Klassiker modern inszeniert
Die Mauer besteht nur in den Köpfen

Foto: Harald Weller
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Tannenbusch - Sie hatten sich ein schwieriges Stück Weltliteratur vorgenommen: Der
Literaturkurs und die Musiksparte des Tannenbusch-Gymnasiums (Tabu)
wollten auf der Bühne zeigen, welchen Sinn die Geschichte von Romeo
und Julia in der Jetztzeit hat. Die Generalprobe zeigte ein Ensemble,
das mit Herzblut spielte und den Tiefgang der Geschichte eindrucksvoll
auslotete.

Kurz zum Original: William Shakespeare, der die Story wohl von einem
Roman adaptierte, schildert, wie eine mit Hindernissen gewachsene
Liebe an der Verbohrtheit der Gesellschaft  scheitert. Und mit vielen
Missverständnissen schließlich im Selbstmord der Protagonisten
endet.

"Broken Walls" heißt das Stück in der Neuinterpretation der
Tabu-Ensembles. "Es soll zeigen, dass die Mauern in den Köpfen auch
fallen können. Deshalb müssen Geschichten nicht unbedingt tragisch
enden", sagt Deutschlehrerin und Literaturkursleiterin Stefanie Heß.

Um die Story umzusetzen, bot das Tabu alle Ressourcen auf: Man übte
ein ganzes Jahr lang. Das Schauspiel wurde ergänzt von der Musik. Die
Musiksparte der Schule trat an mit ihrem Orchester, mit dem Chor und
mit der Big Band. Dazu gab es Video-Einspielungen. Und der
Ausdruckstanz auf der Bühne trug ebenfalls zum Verständnis der
großen Gefühle auf der Bühne bei. Rund 120 Akteure waren
aufgeboten, um zu zeigen, was Shakespeare heute zu sagen hat.

"Ich finde die Geschichte durchaus zeitgemäß", sagt Hauptdarsteller
und Romeo Kaspar. Er weiß, dass sich auch an der Schule bei
Gleichaltrigen vieles um die Liebe und die Beziehungen zwischen
Menschen dreht. Er kennt die Verwerfungen, die es mit sich bringt, bis
man seinen eigenen Weg im Leben gefunden hat. "Ich finde die
Geschichte cool", lächelt er. Ebenso sieht das seine Partnerin,
"Julia" Helai. "Das, was wir zeigen, gibt es auch an der Schule. Und
darüber hinaus sowieso." Alles also, bloß nicht angestaubt ist
Shakespeares Meisterwerk.

Das kam in zeitgemäßer Sprache über die Bühne. Dazu spielte die
Musik, die alle Facetten der Emotionen auf der Bühne nachempfinden
ließ. Es begann mit dem Schulorchester, das Tschaikowskys Ouvertüre
zum Ballett "Romeo und Julia" erklingen ließ. Stark, die ganze
Geschichte in nur 11 Minuten. Die musikalische Leitung der
Schulaufführung hatte Michael Roderius. Der trieb nach dem Auftritt
des Chores die Schul-Big Band zu Höchstleistungen. "Vor allem der
Mambo mit seinen verschrobenen Rhythmen hat uns viele Kopfschmerzen
bereitet", denkt er an die zahllosen Proben zurück. Der Mambo stammt
aus der "West Side Story", die sich thematisch eng an die
Shakespearsche Vorlage anlehnt. Faszinierend, wie zunächst der Song
"Gangsta's Paradise" von Coolio zu dem Stoff passt. Bei der Basslinie
zu dem Song rauschte vielen glatt eine Gänsehaut den Rücken runter.

Gefühlsmäßig hervorragend umgesetzt, sodass der schwierige Stoff
mit modernen Mitteln eingängig serviert wurde, das war die
Generalprobe zu Romeo und Julia am Tannenbusch-Gymnasium. "Zum Schluss
haben wir noch ein wenig Bollywood einfließen lassen", so Michael
Roderius. Das Stück endete mit "Imagine" von John Lennon.

Einfühlsames Schauspiel, ausdrucksstarker Tanz und mitreißende
Musik: Shakespeare kann kaum schöner sein. Dass die Mauern des
Bühnenbilds am Ende zusammenstürzen, nimmt da nicht Wunder. Die
Geschichte um Romeo und Julia fand in Tannenbusch abweichend vom
Original zwei Schlussszenen: Eine tragische. Und eine weitere, die dem
Wunsch der Schul-Dramaturgen entgegenkam: Das war ein Happy End. Das
bewies, dass Borniertheit nicht gewinnt. Sondern Toleranz und Liebe.
Wie im richtigen Leben?   

- Harald Weller

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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