Neu aufgestellt!
Finissage der Aussetllung in der 1. Etage der Villa Zanders
Bergisch Gladbach - Am Sonntag, 9. August, endet die Präsentation der Ausstellung
„Neu aufgestellt – Neuerwerbungen, Schenkungen, Dauerleihgaben und
mehr auf der 1. Etage des Kunstmuseums Villa Zanders. Die
Präsentation auf der 2. Etage wird bis ins nächste Jahr
fortgesetzt.
Bereits in den 1980er Jahren wurde damit begonnen, in der Papierstadt
Bergisch Gladbach eine Sammlung mit künstlerischen Arbeiten
aufzubauen, die den Werkstoff Papier in all seinen Erscheinungsformen
und Gestaltungsmöglichkeiten widerspiegeln. Inzwischen umfassen die
Bestände der Sammlung „Kunst aus
Papier“ knapp 500 Arbeiten international renommierter Künstler wie
Jac Leirner, Monika Grzymala, Christo, Kenneth Noland, Mischa Kuball,
John Cage, Jiri Kolar, Simon Schubert oder Jenny Holzer. Nicht nur in
ihrer Spezialisierung, sondern auch in der ambitionierten Ausrichtung
ist diese Sammlung einzigartig.
In dieser selbstauferlegten Beschränkung auf ein vermeintliches
Alltagsmaterial überrascht die Sammlung durch die schier grenzenlosen
Möglichkeiten der Bearbeitung und Verarbeitung von Papier, Pulp,
Karton und Co: Die künstlerischen Techniken reichen von zerreißen,
zerschneiden, zerknüllen, zerfetzen, schaben, kratzen, durchlöchern,
zermahlen oder schöpfen bis kleben, falten, schichten, prägen,
rollen und vieles mehr. Gerade in dieser Vielfalt geht die Sammlung
über das Thema Papier weit hinaus und entwirft ein beeindruckendes
Panorama der Gegenwartskunst in ihrer ganzen Heterogenität.
Erstmals präsentiert werden Dauerleihgaben aus der Stiftung Kunst im
Landesbesitz Nordrhein-Westfalen, die die Sammlung wunderbar
ergänzen. Unter diesen herausragenden Arbeiten von Künstlern wie
Jean Tinguely, Imi Knoebel und Felix Droese besonders hervorzuheben
ist eine große Arbeit von Jan J. Schoonhoven.
Ein weiteres Highlight stellt die einmalige Präsentation einer Ikone
der Kunst aus Papier dar: Reiner Ruthenbecks „Weißer
Papierhaufen“ aus dem Jahr 1978/79. Eigens für die Ausstellung in
Bergisch Gladbach wird diese Arbeit durch Knüllen von 600 Blatt
Papier von 50 x 50 cm zu einem Haufen mit 300 cm Durchmesser neu
installiert. Diese wegweisende Skulptur stellte in der Zeit ihrer
Entstehung erstmals die physische Präsenz und auratische Wirkung des
Mediums Papier auf das gleiche Niveau wie die traditionellen
Bildhauermaterialien Stein oder Metall. Ein unspektakuläres
Allerweltsmaterial wird mittels einer einfachen Handlung in eine
spektakuläre Dimension überführt. Die Arbeit wird für die Dauer
der Ausstellung als großzügige Leihgabe der Stiftung Kunstfonds in
die Sammlungspräsentation integriert. Damit erfüllt sich für das
Museum ein echter Herzenswunsch.
Die Anzahl und Qualität der Neuzugänge der letzten Jahre grenzt
beinahe an ein Wunder in Anbetracht der Tatsache, dass der Ankaufsetat
des Kunstmuseum Villa Zanders seit Jahren fast bei null liegt. Basiert
die Sammlung in ihren Anfängen hauptsächlich auf Mitteln der
Kulturstiftung der Kreissparkasse Köln, so sind es heute immer wieder
kunstsinnige Bürger und Kulturvereine wie der Galerie+Schloss oder
der Rotary Club Bergisch Gladbach, die Ankäufe ermöglichen.
Nur durch das bürgerliche Engagement – und den besonders
dankenswerten Schenkungen, die direkt von Seiten der Künstler an das
Museum gehen – kann sich eine hochkarätige Sammlung heute
weiterentwickeln. Eine Sammlung muss wachsen, um lebendig und für die
Gegenwart relevant zu bleiben.
Oft wird erst nach Jahren die wahre Bedeutung eines Ankaufs offenbar
wie an dem Beispiel der 1992 erworbenen Arbeit „Goast“ (1991) der
Wolfgang-Hahn-Preisträgerin Jac Leirner von 2019 deutlich wird.
Gerade diese Bodenskulptur aus aufgefädelten Banknoten kann
stellvertretend für die Signifikanz der „Kunst aus Papier“
gelten: Es ist eine stille, aber doch entschiedene Kunst, die dem
Alltagsmaterial Papier einen sinnlichen, immer wieder überraschenden
Reichtum abgewinnt. Mit Humor und Leichtigkeit entwickelt die Kunst
aus Papier eine ganz eigene Kraft und entfaltet ein Potential, das
alle Erwartungen sprengt.
Noch bis 6. Juni 2021 ist die Ausstellung im Kunstmuseum Villa Zanders
zu sehen.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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