Aufgewacht aus dem Wachkoma
Dorothea Feldkamp wachte in Bergneustadt überraschend auf
Bergneustadt - „Wir sehen kein Potenzial für eine Verbesserung. Wir können für
die Patientin nichts mehr tun. Am besten suchen Sie für sie einen
dauerhaften Heimplatz“. Aus-
therapiert! Das war aus fachärztlicher Sicht das Ergebnis der
sechswöchigen Reha-Maßnahmen, für die Dorothea Feldkamp nach einer
Hirnentzündung in die auf schwere neuro-
logische Erkrankungen spezialisierte Klinik in Ostwestfalen-Lippe
eingewiesen worden war. So gut wie nichts hatte sich an ihrem
wachkoma-ähnlichen Zustand verbessert, in den sie knapp fünf Monate
zuvor gefallen war.
Doch damit wollten sich ihr Mann Horst, die beiden 19 und 22 Jahre
alten Söhne und die Geschwister der 54-jährigen gelernten
Goldschmiedemeisterin und Mediengestalterin nicht abfinden.
Sollte das wirklich ihre Zukunft sein? Starr, mit offenen Augen vor
sich hinblickend? Durch eine Magensonde mit Sondenkost ernährt? Mit
Katheter und einer Trachealkanüle zur Beatmung versorgt? Unfähig zu
sprechen und zu schlucken? Anscheinend nicht in der Lage wahrzunehmen
und auf das zu reagieren, was um sie vorging? Die Familie suchte eine
Alternative zum Heim. Und fand sie beim Verein Patienten im Wachkoma
(PiW) in Bergneustadt.
Gegen alle Prognosen erwachte Dorothea Feldkamp dort innerhalb von
sechs Monaten und konnte kürzlich nach Hause entlassen werden.
Ehemann Horst erinnert sich: „Die Erkrankung begann am 2. Dezember
mit extremer Müdigkeit, hohem Fieber und sehr schnellem Atmen“.
Trotz intensiver Untersuchungen konnten die Ärzte weder die Ursache
für die schließlich als Hirnentzündung diagnostizierte Erkrankung
feststellen, noch konnten sie die fortschreitenden neurologischen
Ausfälle aufhalten. Dorothea Feldkamp sprach immer undeutlicher und
verwirrter, sah Doppelbilder, konnte den linken Arm kaum noch bewegen,
war schließlich gar nicht mehr ansprechbar und musste intubiert und
auf die Intensivstation der Uniklinik Münster verlegt werden.
Regungen wahrnehmen
Wandte Dorothea nicht gelegentlich den Kopf, wenn ein vertrauter
Mensch ins Zimmer trat? Zeigte nicht ihr Schluchzen, dass sie etwas
fühlte und wahrnahm?
Genau solche Zeichen sind es, die die Pflegekräfte bei PiW wahr- und
ernst nehmen. Der 1995 gegründeten Verein arbeitet mit einem ganz
eigenen Konzept unter dem Motto: „Wir sind kein Heim - wir bringen
sie heim“. Bis zu acht Wachkoma-Patienten werden in „Haus Ilona“
so behandelt, als bekämen sie alles mit. So oft wie möglich werden
alle Patienten per Rollstuhl etwa zum gemeinsamen Frühstück in den
Aufenthaltsraum gefahren. Kontakt und Ansprache sind wichtig.
Angehörige sind jederzeit willkommen in der „Wohngemeinschaft auf
Zeit“, wie Geschäftsführer Hrachia Shaljyan das „Trainingslager
für das Leben“ nennt. Während der von PiW entwickelten Therapie
können auch die Angehörigen im Haus Ilona leben.
Dorothea Feldkamp lebt jetzt wieder in ihrem behinderten gerecht
umgebauten Zuhause in Lippstadt.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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