Geschichte erleben
Margot Barnard - Ein Bonner Familienschicksal

Foto: Harald Weller
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Beuel. Was wissen die Heutigen von Frauen wie Margot Barnard
oder auch Ruth Herz? Um das Geschichtsverständnis begreifbar zu
machen, starteten die Integrierte Gesamtschule Beuel und die
Gedenkstätte für die Bonner Opfer des Nationalsozialismus ein
gemeinsames Schülerprojekt. Anstatt aus Büchern, erlebten die
Jugendlichen und jungen Erwachsenen Geschichte zum Anfassen.
Authentisch, hautnah, packend.

"Die Zeitzeugen sterben uns weg", sagt Geschichtslehrer Dirk Steitzer.
Dabei ist es so wichtig, von Leuten zu hören, die dabei waren. In der
Zeit um die Nazis und um Hitler. Um klar zu machen, dass uns Heutige
die eigene Geschichte durchaus noch was angeht. Die Schüler und
Schülerinnen der Klasse 10 hatten Gelegenheit, auf den Spuren von
Margot Barnard und Ruth Herz zu wandeln. Beide haben Spuren in Bonn
hinterlassen. Margot Barnard, 1919 geboren, ging in die
Paul-Gerhardt-Schule in Beuel. Geboren wurde sie in der Neustraße 6.
Die ehemalige jüdische Synagoge ist in der Nähe. "Das ist natürlich
ganz was anderes, als im Klassenzimmer zu sitzen und aus einem Buch zu
lernen", freuen sich die Teilnehmer der Exkursion.

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Sie erfahren aus dem Mund von Oberstufenschülern, wie denn das damals
war. Die Fachinfos dazu hatte die Gedenkstätte geliefert. Ein Leben -
Margot Barnard -  in Kürze: Geboren als Margot Kobler, im jüdischen
Glauben aufgewachsen, 1936 nach Palästina ausgewandert, Heirat mit
einem Briten, 1945 nach London verzogen, häufig in Bonn zu Gast und
mit ihrem Temperament und ihrer lebendigen Erzählweise über ein
Leben mit dem Holocaust und der Staatsgründung im heutigen Israel
beliebt, 2015 verstorben.

In ihrem Buch beschreibt sie ihre erste Begegnung mit Hitler: "Wir
gingen langsam um das Gebäude (gemeint ist das Hotel Dressen) herum:
Und da stand er." Ein Augenblick voller Angst, den sie nie wieder
vergessen wird.

Oder die erste Begegnung mit dem Gespenst des Holocausts, sinngemäß
nacherzählt: "Ich hatte in der Paul-Gerhardt-Schule eine Freundin
namens Luise. Die sagte zu mir eines Tages, ihre Eltern hätten ihr
verboten mit mir zu spielen. Weil wir ja den Heiland ans Kreuz
genagelt hätten."

Auf den Spuren jüdischer Mitbürger

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Es regnet an diesem wolkenverhangenen grauen Novembertag. Die Schüler
und Schülerinnen hängen dennoch an den Lippen der drei Erzähler:
Zunächst, an der Paul-Gerhardt-Schule, erzählt Mark von Margot
Barnard, dann, an der ehemaligen Synagoge, Johannes. Bevor Tom am
Elternhaus den Kreis schließt. "Es ist wichtig, dass man sich selbst
ein Bild macht", meint Moritz, der zwar als junger Mann innerlich weit
weg ist vom Nationalsozialismus. Aber wissen will, was damals war. Und
das geht nicht besser als an authentischen Orten. Es ist eben nicht
weit weg, was damals passiert ist. Zumindest die Schülerinnen und
Schüler sind gefangen von den bedrückenden Geschichten.

Und so lernen sie, wie eine Familie zerfällt. Wie Margot Barnard dem
Zionismus anhängt, in Palästina vom Leben im Kibbuz enttäuscht ist
und schließlich in London lebt. Ihre Eltern, die sie dringend gebeten
hatten, zurück zu kommen, sieht sie nie wieder, nachdem sie sich auf
dem Beueler Bahnhof von ihnen verabschiedet hat. Seinerzeit noch in
der Hoffnung, sie nach Palästina ausreisen zu lassen. Die Eltern
wurden von Nazischergen ermordet.  Darunter sollte sie sie ihr ganzes
Leben lang leiden.

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Ob wir alle etwas aus der Geschichte lernen? Die Schüler und
Schülerinnen sind sich nicht schlüssig. Schuldgefühle wegen  des
deutsch-gemachten Holocausts brauchen sie nicht zu haben. Aber eine
Empathie für die Opfer, die haben sie aufgebaut. Durch dieses
Projekt, das lebendige Geschichte erzählt und vermittelt.

Wider das Vergessen.

 

 

 

- Harald Weller

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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