Gedicht
Die Aufstehung des alten Mannes
Die Aufstehung des alten Mannes
Nach üblich unruhiger Nacht,
mit dreimal Wasser weggebracht,
wechselt um neun Uhr er vom Bett
zum Frühgeschäftchen aufs Klosett.
Und während der Geschäftseinheiten
liest er die Zeitungsneuigkeiten.
Geschäft gemacht. Von Kopf bis Steiß
duscht er nun ab den Bettenschweiß.
Der Bart ist dran. Geschickt hantiert
wird der elektrisch abrasiert.
Das Nasenhaar entfernt er immer
mit dem Elektronashaartrimmer,
doch nur Nas` innen. Nashaar drauß´
rupft er mit `ner Pinzette aus.
Er putzt die Zähn´, die letzten acht,
die sich noch nicht davongemacht,
so wie die Wälder voll mit Haaren,
die einst auf seinem Haupte waren,
dort, wo heut nur noch, grau bekränzt,
ein Fliegenlandeplatz erglänzt.
Dann werden, ordentlich platziert,
die dritten Zähne einmontiert,
mit Haftcrem´ wunderbar versehen,
dass sie selbst Cam´bert widerstehen.
`Ne Pill´ schluckt nun der Pfiffikus,
damit er selt´ner „müssen“ muss.
`Ne weit´re Pille soll dem Magen
den steten Sodbrand untersagen.
Und weil der Rücken macht Probleme,
reibt er ihn ein mit Pferdecreme,
die, auch auf Arm und Bein geschmiert,
Arthroseschmerzen reduziert.
Make-up noch aufs Gesicht gesprüht,
damit man keine Pickel sieht,
auch Deo in die Achselhöhle,
damit `s an Wohlgeruch nicht fehle.
Nun Salbe noch ins Pogehege,
auch Hämorrhoiden brauchen Pflege.
Zwar wurden manche schon genommen,
doch neue sind bereits im Kommen.
Dann kommt `ne gut saugende Binde
noch in den Schlüppi ganz geschwinde,
damit kein Mensch denkt, he, Moment,
der Kerl ist leicht inkontinent.
Nun Hose, Hemd und Schuhe an,
und fertig ist der alte Mann,
der nun dasteht und froh sich brüstet:
nun bin ich für den Tag gerüstet
und innerlich kommt zum Befund:
Hauptsache ist, ich bin gesund.
Hermann Westerholz
LeserReporter/in:Hermann Westerholz aus Bedburg |
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