Hartz
Die Magie des Ausgenblicks
„Es ist die Magie des Augenblicks“, sinniert Ernst Ludwig Hartz.
Für ihn sind es magische Momente, die ihn bei einem Bühnenkonzert
ereilen: „Gerade war ich in Düsseldorf und habe die Stones gesehen.
Was die alten Männer immer noch auf die Reihe kriegen:
Fantastisch.“ Das Live-Erlebnis bei Konzerten mit zeitgenössischer
Musik, das ist der Grund, warum er auch nach 40 Jahren noch immer
brennt für seinen Knochenjob.
Angefangen hat alles am 14. Oktober 1977 in der Aula des Nicolaus
Cusanus Gymnasiums in Bonn Bad Godesberg. Tai Pan, Harvest, Muzak,
Future und Phönix standen auf der Bühne. „Und die Bude war
voll“, staunt Ernst Ludwig Hartz heute noch. Das war der Anfang. Und
dann hat es sich weiter entwickelt. Er hat vom wirklichen Leben
gelernt. Eine Ausbildung wie heute üblich etwa zum
Veranstaltungskaufmann hat er nie genossen. „Learning by doing war
das“. Er hatte allerdings gute Lehrmeister.
Peter Rieger etwa, legendärer Kollege. „Der hat mal gesagt, dass es
immer Konzerte geben wird. Weil es dabei diesen besonderen Moment
gibt.“ Und den gebe es, so Ernst Ludwig Hartz, den gebe es immer
noch. Na klar, die Zeiten haben sich geändert. Allein zu wissen, wer
wann wo auftritt, das war damals aufwändig zu ermitteln. Ohne
Internet, ohne You Tube. Auch das Konsumverhalten der Konzertklientel
habe sich gravierend verändert: Früher hat man sich zum
Plattenhören getroffen. Jede hat die Musik-Lieblinge mitgebracht. Da
waren Schallplatten ja teuer. Mein erstes Doppelalbum „Ummagumma von
Pink Floyd hat damals 29 D-Mark gekostet.“ Heute trifft sich keiner
mehr zum Plattenhören. Die Musik wird aus dem Internet geholt. Und
wenn man ein Konzert sehen will, guckt man You Tube. Bleibt das
Live-Erlebnis.
„Ich habe sie alle gesehen und sehr viele Künstler veranstalten
dürfen “, erinnert sich der Konzertveranstalter an legendäre
Gruppen. Er freut sich, wenn das Publikum während eines Konzerts das
tut, wofür es bezahlt hat: Nämlich Musik zu hören. Mitschnitte per
iPhone sind ihm ein Gräuel: „King Crimson zum Beispiel haben
Aufnahmen während eines Konzerts verboten. Nachher konnten alle alles
fotografieren, was sie wollten. Aber während des Konzerts sollten die
Leute sich darauf konzentrieren, was das Wesentliche ist: Die Musik.
Ist nicht heute alles nur noch ein Geschäft? „Ein Geschäft war es
immer schon. Beim Veranstalten von Konzerten kann man viel Geld
verlieren. Allerdings: Künstler, die was zu sagen haben, Stellung
beziehen, die gibt es immer noch. Vielleicht zu wenige. Aber es gibt
sie. Wenn man sie veranstalten will, braucht man ihr Vertrauen.
Künstler wollen gern kommen, sich auf das Konzert freuen. Dann wird
es am Ende auch gut.“
Seine Lieblingsband sind die Allmann Brothers. Aber heute konzentriert
er sich auf die Bands, die er in die Region holen kann. Etwa zu seinem
Kunst!Rasen, den er gemeinsam mit Martin Nötzel seit 2012
veranstaltet und betreibt. „Das war eine schwierige Geburt“, so
Ernst Ludwig Hartz. Folgende Situation. Konzertzelt am Museumsplatz
gestorben. Kein anderer Platz für Konzerte in Sicht. Bis auf den in
der Gronau. „Der damalige OB Jürgen Nimptsch hat mich in letzter
Minute angerufen und mir das Okay gegeben.“ Und alle waren
begeistert. „Damals hatten wir noch keine Schallschutzwand. Man
konnte während des Konzerts die Schiffe sehen, die den Rhein
befahren. Die Künstler selbst, wie auch Patti Smith, waren hin und
weg.“ Da ist sie wieder, die Atmosphäre, die so nur bei
Live-Konzerten rüberkommt.
Die Bonner Kulturszene funktioniere nahezu ausschließlich aufgrund
privater Initiative. „Es gibt nicht viele Angebote in der Stadt mit
mehr als 300.000 Einwohnern. Neben der Harmonie gibt es noch das
Pantheon, die Springmaus, Kult 41 oder die Jazz Galerie.“
Ob er das Museumsplatzzelt vermisst? „Es gab in den 16 Jahren, in
denen ich dort veranstaltete - 1996 bis 2011 -, schöne Momente und
tolle Konzerte. Etwa der erste Auftritt von Van Morrison, Nick Cave &
the Bad Seeds, die Ärzte, unvergessen Willy de Ville kurz vor seinem
Tod, Return to Forever (mein persönliches Highlight), Mike Oldfield
oder the Doors. Als es während des Konzerts ein Gewitter mit Blitz
und Donner gab, zogen sie den Song „Riders on the storm“ vor.“
Ernst Ludwig Hartz: Vom Gymnasium zu den Rheinterrassen, dann die
Stadthalle Bad Godesberg, die Biskuithalle, das Bizarre Festival,
Festivalreihen wie die WDR-Rocknacht, das Blues Festival, die Classic
Rocknacht. die Loreley.
Ein Kaleidoskop von Musik zieht vor dem geistigen Auge vorbei.
Rock-Ikonen. Blues-Koryphäen. Neue Talente, die er auch heute noch
aufbaut. Wenn das Publikum denn kommt. Und in Bonn dafür da ist.
„In Köln kann man andere Konzerte veranstalten als in Bonn, obwohl
beide Städte nur wenig auseinander liegen. Köln hat ein anderes
Publikum.“
Ein paar Namen noch, die ihm gerade so einfallen? „Neben den Allman
Brothers wären da zum Beispiel Pink Floyd, U 2, Jonny Cash, Rush,
Neil Young, Santana, David Bowie, Rory Gallagher, Phil Collins oder
Joe Cocker. Und die Classic Rock Nacht oder die zweite Open air Serie
Rockpalast Festivals auf der Loreley (1995 - 99). „
Wie lange der 57-Jährige den Stress noch aushält? „Ach, da gibt es
keinen Masterplan. Mal sehen. Ein paar Jahre werden‘s schon noch
sein.“
Ein paar Namen noch vielleicht, Leute, die er veranstaltet hat:
„Nick Cave, BAP, Jean Michel Jarre, Roger Chapman, Canned Heat, INXS
...“In der Harmonie war erst kürzlich Ian Hunter. ‚All the young
dudes‘. Der Mann ist 78. Aber eine Wahnsinnspower.“ Rock hält
jung.
Heute ist ihm in Bonn naturgemäß der Kunst!Rasen das Liebste. „Am
30.06. im nächsten Jahr startet der mit La Brass Banda und Querbeat.
Am 01.07. ist das Klassik-Picknick. Am 12.07. kommt Wincent Weiß das
zweite Mal auf den Rasen. Und am 19.08. freuen wir uns auf den
Freundeskreis. Insgesamt sind 14 Konzerte im Sommer 2018 geplant. Das
beste Konzert in diesem Jahr war Jean-Michel Jarre - die Licht- und
Lasershow war ganz großes Kino.“
Na ja, Bob Dylan war schon da auf dem Kunst!Rasen. Lou Reed auch. So
wie Jan Delay. Alles im ersten Jahr 2012. Aber es hört ja nie auf,
das Musikkarussell. „Die Bands müssen heute Konzerte geben. Der
Plattenverkauf stagniert. Auf der anderen Seite explodieren die Kosten
für Konzerte.“ Das Ganze muss ja auch für die Musikfreunde
darstellbar bleiben. Obschon: Die Stones in Düsseldorf ... Magische
Momente, bei denen „man weiß, warum man das tut“.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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