Regelmäßige Mahnwache
Für die, die nicht gerettet werden konnten
Bonn - „Wir stehen heute hier, von der Seebrücke Bonn, von Sea-Eye Bonn,
von Jugend Rettet e.V. in Kooperation mit Weltoffen, und wir stehen
schon seit Wochen hier, um auf die prekären Situation und die
schlimmen Umstände auf dem Mittelmeer und den griechischen Inseln
hinzuweisen.“
So leitete Kai Echelmeyer, Vertreter der Seebrücke und Sea-Eyes seine
Rede ein. Seit Anfang Februar stehen die Aktivisten wöchentlich auf
dem Marktplatz und gedenken in einer Mahnwache den ertrunkenen
Flüchtenden des Mittelmeers. Zeitweise musste das Projekt aufgrund
von Corona unterbrochen werden, im Mai wurde durch ein Aktionsbündnis
mit weiteren Bonner Gruppen eine Dauermahnwache auf dem Münsterplatz
aufgestellt, doch seit kurzer Zeit hat die Seebrücke ihr Projekt
wieder aufgenommen. Dabei gehe es in erster Linie darum, Präsenz zu
zeigen und dem Thema Raum zu geben, so Echelmeyer.
300 Plätze in Bonns Flüchtlingslagern seien frei, per Ratsbeschluss
habe sich die Stadt im letzten Jahr zum sicheren Hafen erklärt, doch
passiert sei in der Politik bisher noch nichts. Und dabei säßen
40.000 Menschen im griechischen Lager Moria fest. Des weiteren fordert
die Mahnwache sicherere Fluchtwege über das Wasser. Zu diesem Zweck
verlasen Susanne Rohde und Ulrike Lehmann von Weltoffen Bonn einige
Namen ertrunkener Menschen des letzten Jahres, unter ihnen viele
Kinder.
Zunehmend angespannt ist die Lage besonders in den Reihen von Jugend
Rettet. Denn Italien hat zehn Crew-Mitglieder der Iuventa wegen
„Beihilfe zur illegalen Migration“ angeklagt, das Schiff gehört
der Organisation und hat zwischen 2016 und 2017 14.000 Menschen
gerettet. Nun stehen für die Crew bei Verurteilung 15 bis 20 Jahre
Haft und 12.000 Euro Bußgeld für jedes gerettete Leben aus. Unter
den Angeklagten befindet sich auch die Bonner Schiffskapitänin Pia
Klemp.
„Extrem schwierig bei der Seenotrettung auf dem Mittelmeer sind die
verschiedenen dort geltenden Gesetzteslagen, die sich teilweise
widersprechen“, erklärt Joachim Tisch, ein Mitglied bei Ärzte ohne
Grenzen e.V., das vor wenigen Jahren selbst auf einem Rettungsschiff
arbeitete. Darunter nannte er das Internationale Seerecht,
Gesetzeslagen der EU, sowie national geltende Unterschiede. Es sei
fast unmöglich, bei der Seenotrettung der Geflüchteten so zu
handeln, dass man es jedem recht mache.
Zurück in Bonn steht Anna Bartz wöchentlich für Jugend Rettet e.V.
auf dem Marktplatz und versucht, auf den Fall aufmerksam zu machen.
„Effektiv kann der Prozess nicht mehr verhindert werden, weil die
strafrechtlichen Ermittlungen schon seit drei Jahren laufen. Wichtig
ist, die Öffentlichkeit auf den Fall aufmerksam zu machen und die
Politik in Bonn dazu zu bewegen, das Thema aktiv aufzugreifen“, so
Bartz.
Doch Resonanzen auf die Mahnwache am Marktplatz lassen bisher noch auf
sich warten. So bald wie möglich möchte Echelmeyer die Projekte der
Seebrücke Bonn wieder ausweiten, Demonstrationen organisieren, sowie
Veranstaltungsreihen mit Vorträgen und Filmvorführungen starten.
Doch so lange das noch nicht möglich sei, würde man die
wöchentliche Mahnwache fortführen, versichert er.
Wer sich weiter informieren möchte, kann sich Mittwochs ab 18 Uhr auf
dem Marktplatz einfinden, oder auf die verschiedenen Webseiten
jugendrettet.org,
seebrücke.org,
sea-eye.org und
weltoffen-bonn.de gehen. Zum
Prozess erfährt man über
iuventa10.org alle wichtigen
Details.
- Julia Cürten
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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