Die Zukunft der Landwirtschaft
Was den Bauern unter den Nägeln brennt

Über die Probleme und die Zukunft der hiesigen Landwirtschaft diskutierten (von links) die Landtagsabgeordneten Oliver Krauß (CDU), Jörn Freynick (FDP), Ministerin Ursula Heinen-Esser, Gabriele Kretschmer, Margarete Ribbecke und die CDU-Fraktionsvorsitzende Petra Heller. | Foto: F0to: Frank Engel-Strebel
  • Über die Probleme und die Zukunft der hiesigen Landwirtschaft diskutierten (von links) die Landtagsabgeordneten Oliver Krauß (CDU), Jörn Freynick (FDP), Ministerin Ursula Heinen-Esser, Gabriele Kretschmer, Margarete Ribbecke und die CDU-Fraktionsvorsitzende Petra Heller.
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Bornheim-Waldorf - (fes). „Wir werden geopfert für Dinge, für die wir nichts
könnten“, kritisierte ein Landwirt aus Euskirchen. Damit dürfte er
vielen seiner Berufskollegen aus der Seele gesprochen haben. Gemeint
hatte er das schlechte Image, das Bauern derzeit sowohl von Seiten der
Umweltverbände, Politiker, Verbraucher und Medien erführen.

Es gab viele Themen, die den Landwirten bei der dritten Auflage der
Veranstaltungsreihe „Politik im Gespräch“ unter den Nägeln
brannten: Düngeverordnung, Umweltschutz, der Einsatz von Glyphosat,
der Preisdruck der Lebensmitteleinzelhändler oder der steigende
Bürokratieaufwand.

„Was wir als Landwirte leisten, wird in der Öffentlichkeit oft
nicht gesehen.“

Eingeladen hatten die Bornheimer Stadtverbände von CDU und FDP auf
den Gemüsehof Steiger in Waldorf. Rund 150 Landwirte aus der Region
kamen der Einladung nach, um gemeinsam mit Ursula Heinen-Esser
(NRW-Ministerin für Umwelt-, Landwirtschaft-, Natur und
Verbraucherschutz) zu diskutieren. Heinen-Esser hatte ein offenes Ohr
für die Belange der Landwirte, skizzierte zunächst die Agrarpolitik
der schwarz-gelben Landesregierung und stellte sich offen und
konstruktiv den Fragen und Nöten der Teilnehmer.

„Wir Landwirte sind für das Insektensterben nicht alleine
verantwortlich.“

Thema Insektensterben: Nicht nur für die Landwirte ist dies ein
großes Problem: „Wir sind angewiesen auf Bienen und Insekten, die
unseren Raps bestäuben. Wir sind für das Insektensterben aber nicht
alleine verantwortlich“, meinte ein Teilnehmer. Dies sah auch die
Ministerin so. Viele Faktoren kämen zusammen. So werde Insekten
Lebensraum entzogen, indem immer mehr Flächen für Wohnbebauung und
Gewerbegebiete versiegelt werden, immer mehr Bürger Schotter- statt
Pflanzengärten anlegten. Auch die Lichtverschmutzung sei ein Faktor:
„Dadurch, dass viele Straßenlampen mit LED-Leuchten ausgerüstet
worden sind, kommt es bei Insekten zu Irritationen und sie sterben.“

Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, gerade von Glyphosat, sei hier
nur ein Aspekt von vielen. Den Einsatz des Unkrautvernichters
verteidigte sie, jedoch mit einer wichtigen Einschränkung:
„Glyphosat muss mit Augenmaß eingesetzt werden und dann nur dort,
wo es keine Alternativen gibt.“ Ein großes Problem sei auch der
Druck der Einzelhändler, vor allem der Discounter. Hier berichtete
Margarete Ribbecke vom Gemüsehof Steiger, die den Hof von ihrem Vater
übernommen hat: „Die Kunden wünschen sich 1-A-Ware, wollen dafür
aber nicht genug bezahlen. Wir können nicht umweltschonend
produzieren, wenn wir dafür nicht entsprechend bezahlt werden. Was
wir als Landwirte leisten, wird in der Öffentlichkeit oft nicht
gesehen.“
Um wettbewerbsfähig sein zu können, habe die Familie vieles getan:
Den Aufbau eines Hofladens und eines Mobilstalls für artgerechte
Hühnerhaltung, die Einführung eines Selbsternteabos und natürlich
ein Online-Angebot. Ihre größte Kritik allerdings galt dem
zunehmenden „Bürokratiewahnsinn.“ Neulich erhielt sie Post vom
Kreisgesundheitsamt mit seiner sechsseitigen Anweisung, wie sie ihre
Waren auspreisen müsse.
„Die Bürokratie ist ein sehr heißes Thema, gerade in der
Lebensmittelbranche“, räumte Heinen-Esser ein. Ihre Regierung
arbeite daran Bürokratie abzubauen. Auch in der EU werde das Thema
angegangen, doch meist passiere in Brüssel nach jeder Agrarreform das
Gegenteil.

Sorge bereitet vielen das Freihandelsabkommen mit den Staaten
Südamerikas

Sorge bereitet vielen das Mercosur-Abkommen, also das
Freihandelsabkommen mit den Staaten Südamerikas. Die Befürchtung von
Christian Boley von der Fachgruppe Obst und Gemüse der Gemüsebauer
Rheinland-Süd: „Die Landwirtschaft in Deutschland soll abgewickelt
werden. Demnächst bekommen wir unseren Salat aus Brasilien.“ Die
Ministerin findet dieses Abkommen „aus landwirtschaftlicher Sicht“
ebenfalls nicht gut: „Es werden billigere Produkte hierherkommen,
die es Ihnen schwer machen werden.“ Dennoch verteidigte sie das
Abkommen, da viele andere Wirtschaftszweige jahrelang dafür gekämpft
hätten.

Ist ein runder Tisch für Landwirte, Politiker und Verbraucher die
Lösung?

Vorschläge, die Situation und das Ansehen der Landwirte in der
Öffentlichkeit zu verbessern, gab es einige von den Gästen. So
nahmen die Vertreter der Stadtverbände von FDP und CDU, Jörn
Freynick und Gabriele Kretschmer, die Einrichtung eines Runden Tisches
für Bornheim mit. Hier sollen Landwirte, Politiker und Verbraucher
zusammenkommen. Angetan war die Ministerin von dem Vorschlag eines
Bauern aus Wachtberg, das Thema Landwirtschaft stärker im
Schulunterricht zu verankern: „Landwirtschaft ist mehr als die lila
Kuh aus der Werbung“, meinte er. Heinen-Esser versprach darüber mit
ihrer Kollegin Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) zu sprechen.  

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