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Der Schrecken aller Postboten

Ich hatte ja neulich erwähnt, dass ich im Zusammenhang mit dem Sparen von Energiekosten meine Duschgewohnheit geändert habe: maximal einmal in der Woche. Wo ich jetzt aber Folgendes gelesen habe, muss ich meine Strategie noch einmal ernsthaft überdenken. Weil, da las es sich im Internet wie folgt: Kurz nachdem er sich das erste Mal gewaschen hat, ist der schmutzigste Mann der Welt im Alter von 94 Jahren gestorben. Amu Hadschi, der sich über ein halbes Jahrhundert lang nicht gewaschen haben soll, starb am Sonntag in seinem Dorf in der südiranischen Provinz Fars im Alter von 94 Jahren, wie die staatliche Nachrichtenagentur Irna am Dienstag berichtete. Laut Irna war Amu Hadschi davon überzeugt, dass Sauberkeit ihn «krank macht». Vor wenigen Monaten hätten ihn Nachbarn aus seinem Dorf Dedschgah allerdings in eine Nasszelle geführt und ihn dazu gebracht, sich zum ersten Mal seit Jahrzehnten zu waschen, berichtete die Agentur weiter. Und an anderer, älterer Stelle war zu lesen: Er hat sich seit 60 Jahren nicht gewaschen. Sein Lieblingsessen: das verdorbene Fleisch toter Stachelschweine. Tabak? Den raucht er nicht so gerne. Lieber Tier-Kot. Amou ist angeblich der dreckigste Mann der Welt. Doch unter der Schmutzschicht auf Amou Hajis Haut verbirgt sich eine bemerkenswerte Geschichte. Die Rede ist von Amou Haji, einem 80 Jahre alten Mann, der im Süden des Irans lebt. Wie die Tageszeitung Teheran Times berichtet, musste Amou in seiner Jugend viele Nackenschläge einstecken. Die Welt war nicht gut zu ihm - also entschloss er sich zu einem Leben in Isolation. Eine Adresse besitzt Amou nicht. Er lebt entweder unter freiem Himmel oder in einem kleinen Ziegelbau, den ihm einige Leute errichteten, die Mitleid mit dem 80-Jährigen hatten. Doch auch wenn die Geschichte um den Iraner Außenstehende erst mal die Nase rümpfen lässt: Amou Haji ist glücklich - auch wenn er nichts besitzt. Angst, ausgeraubt zu werden, kennt er nicht - was soll ihm auch gestohlen werden? Und auch wenn er keine Habseligkeiten besitzt und seine fünf Liter Wasser am Tag aus einem alten, rostigen Öl-Kanister trinkt: Sein Dach ist das Himmelszelt, sein "Vorgarten" küsst den Horizont.

Die Lektüre dieser Zeilen hat mich so was von bestärkt, meine Strategie noch ein ganz klein wenig zu verfeinern: nicht nur das Duschen ganz einzustellen, sondern auch darauf zu verzichten, den Dreck von der Haut abzuschlagen: so was von perfekter UV-Schutz und zusätzlich noch wärmend dabei!
Wo ich aber gerade bei dem älteren Herrn ohne Adresse bin, der die Angst, ausgeraubt zu werden, nicht kennt. Denn was soll ihm auch gestohlen werden? Das hätte ich mir neulich beim Betreten meines Heims zeitweilig auch gewünscht: keine Adresse zu haben. Weil, was mich betrifft, bin ich offensichtlich in einem Alter, in dem mich Männer im Dunkeln nur dann besuchen, wenn ich nicht zuhause bin. Sprich, neulich, der Besuch galt nicht mir, sondern, wie sagt man so schön, dem schnöden Mammon, den besagter älterer Herr nicht hat. Nach dem Schock und der Wut, was jetzt auch wieder das Schöne ist, alles, was wertvoll war, ist weg. Sodass ich jetzt einmal an alle möglichen Einstiegsmöglichkeiten meines Zuhauses ein Schild kleben wollte mit den Lettern " Hier gibt’s nichts mehr". Mein Traummann hat mir dann allerdings klargemacht, in wie vielen Sprachen ich das an Türen und Fenster kleben müsste - dann wäre die ganze Bude selbst am helllichten Tag stockduster. Was ich wohl jetzt mache, wenn ich nur mal eben zwei Häuserblocks weiter die lieben Freunde besuche: Es stehen immer zwei Ikea-Taschen an der Haustür zum Mitnehmen, in die ich beim Hinausgehen alle Kleidungsstücke schmeiße, die mir aktuell sehr am Herzen liegen. Was jetzt aber so einen Besuch des Weihnachtsmarktes betrifft, das ist natürlich schon sportiver. Und da ist natürlich mein Probelauf, von dem ich neulich berichtet habe, so was von nützlich. Weil, du brauchst natürlich schon ein wenig Übung, damit sich das Ganze auch zeitlich die Waage hält. Und da kommt jetzt eben der Probelauf ins Spiel, nämlich alles übereinander anzuziehen: Vollkommen neues Gefühl beim Fahrradfahren, will sagen, ich komme gar nicht vorwärts, so schwer bin ich. Und beim Riesenrad hörte ich hinter mir " na die braucht eine eigene Gondel". Was ich auch gemacht habe. Erinnerst du dich noch, wie ich mich über den Tipp mokiert habe: Man solle auf Flugreisen immer so packen, dass in jedem Koffer Wäsche für jede Person liegt, falls mal ein Koffer abhanden kommt. Was habe ich mich über diesen Tipp beömmelt! Aber genau so mache ich es seit besagtem Ereignis: In jedem Haus in der Nachbarschaft habe ich ein kleines Häufchen meines Hab und Gutes deponiert.

Wo ich gerade bei Männerbesuchen bin. Der Vollständigkeit halber, ja, neulich hatte ich auch tagsüber Männerbesuch, sogar relativ jungen, und ich war auch zuhause: Der Hebel am Haustürgriff war so eingestellt, dass du die Haustür einfach aufdrücken konntest (da fällt mir beiläufig ein, dass ich den zukünftigen Einbrechern vielleicht irgendwie kommunizieren sollte, wie einfach sie ins Haus kommen, ohne unnötig etwas zu zerstören. Oder vielleicht sollte ich einfach Türen und Fenster weit offen lassen). Jedenfalls steht neulich der Paketbote vor der Haustür und klingelt. Ich (stehe im Bad und sehe ihn durchs Badezimmerfenster) rufe "Jochen, mach mal die Tür auf". Der Paketbote versteht offensichtlich "drück die Tür auf", drückt die Tür auf und sucht, Richtung Wohnzimmer gehend, einen Platz, um das Paket abzustellen. Dabei trifft er auf eine fast nackte, alte, Zähne putzende Frau, lässt das Paket fallen und verlässt fluchtartig das Haus. Erspare mir bitte die Frage, wer die Frau war.

Welche Frage ich mir nicht ersparen kann. Mein Traummann zeigte mir neulich lachend im Lidl-Prospekt einen Pullover - ich habe ihn dir einmal abfotografiert - mit den Worten: Den will ich haben. Und da bin ich mir jetzt nicht so sicher - in zweierlei Hinsicht. Erstens: Wie macht sich solch Pullover an einem Mittsechziger? Und zweitens: Wird der jetzt auch immer angezogen, wenn wir unser Heim verlassen, damit zukünftige Meisterdiebe sich seiner nicht bemächtigen können?

LeserReporter/in:

Adelheid Bennemann aus Bonn

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