Frauendarstellungen von Walter Lindgens
Kabinettausstellung: Fremde und Vertraute

Nach dem Zweiten Weltkriegbeginnt Walter Lindgens mit einer abstrakten Formsprache zu experimentieren: Tanzrhythmus,1950, Öl auf Holz. | Foto: Pia Simon
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  • Nach dem Zweiten Weltkriegbeginnt Walter Lindgens mit einer abstrakten Formsprache zu experimentieren: Tanzrhythmus,1950, Öl auf Holz.
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Bergisch Gadbach - (red) Der Maler Walter Lindgens (1893-1978), der die letzten knapp 30
Jahre seines Lebens in Rösrath verbrachte, übertrug der Stadt
Bergisch Gladbach nach seinem Tod nicht nur seine Kunstsammlung,
sondern auch sein eigenes umfangreiches künstlerisches Werk. Damit
legte er den Grundstein für die Gründung der Städtischen Galerie
Villa Zanders. Regelmäßig wird mit Präsentationen verschiedener
Aspekte seines Werkes die große Bedeutung dieser Stiftung für das
Museum gewürdigt.

Die derzeitige Ausstellung widmet sich einem bestimmten Motiv: der
Frau. Anhand dieses Sujets lassen sich sowohl verschiedene
biografische Stationen als auch stilistische Phasen im Schaffen Walter
Lindgens‘ ablesen.

Das früheste Blatt (Ssanin, Lyda, 1921) stammt aus seiner Studienzeit
in München und verarbeitet inhaltlich die 1922 entstandene Verfilmung
eines russischen Romans. Seine Interpretation der Lyda weist eindeutig
stereotypische physiognomische Merkmale einer russischen Frau auf, wie
man sie sich damals vorgestellt haben muss. Die Romanfigur war eine
begehrenswerte aber auch tragische Femme Fatale, die den Männern den
Kopf verdrehte. Dieses Thema greift Lindgens später, allerdings
übertragen aus dem ‚fremden‘ Russland in den vertrauten
europäischen Raum, in verschiedenen Ölgemälden wieder auf
(Maskenball, um 1946).

Auch die für ihn sehr prägende Zeit im belebten Paris der 1920er
Jahre schlägt sich in seinen Frauendarstellungen nieder: Kiki vom
Montparnasse (1927), dem berüchtigten Amüsier- und Künstlerviertel,
trägt zwar modische Accessoires wie Hut und Perlenkette, wirkt
gleichzeitig aber deformiert, wie vom wilden Nachtleben gezeichnet.

Auf seinen zahlreichen Reisen, beispielsweise nach Marokko und
Algerien 1930/31 oder nach Kamerun und Nigeria 1936, entstehen
Zeichnungen von Frauen, die das explizit Fremde, das Exotische betonen
und den Blickwinkel des gut bürgerlich aufgewachsenen Walter Lindgens
auf eine ihm unbekannte Kultur spiegeln (Marokkanische Frauen, 1931
oder Kostümstudien, 1936).

Im starken Kontrast zu diesen dynamisch-verspielten Skizzen seiner
Abenteuer in der Fremde stehen Gemälde der 1930er- und 1940er-Jahre,
die sich stilistisch am romantischen Realismus orientieren und sein
stark bürgerlich geprägtes, traditionelles Frauenbild wiedergeben
(Die Strickerin, 1937). Hier entstehen vermehrt auch Werke mit
christlichen Motiven (Verkündigungsengel, 1933).

Ergänzt wird dieser Querschnitt zum einen von Arbeiten aus der Zeit
nach dem Zweiten Weltkrieg, in der er beginnt, mit einer abstrakten
Formsprache zu experimentieren (Tanzrhythmus, 1950); andererseits von
einer Reihe zart aquarellierten, meist kleinformatigen und sehr
intimen Zeichnungen von Frauen in seinem alltäglichen Umfeld: beim
Zeitunglesen, beim Kochen, umringt von einer Schar Kinder. Auch
Hildegard Riehmer, die Walter Lindgens 1937 in Berlin heiratet, taucht
dort auf und kredenzt augenscheinlich am Martinstag Die Gans meines
Lebens (1961).

Die Kabinettausstellung „Fremde und Vertraute“ ist noch bis
Sonntag, 7. November, im Kunstmuseum Villa Zanders,
Konrad-Adenauer-Platz 8, Bergisch Gladbach, zu sehen.

Nach dem Zweiten Weltkriegbeginnt Walter Lindgens mit einer abstrakten Formsprache zu experimentieren: Tanzrhythmus,1950, Öl auf Holz. | Foto: Pia Simon
Gemälde der 1930er- und 1940er-Jahre orientieren sich stilistisch am romantischen Realismus: Verkündigungsengel, 1933, Öl auf Leinwand. | Foto: Pia Simon
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