Räuber im Krisengebiet
Ohne freiwillige Helfer haben die Menschen vor Ort keine Chance
Porz - (sr) Die Bilder der Flutkatastrophe lassen wohl niemanden kalt.
Menschen kämpften um ihr Leben, viele verloren. Manche Häuser wurden
von den Wassermassen mitgerissen, sehr viele bis zur ersten Etage
geflutet. Und viele Porzer fuhren sofort dorthin, um zu helfen.
Porzer Gruppen, organisiert im Deutschen Roten Kreuz, im Technischen
Hilfswerk oder bei den Freiwilligen Feuerwehren gehörten zu den
ehrenamtlichen Helfern der ersten Stunde. „Wir haben tagelang nur
evakuiert“, sagt Hermann-Josef Bliersbach, Geschäftsführer der
Ortsgruppe Porz des DRK. Einige seien rund um die Uhr im Einsatz
gewesen, hätten sich nicht einmal die Zeit zum Essen genommen.
Während es in den ersten Tagen hauptsächlich darum ging, Menschen zu
versorgen und mit schwerem Gerät Straßen und Wege zu schaffen, geht
es anschließend ums Aufräumen.
Was sehr schnell super funktioniert habe, sei die Versorgung gewesen.
Überall wurde Essen und Trinken verteilt, an Helfer wie auch an
Anwohner. Sehr schnell kamen freiwillige Helfer aus ganz Deutschland
mit Schaufel, Besen und Eimern bewaffnet in das Krisengebiet. Sie
packten mit an, halfen, wo sie konnten. Die Leute vor Ort zeigten sich
durchweg dankbar.
Und auch viele Porzer, organisiert und unorganisiert, machten sich auf
den Weg. Das Unorganisiert wurde dann auch schnell zum Problem vor
Ort. Gut organisierte Teams dagegen, wie die Urbacher Räuber, wurden
mit offenen Armen empfangen. Dafür sorgte nicht zuletzt Thomas
Diekmann, Präsident des Karnevalvereins. Er hielt ständig Kontakt
mit den Organisatoren. Mit über 30 Helfern ging es erst nach
Rheinbach, einen Keller ausräumen, dann weiter nach Iversheim. Dort
teilte sich die Gruppe auf. Einige halfen dabei, ein Fachwerkhaus
auszuräumen. In der unteren Etage war die Füllung zwischen den
Holzbalken vom Wasser wieder in Lehm und Stroh zerlegt worden. Der
Brei mischte sich mit der Inneneinrichtung. Ein altes Klavier
zerlegten die Räuber in seine verschlammten Einzelteile. Im
Erdgeschoss war nichts zu retten. Die Bewohner, ein Rentnerehepaar,
hatte keine Chance, der Lage Herr zu werden. „Wir lagen ganz oben
unter dem Dach und haben durch die Fensterluke beobachtet, wie der
Fluss immer weiter stieg und hofften, dass das Haus nicht mitgerissen
wird.“ Er erzählt das mit einer Leichtigkeit, als sei es nur
irgendeine Geschichte, nicht seine. Auf die Frage, wie er das
verkraftet, antwortet er: „Fragen Sie mich in zwei Wochen noch
einmal.“ Und ob das Haus abgerissen werden muss, könne noch niemand
sagen. Aber er und seine Frau werden wegziehen, das sei sicher.
Eine andere Gruppe ging die Hauptstraße entlang und traf auf eine
Frau, die vor einer Kirche stand, winkte und rief: „Wir brauchen
Hilfe“. Der untere Teil des Friedhofs war völlig zerstört, der
Keller der Kirche noch voller Schlamm. Die Frau heißt Ursula Leinen,
eine freiwillige Helferin aus einem Nachbarort. Zusammen mit Küsterin
Simone Hengstler versuchte sie, den Schlamm aus dem Keller zu
schaufeln und in Eimern nach oben zu bringen. Der leitende Pfarrer des
Seelsorgebereichs, Christian Hermanns, füllte derweil eine Schubkarre
mit zerstörten Pflanzkübeln. Sofort ging eine Meldung an die
Räuber-WhatsApp-Gruppe. Noch bevor rund 15 Räuber die Kirche
erreichten, gab es Essen. Das verteilte eine heimische
Versorgungsgruppe. Sie gingen von Haus zu Haus und verschenkten ihr
Selbstgekochtes. Ich selbst war Teil der Eimerkette an der Kirche,
habe hier und da ein wenig ausgeholfen. Ich habe nicht den ganzen Tag
geschleppt und auch nicht geschaufelt. Doch ich bin abends ins Bett
gefallen und hätte auch nach zehn Stunden Tiefschlaf gerne
weitergeschlafen. Ich kann mir nicht vorstellen, was die Betroffenen
und die ganzen Helfer durchgemacht haben und noch durchmachen werden.
Redakteur/in:Sabine Robels aus Köln |
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