Studie zum Gasverbrauch
Bonner Studie sagt "Njet"

Etwa 25 Prozent Gas muss Deutschland einsparen, um ohne russisches Gas durch die nächste Heizperiode zu kommen.  | Foto: pixabay
  • Etwa 25 Prozent Gas muss Deutschland einsparen, um ohne russisches Gas durch die nächste Heizperiode zu kommen.
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Bonn (red). Die deutsche Wirtschaft könnte einen sofortigen Stopp russischer Gaslieferungen mit den richtigen wirtschaftspolitischen Maßnahmen auffangen und ohne russisches Gas durch den Winter kommen. Deutschland muss seinen Gasverbrauch bis zum Ende der kommenden Heizperiode um etwa 25 Prozent reduzieren. Wie das zu schaffen ist, zeigt eine Studie des Teams um Prof. Dr. Moritz Schularick und Prof. Dr. Moritz Kuhn, Mitglieder des Exzellenzclusters ECONtribute der Universitäten Bonn und Köln.

Die Forschenden gehen in ihren Berechnungen davon aus, dass die deutschen Gasspeicher zu jedem Zeitpunkt zu 20 Prozent gefüllt sein sollten, um einen Puffer für einen kalten Winter oder weitere Lieferunterbrechungen zu haben. Um das zu schaffen, müsste Deutschland seinen Gasverbrauch bis zum Ende der kommenden Heizperiode um etwa 25 Prozent reduzieren – selbst, wenn die neuen Flüssiggasterminals im Winter wie geplant in Betrieb gehen und Gas aus Drittländern importiert wird. Nutzen Stromversorger statt Gas alternative Energiequellen (zum Beispiel Braun- und Steinkohle), bleibt eine Gaslücke von knapp unter 20 Prozent, die Industrie, Gewerbe, Haushalte und der öffentliche Sektor einsparen müssen.

„Die Kosten werden weiterhin in der gleichen Größenordnung liegen, wie im März prognostiziert“, sagt Moritz Schularick. Bereits im Frühjahr hatte das Team anhand eines makroökonomischen Modells berechnet, welche wirtschaftlichen Folgen ein Stopp russischer Energieimporte hätte und die Ergebnisse mit den Daten zum deutschen Energieverbrauch kombiniert.

Gasnachfrage nicht ausreichend reduziert

Zwar seien die Speicher heute um gut 100 Terawattstunden mehr gefüllt, als sie es im Falle eines Embargos im Frühjahr gewesen wären, heißt es in der Studie. Die Gasnachfrage sei bisher aber nicht ausreichend zurückgegangen und es bleibe weniger Zeit für die Anpassung. Hätte Deutschland bereits im April ohne russisches Gas auskommen müssen, hätte die Nachfrage um 31 Prozent reduziert werden müssen, also um sechs Prozentpunkte mehr. Dafür wäre mehr Zeit gewesen, um Gas in der Stromerzeugung, Gebäudeheizung und Industrie zu ersetzen. Den Gasverbrauch für die kommende Heizperiode jetzt noch um knapp ein Fünftel zu reduzieren, sei machbar, aber mit ökonomischen Kosten verbunden, so die Forscher.

Wirtschaftspolitische Anreize zum Gas sparen fehlen

Produktionen würden ausfallen, primär in der chemischen Industrie. Allerdings zeigten Unternehmen wie BASF, dass es möglich ist, Gas teilweise zu ersetzen. „Deutschland kommt ohne russisches Gas durch den Winter, Panikmache ist fehl am Platz“, sagt Schularick. Notwendig seien wirtschaftspolitische Maßnahmen, die zum Gas sparen motivieren. Die Forscher schlagen zum Beispiel eine Gassteuer vor, die sparsame Verbraucher über eine Rückerstattung belohnt. „Die Politik hat es bisher verpasst, genügend Anreize zum Gas sparen zu setzen“, sagt Schularick. Wichtig seien außerdem Maßnahmen zum Einsparen von Heizenergie im Gewerbe, etwa durch Homeoffice oder veränderte Ladenöffnungszeiten.

Positiv betonen die Forschenden den Fortschritt beim Bau neuer Flüssiggasterminals und den deutlich gesunkenen Importanteil russischen Gases durch zusätzliche Gasimporte aus Drittländern.

ECONtribute: Einziger wirtschaftswissenschaftlicher Exzellenzcluster

Die Studie ist unter anderem im Rahmen von ECONtribute entstanden. Es handelt sich dabei um den einzigen wirtschaftswissenschaftlichen von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Exzellenzcluster – getragen von den Universitäten in Bonn und Köln. Der Cluster forscht zu Märkten im Spannungsfeld zwischen Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Ziel von ECONtribute ist es, Märkte besser zu verstehen und eine grundlegend neue Herangehensweise für die Analyse von Marktversagen zu finden, die den sozialen, technologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen der heutigen Zeit gerecht wird.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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