Die Kirmes darf nicht sterben!
Eindringlicher Appell der Schausteller an die Politik
Bergisch Gladbach - Burkhardt Unrau blickt zurück auf 40 Jahre seiner ehrenamtlich
aktiven Zeit als „Kirmesmotor“ in Bergisch Gladbach. Von
leuchtenden Kinder- und Seniorenaugen war die Rede, von glänzend rot
glasierten Äpfeln, Zuckerwatte und Riesenrad, Fahrgeschäften und
Familienspaß auf dem Volksfest, das in Bergisch Gladbach seit 178
Jahren gefeiert wird.
Aus und vorbei? Man war sich einig, das kann und darf nicht sein! Doch
die Sorge vor dem Verlust der über tausendjährigen Tradition
kirchlichen Ursprungs, Oster- Pfingst- und Laurentiuskirmes, ist
berechtigt, denn in Corona-Zeiten stehen Schausteller bundesweit mit
dem Rücken zur Wand.
Ihre Sorgen und Nöte der Politik klar vor Augen führen, war Ziel
einer Informationsveranstaltung, die Burkhardt Unrau am
Laurentius-Kirmeswochenende auf dem Konrad-Adenauer-Platz initiierte.
„Gemeinsam Kirmes feiern, dank der Schausteller, die das alles
möglich machen, darf nicht verloren gehen“, appellierte
Ehrenschausteller Unrau eindringlich an den Innenminister von
Nordrhein- Westfalen, Herbert Reul, sowie an Lokalpolitiker.
„Schausteller zaubern den Menschen ein Lächeln ins Gesicht, und
zwar Kindern, Erwachsenen, Jungen, Alten, quer über alle
Generationen. Man trifft sich am Waffelstand, trinkt sein
Feierabendbier, erinnert sich, wie es im Jahr davor war – die Fahrt
mit dem Kettenkarussell, Händchenhalten, ein erster Kuss im Riesenrad
oder der Raupe, verschenkte Lebkuchenherzen…,“ ließ der
Innenminister seinen Gedanken freien Lauf.
Mit der Pandemie kam dann auch für die Kirmes im März der Lockdown.
„Corona hat uns alle kalt erwischt“, resümierte Herbert Reul,
„doch wir haben auch viel gemacht“.
Er verwies auf Soforthilfeprogramme und zeigte sich zuversichtlich mit
dem Kabinett in Düsseldorf bald Wege zu finden, größere
Veranstaltungen ab 31. Oktober „wieder machen zu können“, wenn
sich an Verhaltensregeln in Sachen Corona gehalten werde. Mit
differenzierter Vorgehensweise bei Lockerungen und notwendiger Hilfe
für diejenigen, die in „Riesennot sind“ werde man Antworten
finden: „Uns muss etwas einfallen, um Traditionen zu erhalten.“
Albert Ritter, Präsident des Deutschen Schaustellerbundes, hatte dazu
ganz klare Vorstellungen. „Lassen Sie uns wieder arbeiten, wir
wollen nicht in die soziale Hängematte!“ In detaillierten
Ausführungen schilderte er die – trotz Hilfsprogrammen – prekäre
wirtschaftliche Lage der Schausteller, die seit den Weihnachtsmärkten
2019 ohne Einnahmen sind. Genauso wie ihre Zulieferer, Mitarbeiter,
Brauereien, Bühnenverleiher, Toilettenwagenbetreiber, Feuerwerker,
Künstler. Dass „Bordelle wieder öffnen, in Flugzeugen dicht an
dicht in Urlaub geflogen wird, Kinder aber nicht nebeneinander im
Karussell sitzen dürfen“, kann Ritter nicht nachvollziehen.
„Schausteller sind keine Berufsjammerer, wir haben fertige Hygiene-
und Sicherheitskonzepte – bitte lassen Sie unsere Veranstaltungen
unter den üblichen Corona- Schutzmaßnahmen wieder laufen oder
verlängern Sie die Überbrückungsprogramme bis März 21“, rief er
Herbert Reul aufgewühlt zu.
Herbert Reul ist zuversichtlich, dass der Tag kommen wird, „wo man
Veranstaltungen wie Kirmes oder Ähnliches wieder realisieren kann“
– es bleibt allerdings die bange Frage, ob es dann noch Schausteller
gibt, deren „Familien- und Ehrensache es über Generationen ist, den
Menschen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern“.
- Susanne Schröder
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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