Inklusive Ferien
Das Museum als Ort vielfältiger Begegnung
Bonn - Sie liegen auf dem Boden, sitzen auf den Bänken oder in ihren
Rollstühlen mitten in einem Saal des städtischen Kunstmuseums und
malen ihr Lieblingshaus. Zuvor haben sie zusammen mit ihren
Werkstattleiterinnen Wulpekula Schneider und Kathrin Stangl die
ausgestellten Bilder der rheinischen Expressionisten angeschaut,
genauer gesagt die Häuser auf den Bildern. Jetzt haben sie die
Möglichkeit, das Gesehene, Empfundene, das gemeinsam Erarbeitete in
die eigene Phantasie umzusetzen. Sie, dass sind Kinder zwischen 6 und
14 Jahren, Kinder mit und ohne Behinderung, sei sie nun körperlich,
geistig oder Kinder mit Sprachhemmung. Sie alle sind vereint in der
gemeinsamen Arbeit des inklusiven Kinderferienangebots des
städtischen Kunstmuseums, das in diesem Sommer unter dem Thema Raum
und Architektur stand.
Was auffällt ist die Unbefangenheit, mit der die Kinder untereinander
umgehen. Zu zweit oder in kleinen Gruppen wird viel miteinander
geredet, es wird gelacht und von der ernsten Stimmung, die uns
Erwachsene so häufig beim Besuch eines Museums ereilt, von der
Ehrfurcht vor dem Kunstwerk ist bei den Kindern wenig zu spüren.
Dieser unbefangene Zugang zum Kunstwerk, aber auch zum Museum selber
und speziell zu den anderen Kindern, ob nun behindert oder auch nicht,
der Abbau von Hemmungen durch die gemeinsame kreative Arbeit ist das
Hauptziel dieses speziellen Ferienangebots, das das Städtische
Kunstmuseum dreimal im Jahr mit dem Verein für körper- und
mehrfachbehinderte Menschen Bonn e.V. (vkm-bonn) durchführt.
Das Museum wahrnehmen als Ort der Begegnung, des miteinander Erlebens,
Sehens, Empfindens. Und das nicht nur in Bezug auf die ausgestellten
Kunstwerke sondern auch in Bezug auf das Gebäude selber, auf die
verschiedenen Lichtzonen und das Zusammenspiel von natürlichem und
künstlichem Licht, das Erkennen spezieller Raumanordnungen und
Gänge, die die Räume verbinden und gleichzeitig auch trennen, kurzum
auf das, was man in aller Regel als gegeben nimmt und nicht weiter
reflektiert, was allerdings die Rezeption der ausgestellten Kunstwerke
nicht unwesentlich beeinflusst.
Dabei soll Kunst als etwas Anregendes angesehen werden, erfahren
werden als etwas, das verbindet, Gedanken und Sichtweisen erweitert
und das durchaus in der Lage ist, den Zugang zu sich und zu den
anderen Menschen positiv zu beeinflussen, Hemmungen abzubauen. Das ist
es, was man aus den Erklärungen von Sabine Leßmann, Leitung Bildung
und Vermittlung des Städtischen Kunstmuseums Bonn, und Sabine Issing
vom Vorstand des vkm-Bonn heraushört. Und selten kann man Motto des
vkm-Bonn Miteinander - füreinander treffender beobachten als hier im
Museum.
Seit der Eröffnung des Hauses im Jahr 1992 werden diese inklusive
Ferienprogramme angeboten. Dabei erhalten die Kinder mit
Assistenzbedarf über die Gruppenleitung hinaus noch eine individuelle
Begleitung, und es ist in aller Regel so, dass bereits nach kurzer
Zeit die Kinder untereinander behilflich sind und z.B. Rollstühle
schieben oder Handreichungen erledigen. Die Kosten für die
teilnehmenden Kinder richten sich nach der Gebührenordnung des
Museums, die übrigen anfallenden Kosten werden durch den Verein
vkm-Bonn und durch eine schon lang andauernde Förderung durch die
Sparda-Bank West gedeckt. Diese Förderung, so Ursula Wißborn,
Leitung Stiftung Kunst, Kultur und Soziales der Sparda-Bank West, und
Peter Goeke, Regionalleiter der Bank in Bonn, geschieht aus der
Überzeugung heraus, dass gerade durch die Beschäftigung mit Kunst im
Kindesalter und innerhalb einer inklusiven Gruppe das Verhalten und
der Umgang miteinander positiv gestaltet und gefördert werden kann,
und, wie das Beispiel des Ferienprogramms zeigt, gefördert wird.
Die nächste Veranstaltung im Rahmen der inklusive Ferienangebote
findet wieder Herbst statt.
- Rolf Thienen
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.