August Macke
Idyllisches Unbehagen

Wooden Room (Ausschnitt) | Foto: Repro /  Rolf Thienen
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  • Wooden Room (Ausschnitt)
  • Foto: Repro / Rolf Thienen

Bonn (rth). James Ensor, Goya, Rembrandt, van Gogh und Edvard Munch – diese Maler beschäftigten Ulrike Theusner während ihres Studiums an der Bauhaus-Universität Weimar und der École des Beaux-Arts in Nizza. Thematisch und stilistisch blitzen in ihren Arbeiten gelegentlich Anklänge an diese Künstler auf, doch im Zentrum steht stets die spontane, impulsive Auseinandersetzung mit dem, was ihr im Alltag begegnet: Großstadt, Menschen, Natur – in diesem Spannungsfeld bewegen sich ihre Werke.

Ihr Examensthema „Gebrochene Idylle“ bildet bis heute die Grundlage ihres künstlerischen Schaffens. In ihren Bildern bewegen sich Figuren und Gegenstände in einem ausufernden, konturlos verschlungenen Umfeld. Plötzlich tauchen Wesen in einer lianenartig verwobenen Szenerie auf, in der Himmel, Natur und Mensch – nur selten unterbrochen von Artefakten – scheinbar ineinander übergehen. Überraschend dabei: Im Themenfeld „Großstadt“ spielt Architektur kaum eine Rolle, zumindest nicht in den Arbeiten, die im August Macke Haus zu sehen sind. Es sind die Menschen, die die Urbanität repräsentieren.

Dem aufmerksamen Betrachter wird schnell klar: Bei Theusner erlangt der Lebensraum, in dem sich der Mensch bewegt, mit subtiler, aber unerbittlicher Macht die Oberhand – ganz anders als bei Edvard Munchs ikonischem „Schrei“, der mit wenigen Strichen das drohende Unheil auf den Punkt bringt. Während bei August Macke, mit dem die Ausstellung auch in losem Vergleich steht, oft flächig gearbeitet wird, löst sich bei Theusner alles in Linien auf – Menschen, Umwelt, Objekte.

Diese Linien durchdringen und verschlingen alles. Nichts bleibt unberührt, kein Entkommen scheint möglich. Ein latentes Unbehagen macht sich breit, die Idylle verflüchtigt sich. So wie die Linien alles vereinnahmen, verschwindet das Greifbare. Der Betrachter wird in eine Bildwelt gezogen, in der alles in Bewegung, alles im Wandel ist. Die Grenzen zwischen Individuum und Umgebung werden fließend – bis zur vollständigen Auflösung.

Und doch: Ein Rest Idylle bleibt. Der „Wooden Room“ im gleichnamigen Werk ist zumindest teilweise intakt. Der Ruderer in It’s all a dream eventually gleitet versunken über ein wirbelndes Gewässer, vor einer untergehenden, pulsierenden Sonne, einem glühenden Wald, der an van Gogh erinnert. In Cole taking a Bath liegt eine Figur seelenruhig im Wasser – ein Ruhepol inmitten der visuellen Brandung. Während bei August Mackes Hutladen eine Frau verträumt in die Auslage blickt, schaut Theusners moderne „Venus“ auf ihr Handy – ein Spiegelbild der Zeit? Sind beide eitel? Die eine stellt sich vor, wie der neue Hut sie wirken lässt, die andere macht ein Selfie.

Ulrike Theusner sagte einmal beiläufig: Sie gebe nur Anregungen – was nichts anderes heißt als: Betrachter, denk selbst nach. Und genau das sollte man tun.

Ulrike Theusner – Schattenseiten

Ausstellung im

Museum August Macke Haus

Hochstadenring 36, Bonn

Laufzeit: bis 17. August 2025

Öffnungszeiten:

Mittwoch, Freitag bis Sonntag & Feiertage: 11–17 Uhr

Donnerstag: 11–19 Uhr

Ostermontag & Pfingstmontag: 11–17 Uhr

Begleitprogramm, Katalog und eine Edition der Künstlerin

sind erhältlich.

Wooden Room (Ausschnitt) | Foto: Repro /  Rolf Thienen
Venus (Ausschnitt) | Foto: Repro /  Rolf Thienen
Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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