Künstlergruppe Semikolon
Im Zeichen des Lebens

Die Textperformance im Haupt-Ausstellungsraum. | Foto: we
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  • Die Textperformance im Haupt-Ausstellungsraum.
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Bonn - (we) Eigentlich ist es ganz einfach: Wer verbinden will, was auf den
ersten Blick getrennt erscheint, der nutzt das Semikolon. Das ist der
Beistrich, den heute kaum noch jemand nutzt (;), weil heute kaum noch
jemand die formale Schriftsprache als Ausdrucksmittel benutzt.
Heutzutage würde man Emoticons anstelle des vergleichsweise strengen
Semikolons nutzen, etwa so: :-). Die Emoticons gab es aber vor 50
Jahren noch nicht. Also nutzte man den Beistrich, um formal zu
trennen, was inhaltlich zusammen hört. Und genau darum geht es bei
der Künstlergruppe Semikolon.

Nunmehr 50 Jahre alt, schaffen 13 Künstler und Künstlerinnen
eigenständige Werke, die doch thematisch zusammengehören. Das
dokumentieren sie in der Ausstellung „der halbe punkt“, die im
Künstlerforum Bonn bis zum 2. September zu sehen ist. Mit
Installationen, gemalten Bildern, Hochdrucken aufgrund von
Linolschnitten und auf alle möglichen Arten wie etwa Videos weisen
sie darauf hin, dass das Leben endlich, aber lebenswert ist. Und dass
man aufpassen muss, damit das so bleibt.

Die Semikolonalisten begreifen sich als gemeinsame Gruppe, die zwar
eigenständige Werke vollbringt, dennoch aber ein gemeinsames Anliegen
verfolgt. Und das heißt Humanität. Wie vielfältig solch ein Thema
umgesetzt werden kann, ist in der Ausstellung zu besichtigen. Die
reicht von der Installation der „atmenden Liegestühle“ von Olaf
Menke über die Linolschnitte von Carl Körner bis zu den
raumfüllenden Bildern von Nortrud Becher-König. Letztere erläutern
die Philosophie des halben Punkts, der zugleich trennt und verbindet.
Oder anders gesagt: Verschiedene Wege zum Erreichen ein- und desselben
Ziels aufzeigt.

Los ging die Ausstellung mit einer Text-Performance der gesamten
Gruppe. Nach Thomas-Mann-adaptierten Texten von Carl Körner -
thematisch an den Zauberberg von Thomas Mann und an Dr. Faustus
angelehnt - ging es dabei im Wesentlichen um das Wesen der Humanität.

Deutlich wird das Anliegen der Gruppe auch in den Bildern von Natja
Jander, die eine junge Frau zeigen, die am Abgrund steht und depressiv
auf ihr offensichtlich verkorkstes Leben zurückblickt. Das folgende
Motiv zeigt dieselbe Frau, wie sie über ihre Lebenshindernisse
hinwegspringt, lebensbejahend offensichtlich eine Perspektive für
sich entwickelt hat.

Diverse Lebenssituationen sind gefragt. Jerzy Moryto zeigt mit
„connect - disconnect“ das Drängen des Unruhigen, stets dem
Nächsten und Neuesten Verpflichteten, nach Ruhe.

Olaf Menke hat mit seinen atmenden Liegestühlen eine
Thomas-Mann-Hommage an dessen Zauberberg und das darin vorkommende
Sanatorium geschaffen. Auch hier geht es um die Zusammenhänge, die
ständigen Aufs und Abs im Leben. Dazu die schwarze Geige als
Erinnerung an den häufig zitierten Totentanz. Hier steckt eine
schwarze Geige tief im Morast. Zu Ende das Spiel, jetzt geht es ab
nach unten in das sinistere Totenreich, so die Allegorie. Soll
heißen: Dein Leben ist endlich, mach‘ was draus.

Street-Art-Künstlerin Barbara L. Mayer zeigt, warum sie glühender
Fan von New York ist. Fotos zeigen da Leben in der Stadt, eine
Modepuppe trägt New York-Motive und eine leuchtende Handtasche
symbolisiert den halben Punkt. Erica C. Kömpel zeigt die Dualität
der Welt, indem sie das Spannungsverhältnis von Arm und Reich
thematisiert, Rolf Lund verdeutlicht eine vermüllte Welt und warnt
vor dem Umwelt-Super-Gau, Tanja Schmiechen macht aus scheinbar
chaotischen Teilchen ein sinngebendes Ganzes und Sibel Akkulak-Dorsch
führt einen Videofilm mit nachdenkenswertem Inhalt vor.

Es geht um den Sieg der Humanität in einer zur Ver- und Zerstörung
neigenden Welt. Weitgehend unpolitisch, aber als Mahnung an die Welt
zu verstehen, es nicht zu übertreiben mit dem ‚Immer Mehr und immer
Schneller‘ und sich stattdessen auf Werte zu besinnen. Es geht immer
um das Leben, dessen Verlauf, seinen Wert und dessen Zukunft.

Die Gruppe Semikolon hat ihr Stammquartier im Kulturzentrum Hardtberg.
Nach 50 Jahren ist es nicht nur Zeit für einen Blick in die
Vergangenheit, sondern auch für einen Blick in die Zukunft. Die möge
gedeihlich sein.

Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!

Die Textperformance im Haupt-Ausstellungsraum. | Foto: we
Olaf Menke, Nortrud Becher-König und Carl Körner (vlnr.) vor den Linolschnitten von Carl Körner. | Foto: we
Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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