Sozialamt
Sich einfach mal frei fühlen
Bonn (we). „Es ist ein inklusiver Stammtisch“, sagt Sven
Günzel. „Hier kann jeder herkommen, ob ohne oder mit körperlicher
Behinderung.“ Und der Stammtisch funktioniert. Joachim redet gerade
von den Schwierigkeiten, als Rollstuhlfahrer die öffentlichen
Verkehrsmittel Bonns zu benutzen.
Brigitte spricht über den Minimalistenstammtisch im selben Lokal.
Kathrin verrät, dass sie vor zwei Jahren aus Bielefeld hierher
gekommen ist, in der Hoffnung, dass sie hier operiert werden könne.
Die Hoffnung hat sich leider nicht erfüllt. Jetzt aber sucht sie eine
neue Herausforderung bei der Arbeit. Und eine ehrenamtliche Kraft, die
für sie einkaufen geht. Jemand anders erzählt von Projekten, die
Rollstuhlfahrer mobiler machen sollen.
„Wir haben eine offene Atmosphäre, gelegentlich aus der Einsamkeit
heraus zu kommen, Lebenslust zu vermitteln. Wir haben hier eine
Lotsenfunktion.“ „Ich suche hier vor allem Kontakt zu
Gleichgesinnten“, meint Kathrin, die zum ersten Mal hier ist. Sie
fühlt sich noch fremd in der ungewohnten Umgebung. Will hier Freunde
finden. Auch Severin will Kontakte knüpfen. Er ist mit Begleitung
hier. „Zudem brauche ich aber auch Informationen, was es Neues gibt
für Behinderte“, sagt er.
Da ist sie, die Lotsenfunktion, die Sven ansprach. Es ist ein
komplexer rechtlicher Weg, den Behinderte beschreiten. Da muss man
schon Bescheid wissen, um „Teilhabe zu gewinnen“. Teilhabe am
Leben, Teilhabe am sozialen Dasein eines Menschen. Der Stammtisch
trifft sich monatlich donnerstags ab 18 Uhr. Man kann ohne
Ankündigung erzählen, was man will. Mit Sven etwa kann man ohne
Probleme über Gott und die Welt sprechen. Oder den Sinn bzw. Unsinn
des Lebens im Allgemeinen und im Besonderen ergründen. Man ist unter
Freunden, die sich auf Anhieb verstehen.
Tabus in Sachen Gesprächsthemen gibt es nicht. „Das ist ein
niederschwelliges Angebot“, meint Sven, der berufsmäßig Behinderte
berät. Beim Stammtisch geht es darum, gedankliche Unabhängigkeit zu
gewinnen. Sich frei zu fühlen, als Mensch wahrgenommen zu werden.
Sich anderen Interessen zu öffnen.
Es könnten ein paar mehr Besucher sein, die ohne Behinderung sind und
den Weg zu uns finden“, meint Sven. Er hat einen weiteren Stammtrish
gegründet. Den gibt es immer noch, jetzt von Brigitte geleitet. Auch
der tagt in der Pauke und heißt „Minimalistenstammtisch“. Was das
heißt? „Auf alles Überflüssige zu verzichten“, erklärt sie.
„Was braucht man denn wirklich? Reicht nicht eine kleinere Wohnung?
Und die Einrichtung. Was braucht man außer Tisch, Stuhl und Bett?
Oder die Umwelt. Wie reduziert man Müll? Bei uns wird so viel
weggeworfen. Viele Leute sehen nur aufs Äußere und vergessen dabei,
dass sie Menschen sind. Mit eigenen Werten, die nichts mit materiellem
Besitz zu tun haben.“
Wie wär‘s? Ob als Minimalist oder als Inklusiver bei deren
Stammtisch? Herzlich willkommen in der Pauke sind sie
alle.www.pauke-life.de
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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