Mut-Tour
Aufklärung mit dem Fahrrad

Mit dem Fahrrad zu mehr Aufklärung beim Tabu-Thema: Die Teilnehmer der Mut-Tour auf dem Friedensplatz. | Foto: Weller
  • Mit dem Fahrrad zu mehr Aufklärung beim Tabu-Thema: Die Teilnehmer der Mut-Tour auf dem Friedensplatz.
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Bonn - „Stellen Sie sich vor, Sie haben einen schlechten Tag, sind mies
drauf. Das geht vorbei und am nächsten Tag sind Sie wieder der Alte.
Ein Mensch mit psychischer Erkrankung aber ist immer mies drauf. 24
Stunden am Tag, zu jeder Minute, in jeder Sekunde. Über Tage, Wochen
und Monate. Eine Endlos-Schleife der Krankheit. Seine Seele ist krank,
und sie gesundet nicht.“ Cordula und Christine fahren mit bei der
Mut-Tour. Das ist eine jährliche Fahrradtour, bei der Gesunde und
psychisch Kranke mitfahren, um auf die Zunahme der seelischen
Erkrankungen in Deutschland aufmerksam zu machen. Diese Tour, die von
Trier über Koblenz und Bonn schließlich nach Münster führt, will
erreichen, dass über seelische Erkrankungen gesprochen wird.

„Das ist nach wie vor ein striktes Tabu-Thema“, sagt etwa Uwe
Flohr von der Hilfe für psychisch Kranke e. V. Die Bonner
Organisation hilft denen, die seelisch krank sind. Wie es dazu kommt?
„Nehmen Sie den Druck in der Arbeitswelt, die ständige
Erreichbarkeit, die im Beruf zu gewährleiten ist. Ein rastloses Leben
voller Probleme. Das macht die Menschen krank. Dann gibt es vielerlei
Süchte, die die Seele kaputt machen. Die Mediensucht zum Beispiel. Es
ist nicht gesund, wenn bei den Menschen das Handy quasi am Ohr klebt
und ernsthaft darüber gesprochen wird, sich einen Chip ins Hirn zu
pflanzen, um jederzeit und immerzu gesprächsbereit zu sein. Das ist
unmenschlich und frisst die Seele auf.

Selbstverständlich gibt es eine Vielzahl weiterer Ursachen für eine
Depression, Drogen etwa. Oder Verlustängste, bei Kindern
Versagensängste in der Schule, Beziehungsstörungen, Geldprobleme.
Der Verein hilft über viele Maßnahmen, auch über ein Krisentelefon.
Wichtig ist auf jeden Fall jemand, der gesprächsbereit ist, der
zuhört. Ob in Einzelgesprächen oder mit Angehörigen-Gesprächen.
Denn auch Angehörige wissen mit psychisch Erkrankten wenig
anzufangen.

Bei der Station der Mut-Tour auf dem Friedensplatz waren die Fachleute
der Deutschen Depressionsliga und der LVR-Klinik Bonn dabei und boten
den interessierten Passanten ihre Zeit an. Für akute Fälle bietet
der Verein ‚Hilfe für psychisch Kranke ein Krisentelefon unter der
Rufnummer 08001110444 an. Das ist eine Hilfe für alle, die es nicht
schaffen, aktiv am Leben teilzuhaben und der Umgebung positiv zu
begegnen. Wie sagte doch Cordula? „Psychisch Kranke müssen erst
beweisen, dass sie krank sind. Sie warten ewig auf einen
Therapieplatz. Warum? Weil man ja nichts sieht von der Erkrankung.
Wenn Sie einen Arm gebrochen haben, sieht man das. Wenn Ihre Seele
krank ist, sehen Sie aus wie immer. So haben Sie ein
Glaubwürdigkeitsproblem pe se.“ Und dass, obwohl man einen Armbruch
rasch überwindet, eine seelische Erkrankung dagegen ohne Hilfe kaum.

- Harald Weller

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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