Chancen-Café für Geflüchtete

Chancencafé für Geflüchtete

Rüngsdorf (prl). Erst kürzlich aus dem umkämpften Gebiet geflohen und in Bonn angekommen, suchte Alla Plutok neben Schutz für ihre Tochter und sich vor allem Orientierung im neuen Land. „Viele Regeln sind hier anders, auch für die Schulen der Kinder“, sagte die 48-Jährige. Im neuen Chancen-Café des Kulturbads Rüngsdorf erhofften die neu Angekommenen Hilfe, um sich zu vernetzen und neue Wege zu finden. Mit Hilfe des Teams vom Rüngsdorfer Kulturbad um Schauspielerin Anna Baumgart soll das Event künftig regelmäßig stattfinden.

Plutok und ihre Tochter harrten wochenlang im belagerten Tschernihiw aus, ehe ihnen die Flucht aus der nördlich von Kiew gelegenen Stadt nach Deutschland gelang. Sie selbst war in ihrer Heimat Englisch-Lehrerin für Primarschüler, ihre 17-jährige Tochter hatte die Schule in der Ukraine bereits abgeschlossen. Nun sollte das Mädchen nach dem Behördenwillen hier wieder eine reguläre Schule besuchen, weil die Schulpflicht in Deutschland bis zum vollendeten 18. Lebensjahr gilt. „Aber das ergibt keinen Sinn, weil sie zu wenig deutsch spricht“, fand die Mutter. Ihrer Meinung nach wäre für die Jugendliche ein Sprachkurs besser, auf dessen Grundlage sie eine Ausbildung oder ein Studium beginnen könne. Für sich selbst suchte Plutok ebenfalls eine berufliche Zukunft. Sie wünschte sich „so schnell wie möglich auf eigenen Beinen stehen“ zu können.

„Genau darum geht es“, sagte Baumgart bei der Kickoff-Veranstaltung. Um Menschen, die etwas können, aber nicht wissen, an wen oder wohin sie sich wenden müssen, um ihre Fähigkeiten hier einzusetzen. „Wir haben hier viele Menschen aus dem Rüngsdorfer Kulturbad, helfende Nachbarn, Freunde“, begann die Schauspielerin, Regisseurin und Theaterwissenschaftlerin zu erklären. So kommen am Rüngsdorfer Kulturbad beim Chancen-Café Bonner und Bad Godesberger Nachbarn, Künstler, Geschäftsleute, Vereinsmitglieder allerlei Couleur und Freunde zusammen. Diese Vielfalt biete die Chance, Antworten zu verschiedensten Themen zu finden, sagte Baumgart. „Auch Künstler können sich hier vorstellen.“ Dabei sei es gleichgültig, ob sie ein Instrument spielten, Schauspieler, Sänger oder in einer anderen künstlerischen Richtung tätig seien. „Einfach herkommen und zeigen, was sie machen und was sie können“, forderte Baumgart auf.

Das passende Potenzial und Ambiente bot das Chancen-Café allemal. Während sich die Großen austauschten und übersetzten, führte Johannes Schönberg, Meisterschüler an der Schauspielschule Arturo, bei der ersten Veranstaltung den Nachwuchs in die Schauspielkünste ein. Für die erwachsenen Geflüchteten gab es Informationen zu Deutschkursen von der Deutschen Welle, weitere Kurs- und Hilfsangebote am Wünschetisch und gegenseitigen Austausch bei gespendetem Kaffee und Kuchen. Beim Kick-Off spielte am Nachmittag das Gitarrenduo Vlad (Vashchenko) und Uwe (Arenz), später sangen die Rheinstimmen gemeinsam mit den Gästen. Dem Konzept folgend soll zukünftig die Bühne bei den nächsten Veranstaltungen ab 17 Uhr als freie Kulturbühne für alle offen sein, sagte Baumgart. „Wir wollen den kulturellen Austausch fördern und in der Präsenz halten.“

Das nächste Chancen-Café ist für Samstag, 18. Juni von 15 bis 18 Uhr geplant und findet am Kulturbad Rüngsdorf, Am Schwimmbad 8, statt. Gelegenheit zum Austausch und zum gemeinsamen Kulturgenuss gibt es künftig monatlich jeden ersten und dritten Samstag. Eingeladen sind alle Menschen, vor allem Ukrainer und Russen, die Hilfe und Antworten suchen oder geben können. „Wir suchen auch immer noch Helfer“, sagte die für das Chancen-Café und das Kulturbad gleichermaßen engagierte Rüngsdorferin. Kontakt und Informationen finden Interessierte auf der Homepage www.ruengsdorfer-kulturbad.de.