Verstummt und verzweifelt
Kulturstillstand im „Land der Dichter und Denker“
Bergisch Gladbach - „Im Regen stehengelassen…“ das ist noch die mildeste
Selbstbeschreibung, auch für die Situation der hiesigen
Kulturschaffenden, die am 22. November mit einer Installation vor dem
Bergischen Löwen auf die prekäre Lage aufmerksam machten, in die sie
aufgrund der Covid 19-Pandemie geraten sind.
Beethoven 9. Symphonie in Ketten, ein schwarzes Kreuz, Grablichter,
ein mit Flatterband verschlossener Geigenkoffer, ein bedrückendes
Foto toter Baumkronen und das schemenhaft verwischt gemalte Bild eines
Clowns, beides in schwarz- weiß, ein Theatergong, der niemanden mehr
zur Aufführung ruft, ein Metronom, das für niemanden einen Takt
vorgibt, graues Wetter am Totensonntag.
Besser hätten die Künstler mit der von Dirigent und Pianist Dr.
Roman Salyutov initiierten Installation „die dramatische Stille des
Kulturlebens“ in Bergisch Gladbach nicht zum Ausdruck bringen
können. „Eine in Verzweiflung erstarrte und verstummte
Kulturszene“ hatte sich zum stillen Protest zusammengefunden. Doch
neben der Resignation, „wir sind halt nicht so wichtig, zu wenige,
uns hört keiner...“, mischte sich auch Unverständnis und das
Gefühl der Ungerechtigkeit darüber, dass das Kulturleben durch
unverhältnismäßige und unfaire Maßnahmen zum Erliegen gebracht
worden sei.Niemand konnte verstehen, dass Hygienemaßnahmen, die mit
viel Geld und großen Kraftanstrengungen zum Schutz gegen Ansteckung
mit dem Corona-Virus umgesetzt wurden, umsonst waren und „warum
ausgerechnet die Kultur ausgeschaltet wird“.
Warum ein Konzert-, Theater- oder Museumsbesuch verboten ist, die
Türen von Kirchen und Schulen hingegen geöffnet und Bus- wie
Bahnfahrten möglich bleiben.Zustimmendes Nicken erhielt Theaterleiter
Gerd Pohl, der zu bedenken gab, dass „nach Ansicht zahlreicher
renommierter Experten aus medizinischer, epidemiologischer und
virologischer Sicht kein ausreichender Grund für die Schließung von
Kultureinrichtungen vorliegt“.
Leidtragende sind zum einen die Künstler, von denen nicht wenige aus
unterschiedlichsten Gründen durch das „Raster der staatlichen
Hilfe“ fallen und „vor dem Nichts“ stehen.
Nicht weniger ist es das Publikum, vom Kind bis zum Senior, das auf
Kultur verzichten muss. Ihm bleibt wie den Kunstschaffenden nur die
Hoffnung, dass der eindringliche Apell, Kultureinrichtungen so schnell
wie möglich wieder zu öffnen, gehört wird, denn nur so kann „die
dramatische Stille des Kulturlebens“ überstanden werden, bevor die
Kulturschaffenden verschwunden sind.
- Susanne Schröder
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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