Gespräche zum Leben und zum Sterben
Konzept „Behandlung im Voraus Planen (BVP)“

Die Pflegefachkraft und BVP-Gesprächsbegleiterin Eva Maria Frowein nimmt sich für die Unterredungen viel Zeit. | Foto: Daniel Beer
  • Die Pflegefachkraft und BVP-Gesprächsbegleiterin Eva Maria Frowein nimmt sich für die Unterredungen viel Zeit.
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Bergisch Gladbach - Mit Hilfe des Konzepts „Behandlung im Voraus planen“ (BVP)
können sich Bewohner sowie ihre Angehörigen im Haus Quirlsberg der
Evangelischen Altenpflege Bergisch Gladbach darüber Klarheit
verschaffen, was mit ihnen in medizinischer Hinsicht geschehen soll,
wenn sie selbst nicht mehr entscheiden können.

Um dies herauszufinden, nimmt sich die Pflegefachkraft und
BVP-Gesprächsbegleiterin Eva Maria Frowein viel Zeit, denn in den
Unterredungen geht es nicht um das Abfragen „Was will ich, was will
ich nicht“, sondern der Horizont ist ein ganz anderer. „In den
Gesprächen lege ich das Fundament, sich über die eigene Einstellung
zum Leben und Sterben klarzuwerden“, so Frowein. Erst wenn dieser
Klärungsprozess stattgefunden hat, kann die zentrale Frage
beantwortet werden: „Was würde ich im Notfall für mich wollen?“

Der Einstieg in die Gespräche führt sofort zum Kern der Sache.
„Wie gerne leben Sie?“, möchte Frowein zu Beginn wissen und
variiert diesen Aspekt mit der Frage: „Was bedeutet es für Sie,
noch lange zu leben?“ Das Spektrum an Antworten, die ihr
entgegengebracht werden, ist sehr weit gefasst.

Wer optimistisch ist und noch Pläne hat, antwortet zum Beispiel:
„Ich möchte unbedingt noch die Hochzeit meines Enkels erleben und
die Medizin soll alles dafür tun, damit mir das möglich ist.“ Wer
dagegen mit seinem Leben abgeschlossen hat, sagt: „Ich lebe
überhaupt nicht mehr gerne und wenn jetzt noch eine weitere Krise
dazukommt, darf es auch zu Ende gehen.“

Die Aufgabe von Eva Maria Frowein besteht darin, die Gedanken und
Äußerungen ihrer Gesprächspartner aufzunehmen, zu notieren und bei
Unklarheiten zu hinterfragen, was genau gemeint ist. In eine bestimmte
Richtung lenken möchte und soll sie die Aussagen auf gar keinen Fall.
Um manche Dinge noch klarer zu sehen, weist die
BVP-Gesprächsbegleiterin auf medizinische Sachverhalte hin.

Wenn ein 95-Jähriger sagt, er möchte im Notfall reanimiert werden,
ist das sein gute Recht und in Ordnung. Was viele nicht wissen, ist
das meist schlechte Ergebnis einer Reanimation, gerade bei Menschen im
hohen Alter. Nur 0,2 Prozent der älteren Menschen können nach einer
Reanimation ihr altes Leben weiterführen. Das erklärt Frowein sehr
anschaulich. „Leider wird uns im Fernsehen oft ein falsches Bild von
Reanimation und medizinischer Notfallversorgung gezeigt.“

Mit dieser zusätzlichen Information können die Gesprächspartner
dann ihre Entscheidung noch einmal überdenken. Diese Aussagen sind
auf dem ärztlichen Notfallbogen hinterlegt.

Auf einem weiteren Bogen wird festgehalten, was im Anschluss an die
Akutversorgung geschehen soll. Das erste BVP-Gespräch dauert bis zu
1,5 Stunden und wird bei Bewohnern, die selber entscheidungsfähig
sind, meist unter vier Augen geführt. In einem weiteren Gespräch ist
es günstig, wenn der oder die Person dazu kommt, die die
Vorsorgevollmacht hat. Das können der Ehepartner, die Tochter/der
Sohn oder die Enkel sein. Dann tun sich häufig neue Perspektiven auf.
Hat zum Beispiel eine Seniorin geäußert, auf jegliche weitere
Behandlung solle verzichtet werden, weil sie niemanden zur Last fallen
möchte, dann geben im zweiten Gespräch der Partner / die Kinder oder
Enkel zu Protokoll: „Wir wären aber froh, wenn Du auf jeden Fall
weiterlebst.“

Auch für Bewohner, die aufgrund ihrer dementiellen Veränderung
dauerhaft einwilligungsunfähig sind, kann ein BVP-Prozess
stattfinden. In diesem Fall wird eine Vertreterdokumentation erstellt.

Weil sich die Haltungen zum Leben und Sterben ändern können, sind
jederzeit Änderungen in der BVP-Verfügung möglich. „Das ist ein
dynamischer Prozess“, weiß Frowein aus Erfahrung.

Die BVP ist ein freiwilliges Angebot und kein Pflichtprogramm. Wer
sich gemeinsam mit Eva Maria Frowein auf den manchmal auch schwierigen
Weg macht, wird belohnt. Frowein erlebt häufig eine große
Dankbarkeit von den Menschen, die sich mit dem Sterben und dem Tod
auseinandergesetzt und hierzu maßgeschneiderten Antworten gefunden
haben.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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