Ex-Schüler beraten Schüler
Ausbildung oder Studium?
Bonn - Neun Ehemalige waren gekommen. Mit großem ‚Hallo‘ begrüßten die
jetzigen Schüler und Schülerinnen der Klassen 10 bei der
Karl-Simrock-Hauptschule für Berufsorientierung ihre ehemaligen
Schulkameraden. Aus erster Hand wollten sie erfahren, wie es bei ihnen
weiter gehen kann nach der Schulzeit. „Die Schüler erziehen
einander. Sie lernen voneinander. Deshalb halten wir es für gut, wenn
die Ehemaligen ihren nahezu Gleichaltrigen auf Augenhöhe erzählen,
was sie nach der Schule gemacht haben“, meint Arndt Hilse, Rektor
der Karl-Simrock-Schule.
Adrian etwa arbeitet heute im Dorint Hotel Venusberg. Er hat gelernt
im Maritim und im Marriott. Was er gelernt hat? Koch. Von seinem
Werdegang erzählt er mit leuchtenden Augen. „Klar, es ist
anstrengend. Viel Dienst zu ungünstigen Zeiten. Aber ich liebe es,
dem Gast ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern. Wenn ihm das Essen
geschmeckt hat, das ich gekocht habe.“ Der Beruf des Kochs schafft
Zufriedenheit, sagt Adrian. Er kann kreativ sein, ist vielseitig
einsetzbar, macht immer was anderes, hat Abwechslung im Beruf. Und das
Geld stimmt auch. Ob er international arbeiten will? „Ja, vielleicht
auf Dauer. Für jetzt bin ich sehr zufrieden. Habe meine eigene
Wohnung. Mein Auskommen. Und nette Kollegen, einen Spitzenjob. Was
willst du mehr mit 21?“
„Die jungen Leute wollen auf Wunsch ihrer Eltern vielfach
studieren“, sagt Lucia Schneider-Hilse. Sie ist Lehrerin an der
Simrock-Schule und hat das Treffen in Form eines Speeddatings
arrangiert. Alle zehn Minuten wechseln die Interessenten für einen
bestimmten Beruf, um zum nächsten Tisch zu wechseln, der
Informationen zu einem anderen Beruf bereithält. „Weil es ihnen mal
besser gehen soll als ihren Eltern, die auf dem Bau arbeiten oder
sonst ungünstige Berufserfahrungen gesammelt haben.“
Die jungen Leute suchen Orientierung. David und Mejdi hängen an
Adrians Lippen. Sie können es kaum erwarten, endlich eine Ausbildung
zu beginnen. David sucht etwas mit geregelter Arbeitszeit.
Schichtdienst ist seine Sache nicht. Mejdi will KFZ-Mechatroniker
werden. Und dann eventuell weiter eine Schule besuchen.
So informieren sie sich bei Gizela über den Beruf der
Kinderpflegerin. Sie ist auf verschlungenen Wegen an den Beruf
gekommen. Zuerst in einer Klasse der Jugendlichen ohne Ausbildung,
dann in einem Freiwilligen Sozialen Jahr und schließlich in einer
„super Ausbildung“ zur Kinderpflegerin.
„Das, eine Ausbildung, ist der erste Schritt ins Leben“, meint die
Lehrerin. Sie staunt, was die jungen Leute untereinander besprechen:
„Vieles von dem, was hier gesprochen wird, ist gar nicht für meine
Ohren bestimmt.“ Will heißen, die Jugendlichen geben Tipps und
unterhalten sich über die sie interessierenden Sachverhalte, die die
Erwachsenen gar nicht kennen. So machen sie sich ein Bild vom Leben
nach der Schule. „Wir haben eine Vermittlungsquote von 25 Prozent
für die Aufnahme einer Ausbildung nach dem Schulabschluss“ ist
Arndt Hilse stolz.
Das ist kein Wunder, wenn man hört, wie begeistert die Ehemaligen von
ihrem jetzigen Beruf erzählen. Hemin etwa ist Oberfeldwebel bei der
Bundeswehr. „66 Soldaten hören auf mein Kommando. Wenn du diese
Verantwortung trägst, wirst du zu einem anderen Menschen.“ Andere
schilden die negativen Seiten eines bestimmten Ausbildungsgangs.
„Ich war erst Rettungssanitäter“, erzählt ein Ehemaliger. „Da
hatte ich nur Schichtdienst. Das hat mir nicht gepasst.“ Farou
studiert heute an der Uni Köln Biochemie. Auch sie hat zunächst eine
Ausbildung durchlaufen. Ein anderer berichtet von seiner Ausbildung
zum Fleischfachverkäufer bei Edeka. „Das ist klasse“, empfiehlt
er seine Berufswahl seinen Zuhörern. Die finden die Aussagen der
Ehemaligen authentisch. Sie glauben ihren Altersgenossen eher als den
Erwachsenen. Und so wird sich vielleicht ein Lebenswunsch erfüllen,
indem hoffentlich oft eine Ausbildung gefunden wird, die die heutigen
Schüler dann als Auszubildende und später im Berufsleben glücklich
macht.
- Harald Weller
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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