Klöppel küsst Glocke
Zu Besuch im Glockenturm des Münsters
Bonn - (we). Michael Plitzner nimmt den musikalischen Fingerabdruck. Da,
wo die Glocken im Turm des Bonner Münsters Zuhause sind, will er im
Auftrag des Kirchenvorstands wissen, was die Glocke geschlagen
hat.
„Wir können mit den von uns entwickelten Messverfahren exakt
messen, ob eine Glocke zu stark belastet wird oder nicht. Ob der
Klöppel exakt geführt wird. Ob er so sanft anschlägt, wie es sein
muss, damit die Glocke Hunderte von Jahren hält.“ Sein
Europäisches Kompetenzzentrum für Glocken in Kempten hält
Messverfahren bereit, die ähnlich sensibel sind wie die Glocke
selbst.
Der Klöppel der 2. Glocke im Glockenstuhl des Münsters allein wiegt
62,5 Kilo. Wenn die tonnenschwere Glocke dann in Schwingung kommt,
heißt es: Volle Deckung. Wo die trifft, da wächst kein Gras mehr.
„Wir wissen zum Beispiel genau, wie belastbar Bronze ist. Die
Glocken hier sind aus Bronze gefertigt. Wenn sie zu stark belastet
werden, können sie innerhalb weniger Jahre kaputt gehen, reißen. Ein
Beispiel dafür ist der dicke Pitter am Kölner Dom. Der hing gerade
mal einige Jahrzehnte. Dann war er kaputt, die Glocke gerissen.“
Im Rahmen der Sanierung des Bonner Münsters war der Wunsch geboren
worden, die Glocken in die Untersuchung der Substanz des Gebäudes
einzubeziehen. Die beiden Fachleute von ECC-ProBell bleiben eine Woche
lang in Bonn. Und, welche Ergebnisse gibt es? „Das müssen wir erst
mal in Ruhe analysieren. Eins kann man jetzt schon sagen: Hier kann
man mit relativ geringen Mitteln einen Erfolg erzielen. Etwa den
Klöppel zentrieren.“ Regelrecht kaputt ist wohl nichts. Dass die
Glocke, die gerade untersucht wird, etwas derangiert aussieht, ist dem
Zweiten Weltkrieg geschuldet. „Damals hat man die Glocken zur
Sicherheit aus dem Glockenstuhl geholt. Dabei sind sie wohl etwas
unsanft aufgesetzt worden. Aber nennenswerte Auswirkungen auf
Haltbarkeit und Klang haben diese Beschädigungen nicht.“ Das belegt
er gleich am Computer, mittels dessen die Messergebnisse aufgezeichnet
und ausgewertet werden.
Die Glocke Nr. 2 – Sie ist 263 Jahre alt – tut also klaglos ihren
Dienst. Man misst die Beschleunigung des Klöppels und misst, wie er
an die Glocke anschlägt, ob er sie regelgerecht „küsst“. Dann
die Belastung der Glocke durch die Schwingungen, den Klang. Eben
alles, was an solch einer Glocke zu messen ist. Auch die
Turmschwingungen sind nicht ohne. Die Glocken hängen ja oben im Turm.
Der schwingt mit, sobald das Geläut ertönt. Die tonnenschweren
Glocken bringen auch die Kirche selbst in Schwingungen. Gut, dass man
heute so etwas messen kann.
Das meint auch Kirchenvorstand Michael Bogen: „Ich bin froh, dass
wir die Untersuchungen in Auftrag geben haben“, meint er. Durch die
neuen Methoden von ECC-ProBell weiß man anschließend, dass man auf
der sicheren Seite ist. Dass also die Glocken nicht nur rein und
süß, sondern auch sicher und nachhaltig klingen. Und wie ist es so
im Glockenturm? Na ja, gemütlich ist anders.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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