Vor 100 Jahren geboren
Waltraud Senftleben kam im „Hungerwinter“ 1916/17 zur Welt
Bornheim - Viel Durchhaltevermögen, aufrecht gehen trotz vieler
Schicksalsschläge und eine für ihr Alter gute Gesundheit – das
zeichnet Waltraud Senftleben aus. Vergangene Woche feierte sie
gemeinsam mit ihren Töchtern Gabriele Beelitz (69) und Petra
Senftleben (67), Verwandten, Freunden und Ehrengästen im Wohnstift
Beethoven in Bornheim ihren 100. Geburtstag.
Im sogenannten Hungerwinter 1916/17 mitten im Ersten Weltkrieg
erblickte sie in Bernau bei Berlin das Licht der Welt, machte an der
Berliner Frauenoberschule ihr Werkabitur und ihre Berufsausbildung.
Mit 26 Jahren heiratete sie 1943, während des Zweiten Weltkrieges,
den Juristen Herbert Senftleben und zog mit ihm in seine Heimatstadt
Danzig. Ein Sohn wurde 1944 geboren, verstarb aber nach wenigen
Monaten. Ihr Bruder ist mit 18 Jahren in Russland verschollen.
Nach dem Krieg floh sie von Danzig zunächst nach Bernau, wegen des
Einmarsches der Russen verschlug es sie weiter nach Tornesch in
Holstein, wo sich die gesamte Familie ihres Mannes auf
unterschiedlichen Wegen kommend zusammenfand. Beengte und ärmliche
Verhältnisse fand sie vor, doch dann wendete sich alles zum Guten,
als ihr Mann aus der Kriegsgefangenschaft heimkam. Da möglicherweise
Frankfurt am Main Regierungssitz für die damalige Trizone werden
sollte und ihr Mann als Regierungsbeamter arbeiten wollte, zog die
junge Familie nach Bad Homburg. Nach der Gründung der Bundesrepublik
zog die Familie mit ihren mittlerweile zwei Töchtern nach Bonn. 1958
–mit gerade einmal 51 Jahren, verstarb Herbert Senftleben, der
damals Ministerialrat am Bundesfinanzministerium war, an einem
Herzinfarkt. Fortan musste Waltraud Senftleben ihre damals 9 und 11
Jahre alten Mädchen alleine großziehen: „Wir waren nicht immer
ganz einfach in diesem Alter“, meinten ihre beiden Töchter. Um der
Einsamkeit zu entfliehen, baute sich Waltraud Sanftleben, nachdem die
Töchter erwachsen waren, einen eigenen Bekanntenkreis auf, mit dem
sie ins Theater oder ins Kino ging und Bildungsreisen unternahm. Bis
heute gilt ihr Interesse der Politik, fremden Kulturen, sie liest
regelmäßig die Tageszeitung und Bücher, vor allem ihres
Lieblingsschriftstellers Thomas Mann. Mit 80 Jahren gab sie ihre
Wohnung auf und zog ins Wohnstift Beethoven, wo ihr jetzt neben
Vize-Landrätin Silke Josten-Schneider, Bürgermeister Wolfgang
Henseler und Ortsvorsteher Franz Gerihsen auch Geschäftsführer
Alexander Nolte und Stiftsleiter Franz Terres gratulierten. Sängerin
Mireille Hart-Auby, eine Bekannte von Gabriele Beelitz, sang dem
Geburtstagskind zur Feier des Tages ein paar Ständchen.
- Frank Engel-Strebel
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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