Drei lange Jahre nach der Flut
Fast auf den Tag genau Münstereifeler Beerdigunsinstitut wieder offiziell geöffnet
Flut vor drei Jahren ließ auch Särge und Urnen durch die Räume von Bestattungsunternehmen schwimmen
36 Monate nach der Flut sind die Räumlichkeiten wieder für Besucher und Kunden geöffnet / Gerd Lethert seit 20 Jahren mit Münstereifeler Beerdigungsinstitut an der Orchheimer Straße
Die Flut machte vor drei Jahren auch
Bestatter fast alles zunichte.
Von Manfred Görgen
Bad Münstereifel. Die Flutnacht vor drei Jahren wird auch Bestatter Gerd Lethert und seiner Familie in unvergesslicher Erinnerung bleiben:
„Zu Asche zu Staub. Dem Licht geraubt. Doch nicht jetzt. Wunder warten bis zuletzt“.
So lauten die ersten Textzeilen in der bekannten Filmserie „Babylon Berlin“ Macht dies unmissverständlich deutlich, wie vergänglich auch das Leben ist. Und als die Flut über Bad Münstereifel hereinbrach, Bestatter Gerd Lethert am nächsten Morgen versuchte in sein Geschäft an der Orchheimer Straße zu gelangen, hatte auch er längst den Glauben an ein mögliches Wunder verloren. Doch mit Trauer und Traurigkeit kann und muss Gerd Lethert aus Esch, der seit zwei Jahrzehnten ein Bestattungsunternehmen in der Orchheimer Straße führt, schon berufsbedingt gut umgehen. Mit seinem Unternehmen inmitten von City-Outlets und den wenigen noch übrig gebliebenen einheimischen und damit bodenständigen Münstereifeler Geschäftsleuten.
Alle haben sich auch von der damals grausam zerstörenden Flut vor nunmehr drei Jahren nicht unterkriegen lassen.
Wenn auch schweren Herzens und teils finanziell arg gebeutelt, mit positiver Einstellung: „Jetzt erst recht.“
So auch die Devise der Familie Lethert, dessen Inhaber nun - fast auf den Tag genau mit der Flut vor drei Jahren – endlich wieder seine Türen und Geschäftsräume öffnen kann. Nach zahlreichen Umbauarbeiten, angefangen von Trocknungsprozessen der Räume, neue Elektroinstallationen und vieles mehr.
„Endlich wieder offiziell geöffnet. Es waren für meine Familie und mich verdammt harte und sehr lange drei Jahre“, so rückblickend der junge Unternehmer.
Einem gestandenen Eifeler, gebürtig aus dem Höhengebiet Esch, der sich in den 20 Jahren mit seinem Hauptgeschäft und Beerdigungsinstitut einen guten Ruf in diesem Beruf erarbeitet hat. Unter anderem auch wegen von ihm von Hand hergestellten Urnen-Produkten, bekannten Seriosität in der inzwischen wieder immer mehr belebten Kur- und Einkaufsstadt. So bietet Bestattungsunternehmer Gerd Lethert den um einen verstorbenen Menschen trauernden, neben verschiedenen Bestattungsmöglichkeiten inzwischen auch „Erdmöbelchen“ an.
Das sind Urnen, die Lethert in Handarbeit fertigt. Das verwendete Holz bezieht der Eifeler aus der näheren Umgebung.
Die, - bezeichne es mal als „Beliebtheit“ dieser Urnen - für den Gang zur letzten Ruhestätte, ließ nicht lange auf sich warten. So hatte einmal ein Bekannter zu dem gelernten Schreiner und Bestatter gesagt: „Deine Urnen sehen wie ein Möbelstück aus, das man sich ins Wohnzimmer stellen könnte.“ So war wenig später aus diesem lustig gemeinten Satz schnell der Name „Erdmöbelchen“ entstanden. Seit einigen Jahren produziert Lethert diese besonderen umweltfreundlichen Urnen in seiner eigenen Schreinerwerkstatt in Esch.
Somit ist jedes „Erdmöbelchen“ ein Unikat.
Haben alle Urnen gemeinsam, dass sie aus Holz bestehen und in Handarbeit gefertigt werden. Gerd Lethert legt großen Wert auf Nachhaltigkeit. Die verwendeten Hölzer, ob Eiche, Kirschbaum, Kiefer oder Nussbaum stammen ausschließlich aus der Region. „Das Holz kommt aus einem Umkreis von etwa 30 Kilometer“, so Lethert. Auch Holz von alten Fachwerkbalken wird verarbeitet. Schon aus nachvollziehbaren Gründen des damals erlernten Schreinerberufes mag der Bestatter den Werkstoff Holz. Und rückblickend hat nicht nur Gerd Letherts Unternehmen bereits eine lange Tradition. Damals noch vom Großvater gegründet, vom Vater übernommen und nun vom Sohn seit vielen Jahren geführt, war es allerdings noch mit Schwerpunkt eine Schreinerei.
Heute liegt dieser auf dem Bestattungsgeschäft. Gerd Lethert dachte sich vor vielen Jahren: „Du hast die Werkzeuge und Maschinen, warum stellst du deine Urnen nicht selbst her? Außerdem mag ich den Werkstoff Holz sehr gerne“, so der Bestattungsunternehmer. Lethert: Es macht mich ein wenig stolz, dass zum Beispiel eine Urne den Weg bis ins ostfranzösische Taizé gefunden hat“.
Weniger weit gereist ist ein „Erdmöbelchen“ aus Birkenholz. Die Geschichte umso kurioser. „Die Stadt hatte mich mal kontaktiert und mir das Holz einer auf dem Friedhof gefällten Birke angeboten. Daraus habe ich dann eine Urne angefertigt, die den Weg zurück zum Friedhof gefunden hat.“
Aufgeben war nie eine Option des Eifeler, zumal ihm auch seine beiden Kinder und seine junge 42Jährige Frau Christine (Kinderärztin), immer getröstet und gut zugeredet haben. Sogar ein Mut machendes Bild deren Kinder half mit die Hemdsärmeln wieder hochzukrempeln.
Natürlich, so Lethert, ist heute alles ganz anders als in früheren Zeiten. In den Zeiten, wo noch Aufbahrungen im Hof des Hauses des oder der Verstorbenen üblich waren. Kamen damals nur Erdbestattungen in Holzsärgen, ob aus Fichte oder teurer Eiche infrage. Dass ein Kutscher mit einem vorgespannten Pferd vorfuhr, dessen Hufe sogar zuvor mit pechschwarzer Schuhcreme eingeschmiert wurden. Der Sarg aufgeladen wurde und die Trauergemeinde Pferd und Kutsche folgten.
Lethert hat sich nach der Flut vor drei Jahren oft gefragt: „Wie schafft du das alles?“
Am 4. Juli 2004 nach großer Renovierung eröffnet.
Konnte nach der Flut keinen erreichen. Am nächsten Morgen die ungeahnten Ausmaße dieser Katastrophe besichtigen.
Heute ist auch Gerd Lethert froh und glücklich darüber, dass es noch selbstgeführte Inhaber von alteingesessenen Geschäftsleuten gibt. „Es ist gut, dass nicht alles Outlet ist“, so Lethert. „Auch Familienbetriebe sind für eine solche Stadt sehr wichtig. Das darf man nicht vergessen.“
Jetzt ist bei Lethert alles fertig, stehen nicht nur die Särge und Urnen, einschließlich der alten Kutsche dort, wo sie größtenteils auch vor der Flut standen im neuen Glanz.
Angefangen hat die Familie Lethert mit dem Bestattungswesen nach dem zweiten Weltkrieg. Hängen inzwischen drei Meisterbriefe zu Hause an der Wand.
Bestattungswesen bei den Letherts wurde mit der Schreinerei kurz nach dem zweiten Weltkrieg bekannt. Der Großvater machte die Särge in Esch noch von Hand.
Inzwischen hat sich die Bestattungskultur drastisch verändert. Gibt es, so Lethert, nur noch dreißig Prozent Erdbestattungen. Davon 60 Prozent auf örtlichen Friedhöfen.
Von der Idee eines Berliners, der aus der Urnenasche Humus machen lassen möchte, hält Lethert nichts. „Es wird sowieso viel zu viel angeboten und auf den Friedhöfen immer teurer. Die Kommunen sind Dienstleister und müssten den Menschen auch diesbezüglich mehr anbieten.“
Viele die aus der Kirche ausgetreten sind, wünschten sich trotzdem eine spätere Bestattung auf einem Friedhof. Leider würden viele Friedhöfe nicht gut aussehen. Zahlreiche ungepflegt, was nicht immer Schuld der Grabinhaber sei. Erst jüngst war Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian in Houverath und stellte fest, das nicht nur ein hässlicher großer Container ein schlechter Bild hergibt, sondern auch mehrere graue Tonnen direkt neben einer Urnengrabfläche. Dies möchte sie „schnellstmöglich beseitigt wissen“.
PS.
Noch ein paar Stichworte:
Nach der Flut lagen Särge quer durcheinander.
Am nächsten Morgen kein Telefon, somit niemand erreichbar.
Schnell über ein Dutzend freiwillige Helfer.
Alles rausgerissen. Wände abgestemmt und erst nach Wochen so richtig realisiert, was wirklich passiert war.
Oft nachts wach geworden und „Kopfkino" mit vielen Fragen.
Gerd Lethert (zwei Kinder mit Ehefrau und Kinderärztin Christine) ist 47 Jahre alt, seine Frau fünf Jahre jünger.
Wiederaufbau nicht immer einfach auch wegen Denkmalschutz.
Lethert:" Freuten uns über jeden Stein und jede Fliese die neu verlegt werden konnte. Angefangen mit Estrich. Viele Trockengeräte im Einsatz."
Kann der Jungunternehmer die Zeit vom Tag der Flut von 2021 bis Mitte Juli 2024 inzwischen wieder entspannter sehen.
Die Stadt ist schöner geworden und wird nicht mehr alles so negativ betrachtet, wie kurz nach der Flut. Konnte Lethert Gottseidank zwischenzeitlich von Esch aus arbeiten und war nicht unbedingt auf die Ausstellungshalle an der Orchheimer Straße angewiesen.
Bei der Hilfe nach der Flut interessierte im übrigen keiner Corona und Abstand halten.
Alle packten mit an. Auch in dem Haus an der Orchheimer Straße mit der Nummer 32.
Ein Denkmal geschütztes Haus mit weit über 200 Jahre auf dem Buckel.
Lethert ist im übrigen Gegner von ausschließlicher Fußgängerzone.
Sein Wunsch, den er mit weiteren Geschäftsleuten und Anwohnern teilt:
„Lieber wie vor der Flut, morgens bis mittags die Schranke offen lassen.“
Inzwischen auch bekannt mit seinen von Hand gefertigten hölzernen „Erdmöbelchen" für die würdige letzte Ruhe:
„Erdmöbelchen“ nennt der Bad Münstereifeler Bestattungsunternehmer Gerd Lethert seine eigenhändig aus Holz gefertigten Urnen. Dabei legt er großen Wert auf Nachhaltigkeit. Text, Bilder und Repros alle urheberrechtlich und Copyright geschützt unter: Pressebüro MaGö, co. Manfred Görgen / mg
LeserReporter/in:Manfred Görgen aus Bad Münstereifel |
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