Ehrenbürgerin Philomena Franz
Nicht Konfrontation, sondern Verständnis

Nach einem bewegten Leben erhielt Philomena Franz mit 99 Jahren die Ehrenbürgerschaft der Stadt Bergisch Gladbach. | Foto: Stadt Bergisch Gladbach
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Bergisch Gladbach - (red) Philomena Franz ist neue Ehrenbürgerin der Stadt Bergisch
Gladbach.

Bürgermeister Frank Stein ging in seiner Laudatio auf das bewegte
Leben von Philomena Franz ein und stellte dabei einzelne besonders
bedeutsame Punkte heraus: „Philomena Franz stammt aus einer
renommierten Sinti-Musikerfamilie, die schon seit Jahrhunderten in
Deutschland lebt. Sie stand schon als kleines Kind im In- und Ausland
auf der Bühne, sang und tanzte mit großem Erfolg in der Kapelle
ihres Großvaters.“ In Philomena Franz sieht Stein eine überzeugte
Europäerin, die sinnbildlich für den kulturellen Aufbruch nach dem
Ersten Weltkrieg steht. „Doch mit der sogenannten Machtergreifung
durch den Nationalsozialismus endete dieser Erfolg abrupt für die
Künstlerfamilie, denn durch den Einzug der Pässe war Reisen in die
europäischen Nachbarländer nicht mehr möglich“, so Frank Stein.

Bis zur Verhaftung 1938 war Philomena Franz zur Zwangsarbeit in einer
Rüstungsfirma in Bad Cannstatt verpflichtet. Nach ihrer Festnahme
wurde sie nach Auschwitz und anschließend ins Konzentrationslager
Ravensbrück deportiert. Es folgten Fluchtversuche und die Befreiung
durch die sowjetische Armee. Anschließend begann das Leben
„danach“, ohne zu wissen, wer von der Familie überlebt hatte oder
auch was mit ermordeten Familienmitgliedern vor ihrem Tod geschehen
war.

Nach dem Krieg wurde Philomena Franz die erste Sinti-Schriftstellerin
Deutschlands und veröffentlicht seit mehreren Jahrzehnten Bücher
über das Leben der Sinti. Mit ihren Schriften trug sie dazu bei, die
Erinnerungskultur in Deutschland neu zu definieren, indem sie den
Fokus auch auf die Schicksale der Sinti und Roma lenkte. Denn erst
1982 wurden diese Verbrechen an den Bevölkerungsgruppen der Sintize,
Sinti, Romnia und Roma von der Bundesrepublik anerkannt. Philomena
Franz setzte in ihren Publikationen und öffentlichen Auftritten indes
niemals auf Konfrontation, sondern stets auf Verständnis
füreinander, wie auch ihr bekanntestes Zitat ausdrückt: „Wenn wir
hassen, verlieren wir. Wenn wir lieben, werden wir reich.“ Zum
Schluss seiner Laudatio ging Stein auch auf die neusten Projekte ein
und schloss seine Rede mit den Worten: „Auch mit nunmehr 99 Jahren
kämpfen Sie unermüdlich für Versöhnung und interkulturelles
Miteinander. Sie zählen zu den herausragenden Persönlichkeiten
unserer Zeit und haben eine Strahlkraft weit über Bergisch Gladbach
hinaus.“Als sichtbare Zeichen ihrer Ehrenbürgerschaft erhielt
Philomena Franz eine Urkunde und die Ehrennadel für Ehrenbürger.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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