Ein Alligator in Paris
„Tropic Telecom“ bis zum 15. November im Kunstmuseum
Bonn - Ihre Installation „Tropic Telecom“ hat die Gewinnerin des sechsten
Bonner Kunstpreises 2019 Nico Joana Weber im Kunstmuseum Bonn
vorgestellt. Ihren Film sowie die eigens dafür konzipierte
Raumausstattung realisierte Weber durch ein Arbeitsstipendium in Paris
und London sowie durch das zusätzliche Preisgeld von 5.000 Euro.
„Der Bonner Kunstpreis ist aus der Wichtigkeit heraus entstanden,
neben den nationalen und internationalen Aktionen, die wir im
Kunstmuseum Bonn haben, auch regionale und lokale Akzente zu
setzen“, so Prof. Dr. Stephan Berg, Intendant des Museums. Seit 2009
ermöglicht das Ehepaar Bohn alle zwei Jahre im Rahmen des
Kunstpreises ein sechsmonatiges Stipendium von 10.000 Euro in einer
europäischen Metropole und ein Preisgeld von 5.000 Euro, um dem
Kunstmuseum Bonn den Ankauf des Projekts zu ermöglichen und an dessen
Realisierung teilzuhaben. In Nico Joana Webers Fall brachte die
Umsetzung einige neue Herausforderungen mit sich.
„Durch die bekannten schwierigen Gegebenheiten ist es uns erst vier
Monate verspätet gelungen, das Projekt zu beenden und die Ausstellung
zu eröffnen“, erklärt Dr. Barbara Scheuermann, die als Kuratorin
das Projekt von der Projektskizze bis zum vollendeten Werk begleitet
hat.
Webers Kunstfilm nimmt Bezug auf einen Albino-Alligator, der im Keller
des Palais de la Porte Dorée lebt und im Zuge einer 3D-Nachbildung
seinen Käfig verlässt, um durch verschiedene architektonische,
koloniale Reste in der Pariser Umgebung zu spazieren. Durch die Exotik
des Alligators und die Ästhetik der dargestellten Architektur sollen
Reibungspunkte zwischen moderner Gesellschaft und Natur deutlich
werden. Mit den Resten des Kolonialismus sind ebenso die Einflüsse
auf die moderne und historische Immigrationspolitik gemeint. Gleiches
gilt für die Raumausstattung, die durch Bambusstöcke und
mathematisch architektonische Körper den Kontrast des Filmes auf die
Zuschauerebene überträgt.
Für die Dreharbeiten ist Weber 1,5 Monate in Paris gewesen.
Anschließend ist sie in Zusammenarbeit mit dem DNEG Greenlight
Trainee Programme in London gewesen und hat die 3D-Animation sowie die
verschiedenen Spezialeffekte begleitet. Sie habe nicht damit
gerechnet, auf so viel Arbeitsaufwand zu stoßen. Durch Corona habe
sich alles erheblich verlängert und wurde erschwert, das bekräftigt
auch die Künstlerin. Dennoch sei sie froh gewesen, das Projekt
auszugestalten, dass sie bereits seit 2012 bei einem Besuch in Paris
im Kopf gehabt habe.
„Besonders spannend finde ich die Vergänglichkeit, die mir während
der Arbeiten deutlich vor Augen geführt wurde. Viele Dinge, die ich
damals fotografiert habe, gibt es heute so gar nicht mehr.“ Auch im
Zuge ihrer Projektskizze ist Weber selbst herumgefahren und hat die
Architektur inspiziert, um den überwältigenden und surreal
märchenhaften Charakter herauszuarbeiten, der für ihren Film
vorgesehen war.
Wer an dem Projekt interessiert ist, der kann die Installation und den
Film für den regulären Eintrittspreis von 7 Euro im Kunstmuseum Bonn
sehen oder sich im Internet auf den Seiten
www.kunstmuseum-bonn.de/ausstellungen/aktuell
oder
www.nicojoanaweber.com
über die Künstlerin und ihr Werk informieren.
- Julia Cürten
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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