Klimaprojekt im Tannenbusch-Gymnasium
Eine Zukunft soll‘s für alle geben
Parallel zur Weltklimakonferenz veranstaltet das Tannenbusch-Gymnasium
(Tabu) eine Projektwoche. Dabei legen die Pädagogen der Schule Wert
darauf, solche Lerninhalte aus ihrem jeweiligen Stoffgebiet
anzubieten, die sich exakt mit dem Klima und dem Klimawandel
auseinandersetzen. Zu Gast bei einer Jahrgangsstufe 9 erklärt Physik-
und Chemielehrer Dr. Klaus Peter Wirth, welche Experimente er
vorbereitet.
von Harald WellerTannenbusch. Den Physikraum betritt aber soeben
Lehrer Matthias Borchardt. Er hat ein gemeinsam mit seinen Schülern
entworfenes Modell dabei. „Hier sägen wir noch die Balkone rein,
und dann sieht das aus wie in Mailand. Was seine Jahrgangsstufe bauen
will, sind die senkrechten Gärten. Der italienische Architekt Stefano
Boeri hat einen normalen am Boden liegenden Garten aus der
Waagerechten in die Senkrechte transferiert. Ist zu sehen zum Beispiel
in Mailand. Heißt dort „bosco verticale“, zu Deutsch
„Senkrechter Wald“. Was gerade in Tannenbusch mit seinen
zubetonierten, versiegelten Flächen und den Hochhäusern eine
bestechende Idee wäre. Natur anstatt Beton. Das, so meinten die
Schüler, sei doch ein guter und sinnvoller Beitrag zur
Klimadiskussion. Deshalb bauen sie einen solchen Turm nach.
Zurück zu Klaus Peter Wirth: „Ich mache drei Experimente. Hier“,
sagt er und zeigt auf drei Erlenmeyerkolben, „hier drin sind drei
unterschiedlich gefärbte Flüssigkeiten. Wir strahlen die drei von
unten mit drei Halogenlampen an. Und messen dann die Temperatur. Was
das soll? Weiß reflektiert am besten. Da wird es also am wenigsten
warm. Soll heißen, wenn beispielsweise Eisberge schmelzen, ist das
Weiß weg. Es wird also wärmer. Und eben das will man ja verhindern.
Nächstes Beispiel: Zwei Schüsseln, eine mit Wasser, die andere mit
Sand gefüllt. Beide werden von oben bestrahlt. Ergebnis? Die
Schüssel mit dem Wasser wird weniger warm. Warum? „Weil Wasser
ausgleichend wirkt“. Heißt, sicher vereinfacht: Kein Wasser, kein
gesundes Klima. Das dritte Beispiel ist Bestandteil eines an die
Schüler verteilten Fragebogens. Eine Frage daraus lautet: „Wie viel
Fleisch essen Sie?“ Fleisch bedeutet in unseren Breiten vor allem
Massentierhaltung. Massentierhaltung bedeutet Verschwendung von
Ressourcen. Verzicht auf Lebensraum. Und die Vernichtung von Arten,
wenn die übliche wirtschaftlich interessante Monokultur in der
Landwirtschaft dazukommt.
Die Schüler der Jahrgangsstufe machen bei den Experimenten engagiert
mit. Engagierte Schüler beim Physikunterricht? „Ja, erst hat mich
das Thema nicht interessiert. Aber die Experimente zeigen, dass uns
das Thema Klimaschutz alle angeht. Gar nicht abstrakt, sondern ganz
konkret und hautnah,“ meint Emel. Florentin sitzt am Rechner:
„Hier wird bewiesen, dass Deutschland gar nicht so sehr das
Vorzeigeland in puncto Klimaschutz ist“, sagt er. Und beschäftigt
sich mit der Frage, was man denn dann besser machen könne.
Gönil ist buchstäblich ein Licht aufgegangen während der
Vorbereitungen zu den Experimenten. Sie weiß jetzt, dass Klimaschutz
nicht etwa ein abstraktes Thema zur Erbauung von Philosophen ist,
sondern ganz nah in Tannenbusch vor der Haustür eine Rolle spielt.
„Die Zukunft soll ja allen gehören“, meint Emel. Und Dania setzt
sich an ein Plakat, um die Erkenntnisse des Unterrichts
aufzuschreiben.
Das hier ist Physik zum Anfassen. Die Schüler erleben Zusammenhänge,
müssen die Diskussionen nicht anderen überlassen, sondern können
selbst mitreden.
Und zum Thema CO2-Ausstoß wird sich sicher der ein oder andere
überlegen, welches Stück Fleisch er demnächst wo kauft. „Ich
denke ja auch an unsere Kinder, eine Zukunft soll‘s ja für alle
geben“, ruft jemand dazwischen. Die anderen, gerade erst selbst den
Kinderschuhen entwachsen, lachen. Bis einigen von ihnen nach ein paar
Sekunden das Lachen im Hals stecken bleibt.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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