in Bergheim tätig. 
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Kein Tag vergeht derzeit ohne neue Nachrichten zum Corona-Virus
Covid-19. Kaum ein Bereich des Lebens ist nicht davon betroffen.
Einige Berufsgruppen hat es jedoch besonders hart getroffen. Musiker
gehören zweifelsfrei dazu: alle Konzerte wurden bis auf weiteres
abgesagt, die Musikschulen geschlossen. Das Einkommen von vielen der
meist Freischaffenden und Selbstständigen bricht damit auf einen
Schlag komplett weg. Und doch gibt es auch in diesen dunklen Zeiten
ein paar Lichtblicke. Einige Musiker aus der Region schildern ihre
derzeitige Situation.

Rhein-Erft-Kreis (red).Christoph Schlüssel ist seit
vielen Jahren als Musiker und Klavierlehrer in Bergheim tätig:
„Normalerweise kommen die Schüler zu mir, ich habe einen ruhigen
und gut eingerichteten Unterrichtsraum in Zieverich. Dienstags
unterrichte ich zusätzlich an der städtischen Musikschule La Musica
in der Schule am Tierpark in Quadrath-Ichendorf Keyboard und Klavier.
Nachdem der persönliche Unterricht nicht mehr möglich war, habe ich
das ganze einfach ins Internet verlegt. Mit Videoanrufen über
Programme wie Skype oder FaceTime funktioniert das erstaunlich gut!“
Am Anfang bedeutete es jedoch einen ziemlich großen organisatorischen
Aufwand: „Bis alle Schüler mal die Apps installiert, die Kamera im
Smartphone, Tablet oder Laptop in die richtige Position gebracht und
mich auf Skype oder FaceTime gefunden hatten, waren dutzende Mails,
SMS, Anrufe und Video-Chats nötig.“ Nach einer Woche
Online-Unterricht ist sich Christoph Schlüssel aber sicher: der
Online-Unterricht ist eine echte Alternative und hat sogar einige
Vorteile: „Bei vielen gewinne ich nun zum ersten Mal einen Einblick
in die häusliche Übe-Situation. Ich sehe auf welchen Instrumenten
die Schüler spielen und wo die Instrumente stehen. Da gab es schon in
der ersten Woche einige Dinge, deren Verbesserung ich anregen
konnte.“ Vom verstimmten Klavier, mit Edding beschrifteten
Tastaturen und ungeeigneten Sitzgelegenheiten bis hin zu störenden
Hintergrundgeräuschen war alles dabei.
Natürlich gebe es auch Schülerinnen und Schüler, die keinen
Online-Unterricht wollten. Die müssten nun halt bis auf weiteres ohne
Lehrer auskommen bis sich die Situation wieder normalisiert habe und
der persönliche Unterricht fortgesetzt werden könne. Christoph
Schlüssel sieht aber auch neue Chancen: „Ich habe über meine
Homepage auch schon vor der Krise Online-Unterricht angeboten, die
Resonanz darauf war aber eher bescheiden. In Zeiten der Corona-Krise
sitzen nun aber viele unfreiwillig zu Hause und wissen mit ihrer Zeit
nichts anzufangen. Das ist doch eine einmalige Chance, mit dem
Erlernen eines Instrumentes zu beginnen! Die häufigste Ausrede warum
dies nicht ginge lautete bei den meisten Erwachsenen doch immer:
dafür habe ich keine Zeit!“ Wer es einmal ausprobieren möchte kann
sich unter www.keymusic.de über den Unterricht von Christoph
Schlüssel informieren und eine kostenlose Probestunde vereinbaren.
Dominique Wutkowski aus Bergheim ist Fachkraft für
Musikalische Früherziehung und bietet Kurse in kleinen Gruppen für
Kinder ab vier Jahren an. In ihrem Fall ist ein Online-Unterricht
nicht möglich, und das bedeutet einen Total-Ausfall des Einkommens.
Wer sich über die Kurse informieren möchte kann dies auf
www.domis-musik-minis.de tun, Voranmeldungen für kommende Kurse ist
auch jetzt schon möglich.
Wesentlich entspannter ist Wulf Hanses-Ketteler aus Bedburg.
Natürlich fallen auch bei ihm Konzerte und Unterricht aus, aber er
arbeitet derzeit hauptsächlich als Musik-Produzent im eigenen
Tonstudio: „Und das kann ich zur Not auch unter Quarantäne tun!“
Keyboarder Gert-Jan Naus wollte im März eigentlich die
gutlaufende Tour seiner Deep-Purple-Tribute-Band „Demon’s Eye“
fortsetzen. Der Vorverkauf für die Konzerte lief trotz Corona sehr
gut. Letztlich fand nur ein Konzert statt: „Dann hagelte es Absagen,
innerhalb eines Nachmittags war die ganze Tour futsch, Konzerte in
April und ein zweiwöchiges Engagement im Mai. Innerhalb eines
Wochenendes verpufften Aufträge im Wert von mindestens 5.000 €!“
Er sei froh, dass er mit dem Instrumentalunterricht noch ein zweites
Standbein habe, das im Moment zumindest Online funktioniert und ein
zumindest reduziertes Einkommen gewährleiste.
„In solchen Situationen ist es toll, dass sich zu vielen meiner
Kollegen über die Jahre so enge Freundschaften gebildet haben, und
sich alle unter die Arme greifen wo sie nur können. Ich habe
innerhalb kürzester Zeit unendlich viel Hilfe bekommen was
Online-Plattformen, die technische Umsetzung und die Kommunikation mit
Schülern und Eltern betrifft, dass ich zwei Tage nach den
Schulschließungen schon ein gut funktionierendes und professionell
wirkendes Online-Angebot anbieten konnte. Mindestens so viel Dank wie
meinen Kollegen gebührt aber meiner unendlich lieben Schülerschaft.
Obwohl bei vielen mit Sicherheit das totale Chaos herrscht, und viele
wahrscheinlich mit mir um ihre finanzielle Zukunft bangen, habe ich
ausschließlich positive Reaktionen auf mein Alternativangebot
bekommen. Viele Eltern haben mir unglaubliche herzliche Nachrichten
geschickt, viele hätten auch trotz ausfallender Stunden in den
nächsten Wochen ihre Beiträge durchbezahlt. Es sieht danach aus,
dass ich auf diesem Wege auch in den nächsten Wochen mein
Unterrichtsangebot aufrecht erhalten kann, und damit schaue ich
persönlich - zumindest kurzfristig - positiv in die Zukunft.“
Sorgenvoll blickt Schlagzeuger Vincenz Deckstein aus Kerpen in
die Zukunft: „Auf unbestimmte Zeit sind alle Gigs abgesagt. Die
machen bei mir zwei Drittel des Umsatzes aus und niemand weiß, wann
es wieder losgeht. Hinzu kommt natürlich, dass die ganze Maschinerie
nach der Krise erst mal wieder anlaufen muss. Bis dann wieder neue
Veranstaltungen geplant werden, werden viele Monate vergehen.
Vielleicht starten wir erst wieder im Jahr 2021.“ Wichtig ist ihm,
dass die Menschen begreifen, wie wichtig Kultur und Musik ist und dass
sich dies auch in einer besseren Unterstützung der Kulturschaffenden
widerspiegelt: „Mehr Geld für Kultur, mehr Möglichkeiten für
Unterrichtsräume, eine andere Absicherung für Musiker, da die
meisten von der Hand in den Mund leben und wieder mehr
Festanstellungen an öffentlichen Musikschulen statt zeitlich
begrenzter Honorarverträge!“
Holger Dieffendahl aus Bedburg ist neben seiner Tätigkeit als
Pianist und Musical Director für Varieté-Shows auch als Dozent für
Musikwissenschaften an der Fachhochschule in Köln tätig. Dort wurde
alles auf Online-Kurse umgestellt. „Ich weiss von einigen Kollegen
die echt nicht wissen, wie sie die nächste Miete zahlen sollen. Ich
selbst habe Reserven, mache mir aber schon Gedanken wie es in den
nächsten Monaten weiter gehen soll.“ Er sieht aber auch positive
Dinge: „Auf der anderen Seite wachsen plötzlich
Live-Streaming-Angebote. Musiker spielen vor der Kamera für Instagram
und Youtube. Klar, das bringt erstmal nicht viel Geld in die Tasche,
startet aber etwas Neues. Natürlich gibt es Streaming schon länger,
aber ich denke nun ist mehr Fokus darauf als vorher. Musiker jammen
übers Netz, schicken sich Aufnahmen hin und her und kreieren so echt
tolle Musik. Dabei filmen sie sich zu Hause und stellen es online. Es
wird zigfach geliked und geteilt. Das ist eine coole Entwicklung!“
Michael Schreiber vom Chor „Friends Of Music“ Oberaußem
meint: „Wir haben uns so sehr auf 2020 gefreut, weil es unser
Jubiläumsjahr ist und wir uns viel vorgenommen haben. Jetzt können
wir leider nicht mehr in der Gruppe singen und alle unsere geplanten
Aktivitäten und Auftritte sind ungewiss. Aber wir lassen uns das
Singen nicht nehmen. Unsere Chorleiter haben uns Playbacks und die
einzelnen Stimmen für unsere Chorstücke als Audios zur Verfügung
gestellt und nun macht jeder zuhause Einzeltraining. Wir sind nur ein
relativ kleiner Verein und haben begrenzten finanziellen Schaden. Aber
die tolle Gemeinschaft und das Gefühl zusammen einen tollen
Musikmoment zu erschaffen ist der wahre Verlust. Wir bleiben alle
soweit wie möglich zuhause und hoffen darauf, dass die Krise schnell
zuende geht.“
Sängerin Angela Lentzen berichtet: „Ich bin seit über 20
Jahren hier in Bergheim als selbstständige Musikerin und
Gesangslehrerin mit unterschiedlichen Projekten tätig. So arbeite ich
als Gesangslehrerin im Privatunterricht oder als Dozentin in Schulen,
VHS und Frauenberatungstellen. Mit meiner Band bin ich hier im Kreis
und auch über die Stadtmauern hinaus in vielen Genre zuhause. In den
vergangenen Wochen sind sämtliche dieser Standbeine weggebrochen und
bis auf weiteres Ersatzlos gestrichen. Den Gesangsunterricht werde ich
via Bildschirm in den nächsten Wochen anbieten und hoffe auf die
Solidarität meiner Schüler und Schülerinnen. Das ist eine
Herausforderung für alle, macht aber Spaß und hoffendlich genauso
glücklich in dieser schweren Zeit“
Schlagzeuger Guido Meyer erzählt: „Ich habe in diesem Jahr
das zehnjährige Bestehen meiner Schlagzeugschule in Bergheim-Glesch
und zittere nun, ob ich dieses im Gleis 11 am 10. Mai feiern kann.
Zurzeit versorge ich meine Schüler mit Videobotschaften und werde
nach den Ferien ebenfalls auf den Online-Unterricht wechseln, um ein
möglichst persönlichen Unterrichtsverlauf und Kontakt zu
gewährleisten. Viele Kinder und Jugendliche sind gerade durch die
Einschränkungen der vergangenen Wochen sehr froh, nicht auf die Musik
und ihr Instrument verzichten zu müssen und üben mehr denn je. Als
Drummer der Angela Lentzen Band sind zurzeit alle Engagements bis auf
weiteres gestrichen, was uns als Paar ganz besonders trifft, da es bis
zum Ende des Jahres sehr schwierig werden wird, neue Konzerte zu
bekommen. Das trifft uns und unsere Mitmusiker die wie wir davon leben
müssen sehr.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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