Viel Natur auf dem Münsterplatz
Frühlingsmarkt als Markt der Möglichkeiten
Bonn - (we) Auf dem Weg zum Münsterplatz schneite es muntere Flocken. Das
Wetter wusste nicht, dass der Frühlingsmarkt angesagt war. Da geht es
um die erwachte Natur. Um Pflanzen, Tiere und deren Zusammenleben mit
dem Menschen. Das gestaltet sich wie bekannt nicht immer
problemlos.
Während die Kinder auf dem Münsterplatz Behausungen für Wildbienen
und anderes Getier herstellten, wiesen die Greenpeacler an ihrem Stand
auf die Grundwasserverseuchung durch Gülle hin. „Jetzt kommen sie
wieder, die Holländer, und kippen ihre Scheiße auf unsere Felder“,
beklagte ein Greenpeacler. Greenpeace meckert aber nicht nur. Mit
ihrem Projekt „Pestizidfreie Kommunen überzeugen sie Kommunen
beispielsweise davon, bienenfreundliche Pflanzen zu ziehen. Und eben
in der Stadt auf Pestizide zu verzichten. Die Greenpeacler können
bereits zahlreiche Kommunen benennen, die diese Ziele erfolgreich
verfolgen.
Die Bio-Station Bonn/Rhein-Erft setzt sich seit Jahr und Tag für eine
gesunde Natur in Stadt und Region ein. „Wir haben den Eindruck, dass
das Interesse für den Naturschutz sprunghaft zugenommen hat“, freut
sich Gerrit Klosterhuis von der Station. „Wir zeigen hier auf dem
Münsterplatz einheimische Tiere, die ja kaum noch einer kennt“,
sagt er. Sein Kollege holt für uns einen fotogenen Feuersalamander
aus seinem Klein-Biotop. An einem anderen Stand erfahren wir später,
dass diese Art durch einen Pilz gefährdet ist. Der Pilz ist aus dem
Ausland eingeschleppt und lässt die Feuersalamander elend zugrunde
gehen. Auch Blindschleichen, Molche, die Gelbbauchunke und andere
Tiere sind hier live zu sehen. Sehr zur Freude besonders der Kinder,
die so was in ihrem Nintendo noch nie gesehen haben.
Und dann die Bäume. Gibt es eigentlich Bäume, die den aktuellen
Umweltbelastungen standhalten? In der Umgebung des neu konzipierten
Waldhauses auf dem Venusberg – ebenfalls mit einem Stand vertreten
– erfahren wir vom Amt für Stadtgrün, dass man sich hier sehr wohl
Gedanken macht um neue Arten. „Die Fichte ist tot. Auch der
einheimische Ahorn hat keine Chance auf dauerhaftes Überleben“,
sagen sie hier. Detlev Schroter hat dennoch eine schier endlose Liste
von Gewächsen, die stabiler sind gegenüber den Umweltbelastungen.
„Parotia persica“ etwa, der Baum mit dem sinnigen deutschen Namen
„Eisenholzbaum“ ist so einer. Aber auch bestimmte Sorten der
Hainbuche. Andere Buchenarten, die schon hier leben, haben dagegen
keine Chance. Sie gehen ein. Etwa auf dem Nordfriedhof oder im
Baumschulwäldchen hat man die neuen widerstandsfähigen Bäume
gesetzt. „Oder auch gleich hier um die Ecke vor dem Uni-Eingang. Da
gibt es ein paar Eichen. Eine Sorte, die keinen Stress hat mit den
Umweltlasten.“ Standortgerecht müsse eingepflanzt werden, sagt der
Fachmann. Und man müsse zur Klimaverbesserung viel mehr Bäume in die
Städte bringen. Viele der bekannten einheimischen Arten, etwa die
hiesigen Ahorne, hätten es dagegen schwer.
Insgesamt war trotz des eher spätwinterlichen als frühlingshaften
Wetters ein großes Interesse am Frühlingsmarkt festzustellen.
Tausende von Besuchern kamen. Wenn etwa Hobbygärtner wie Peter Ganter
aus Rheinbach auf der Fensterbank seltene Pflanzen züchten und hier
anbieten, ist vielleicht noch nicht Hopfen und Malz verloren für die
Natur. Voller Euphorie erzählt er von älteren Heilpflanzen wie der
„Angelika“ oder dem „Herzgespann“, beides gut gegen alle
möglichen Wehwehchen. Hier zu haben für 1,50 Euro.
Der Markt ist organisiert vom Bonner Amt für Stadtgrün. Die Stadt
bewirbt sich auch um das Label „Stadtgrün naturnah“, eine
Auszeichnung für vorbildhaftes Verhalten beim kommunalen Garten- und
Landschaftsbau. Die Initiative „Bonn blüht und summt“ erhielt
beim Frühlingsmarkt eine Auszeichnung der UN-Dekade für biologische
Vielfalt.
Viele Pflanzen – die meisten auf natürlichem Weg gezogen – sind
hier neben Accessoires für den Garten zu haben. Der Nabu wirbt für
seine Projekte, die Eifel für ihre naturnahe Region, die rheinische
Apfelroute lädt zum Kennenlernen ein und überhaupt: Es ist eine
Aufbruchstimmung zu spüren. Junge Eltern bringen ihren Kindern die
Natur näher. Ältere beichten über ihre Natur-Erlebnisse. Ein Markt
der Meinungen ist das hier. Auch ein Verkaufsmarkt. Aber schließlich
ebenfalls ein Markt der Möglichkeiten. Der Möglichkeiten für die
Heutigen, die Natur für die Morgigen zu erhalten.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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