Spannende Heimatkunde in Kerpen
In 60 Jahren mehr als 6400 Seiten publiziert
Die Heimathefte sind so etwas wie das Aushängeschild des Vereins der Heimatfreunde Stadt Kerpen. Jetzt ist Band 1 bis 3 für 2023 mit lesenswerten Beiträgen in einem gebundenen Band erschienen.
Kerpen (zi). Das 60-jährige Jubiläum des Vereins nutzten Vorsitzende Susanne Harke-Schmidt und ihr Stellvertreter Rolf Axer für eine Bilanz: Genau 175 Autoren haben in den zurückliegenden sechs Jahrzehnten 555 Aufsätze für die Heimatblätter verfasst und über 6400 Seiten veröffentlicht. Wer sich mit Themen der Lokalgeschichte oder des Naturschutzes in der Kolpingstadt befasst, kommt um die Publikationen der Heimatfreunde kaum vorbei. Stets werden historische Quellen genutzt und für ein breites Publikum aufgearbeitet. Bemerkenswert ist auch: Alle Autoren arbeiten ehrenamtlich.
Im aktuellen Band gibt es eine Würdigung von Waltraud Schnell aus Buir, die mit 82 Jahren verstorben ist, und die sich über Jahrzehnte unermüdlich für den Naturschutz engagiert hatte. „Bewahrung der Schöpfung war für sie mehr als nur ein Wort“, hat Rolf Axer seinen Beitrag überschrieben. Schnell hatte unter anderem 25 Beiträge für die Heimatblätter geschrieben.
„Archäologische Befunde und Funde der Metallzeit in und um Kerpen“ sind das Thema von Hubert Murmann, der mit diesem Aufsatz eine Lücke der bisherigen Archäologie-Publikationen zwischen der Steinzeit und der Römerzeit schließt. Anschaulich schildert der Kerpener Archäologe den Erkenntnisgewinn für den Lebensalltag der damaligen Menschen anhand archäologischer Artefakte und weist darauf hin, dass dieses Zeitalter ein im Wesentlichen friedliches war.
Mit teils turbulenten Vorgängen, die sich im 18. Jahrhundert in Kerpen abgespielt haben und in Dokumenten festgehalten sind, hat sich Vereinsmitglied Bert Musial, der in München lebt, beschäftigt: „Von geizigen Beamten, wütenden Pfarrern und faulen Kerpenern: ein zeitgenössischer Bericht aus dem Jahr 1754“, lautet der Titel. „Das ist sehr amüsant zu lesen“, bemerkt Archivarin Susanne Kremmer.
Der älteste Plan des Stiftsplatzes wurde 1757 auf Veranlassung des Stiftskapitels angefertigt. Hintergrund war eine geplante Neugestaltung und Verschönerung des Platzes, in deren Zusammenhang festgestellt wurde, dass der Kanoniker Jodocus Tilman von Fabritius einen Teil der Abwässer seines Hauses auf den Stiftsplatz ableitete. Mit dem Vorgang und dem folgenden Prozess hat sich Musial ebenfalls beschäftigt.
Fast 350 Beileidschreiben zum Tod des Getreidehändlers Daniel Michels im Jahr 1950, die als Schenkung ins Stadtarchiv gelangten, fanden das Interesse von Autorin Lisgret Militzer-Schwenger, die sich am Beispiel eines bekannten Kerpener Bürgers mit der Trauerkultur der Nachkriegszeit befasst. Der Beitrag umfasst auch viele alte Bilder.
„Erinnerungen an die Gründung des Tagesheim- und heuti-gen Europagymnasiums“ sind eng mit dem in diesem Jahr verstorbenen, früheren Schulleiter Dr. Heinz Brunkhorst verbunden, der den Beitrag noch verfasst hatte. Zudem gibt es in dem Band eine Würdigung der beeindruckenden Persönlichkeit des Pädagogen.
Ausführlich aufgearbeitet hat Stadtarchivarin Susanne Harke-Schmidt das Schicksal der jüdischen Familien Kahn und Nathan aus Sindorf, deren Mitglieder deportiert und fast alle ermordet wurden. Im Sommer hatte der Künstler Gunter Demnig vor den ehemaligen Häuser der Familien Kahn und Nathan seine als Mahnmal bekannten Stolpersteine verlegt.
Redakteur/in:Georg Zingsheim aus Kerpen |
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