Schulvorbereitung der anderen Art
Zuwanderer-Kinder erhalten Deutschunterricht

Khevia schreibt mit Hilfe von Sabine Mohr ein Wort an die Tafel. | Foto: Friederike Günther
  • Khevia schreibt mit Hilfe von Sabine Mohr ein Wort an die Tafel.
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Bergisch Gladbach - In den Sommerferien bleiben die Schulen in Bergisch Gladbach
geschlossen – bestenfalls fällt eine Heerschar Bauarbeiter ein und
flickt, was es zu reparieren gilt. Alle Schulen? Nein, die Grundschule
in Moitzfeld öffnet ihre Räume für Kinder und Jugendliche, die sich
auf das kommende Schuljahr vorbereiten. Mit Unterstützung von
ehrenamtlichen Pädagoginnen werden hier Kinder mit Fluchthintergrund
in Deutsch unterrichtet – und das auf eine etwas andere Art und
Weise.

Im ersten Stock sitzen sechs Kinder, die nach den Sommerferien in die
weiterführenden Schulen wechseln sollen, und pauken Deutsch.
Unterrichtet werden sie an diesem heißen Donnerstagvormittag von
Sabine Mohr, einst Lehrerin am Berufskolleg in Troisdorf. Dass sie
jetzt Deutsch auf Grundschulniveau vermittelt, ist für sie eine
Herausforderung – die sie aber mit viel Freude meistert. „Eine
große Hilfe ist Yousuf, der schon seit einem Jahr in Deutschland lebt
und für die Schüler übersetzt, die noch nicht so lange hier
sind.“ Und so bittet sie ihn, dem zwölfjährigen Omar zu erklären,
dass im Deutschen alle Dinge am Anfang mit einem großen Buchstaben
geschrieben werden. Omar versteht, wischt das kleine p an der Tafel
weg und schreibt das Wort noch einmal auf „Papier“.

Es sind die scheinbar kleinen Dinge, die den Teilnehmern oft schwer
fallen. Hat die Lehrerin jetzt E oder I gesagt – wie wird das SCH
ausgesprochen und wann ist es denn jetzt nun ein Z oder ein C? Wer
meint, das sei doch leicht zu begreifen, sollte sich einmal an der
Aussprache im Arabischen versuchen – da sind die Zungenbrecher erst
recht vorprogrammiert!

Dank der Geduld von Sabine Mohr fühlt sich keines der angehenden
Teenager unter Druck gesetzt. Und so schafft es dann Khevia, die
neunjährige Schwester von Omar, nach einigen Versuchen das Wort
„Schulbuch“ fehlerfrei an die Tafel zu bringen. Und als die
Lehrerin dann auch noch das Wort „Zeichnen“ buchstabiert, weiß
Karar (12): „Da kann ich doch auch Malen sagen, das ist doch
dasselbe.“

Was für die einen noch weitergeht, ist für die Jüngsten schon
wieder beendet. Im Rahmen des Programmes „Fit für die Schule –
FiSch“, das vor acht Jahren durch das soziale Netzwerk Bergisch
Gladbach ins Leben gerufen worden ist, haben in den Räumen der
MiKibU-Klassen drei sechsjährige Mädchen ihre letzte von 15
Einheiten, die sie auf das Leben in der Grundschule vorbereiten
sollen. „Dieses Programm ist speziell für Kindergartenkinder
entwickelt worden, um ihnen den Schritt in die Grundschule zu
vereinfachen. In dieser freiwilligen Förderung wird sowohl das
Selbstwertgefühl als auch die sprachliche Kompetenz der Kinder
gefördert.“, erklärt Diplom-Sozialpädagogin Dorlit Rabe-Hamann,
die die Mädchen seit Mai begleitet hat.

In diesem ausgeklügeltem Programm gibt es nicht nur Unterricht, auch
kreativ-künstlerische Fähigkeiten werden hier vermittelt. So zeigt
Fatima stolz ihren Scherenführerschein, den sie erlangt hat, nachdem
sie freihändiges Ausschneiden gelernt hat. Die Abschlussmappen, die
die Kleinen mit nach Hause nehmen, können sich sehen lassen. Voll mit
Bildern, Alphabet- und Zählübungen und auch einem selbstgestaltetem
Frühstückset. „Ein ganz ausgeklügeltes pädagogisches System“,
fasst das Vorstandsmitglied des Integrationsrates, Mechtild Münzer,
hochzufrieden zusammen, bevor sie herzlich von der sechsjährigen Alya
begrüßt wird. Vorwitzig schiebt ihr Fatima einen frisch
ausgefüllten Zahlenzettel unter die Nase und zählt bis acht. Wer
nicht weiß, dass Fatima erst seit einem Jahr Deutsch lernt, würde
denken, dass sie in Deutschland aufgewachsen ist.

Die Kinder genießen die Anwesenheit der Frau, die nicht umsonst
Trägerin der goldenen Ehrennadel der Stadt Bergisch Gladbach ist.
„Ohne den Schulleiter, Gunnar Treitschke, wäre dieses Angebot hier
in Moitzfeld nicht möglich gewesen. Dankenswerter Weise stellt er
seine Schule für die ehrenamtliche Arbeit zur Verfügung. Das lief
alles ganz unkompliziert ab“, erzählt Mechtild Münzer noch
zwischen Tür und Angel, bevor sie zum nächsten Termin fährt, um
Kinder aus einem Feriendorf abzuholen.

Jetzt sind erst einmal 15 Minuten Pause und Herumtollen auf dem
Schulhof angesagt, bevor es kreativ weitergeht: In der Schulbücherei
wartet Musiklehrerin Uta Vossebrecker.
„Damals, als Hilfe benötigt wurde, entschied ich das anzubieten,
was ich kann. Und das ist eben die Musik“, erklärt sie ganz
pragmatisch ihren Einsatz in der Flüchtlingsarbeit, der 2016 begonnen
hatte. „Warum sollte ich Deutsch unterrichten, wenn ich Musik viel
besser kann?“ Und so wird um Stuhlkreis über den Sommer gesungen
und dabei mit Holzstäben im Takt geklopft. Und sie unterrichtet nicht
nur die Jüngsten. „Dank einer Spende konnten wir zusätzliche
Gitarren, Trommeln und Blockflöten anschaffen. Die Musikschule leiht
uns auch Instrumente – besonders beliebt sind übrigens die
Gitarren“, beschreibt sie die Vorlieben der etwas älteren
Teilnehmer. Hat ja auch was, wenn man ein so großes Instrument
beherrschen kann.

 

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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