Don Bosco hilft Kindersoldaten
Auf dem Weg zurück ins Leben
Bonn - (we). Die Hilfsorganisation Don Bosco der Salesianer kümmert sich
unter anderem in Kolumbien um ehemalige Kindersoldaten. Die sind im
Rahmen des - brüchigen - Friedensvertrages zwischen Regierung und
Guerilla frei gekommen. Und kämpfen jetzt einen anderen Kampf: Den um
die eigene Rückkehr in die Gesellschaft...
50 Jahre lang haben sie sich mit allen Mitteln bekämpft, die
kolumbianische Regierung und die Rebellen. Mit in den Kampf integriert
waren Kindersoldaten. Und so kam es dazu: Catalina ist mit 13 von
Zuhause weggelaufen. Weil sie es nicht mehr aushielt. Mit einem Vater,
der sie vergewaltigen wollte. Und einer Mutter, die einfach wegsah.
Dann schloss sie sich der Rebellentruppe an. Aus Mutlosigkeit.
Einfach, weil sie irgendwo hingehören wollte. Für drei Jahre war sie
bei den Rebellen. Dachte: „Auf was habe ich mich da eingelassen?"
Sah aber keine Alternative. Hier im Camp lernte sie einen jungen Mann
kennen. Die beiden verlobten sich. Dann kamen die Hubschrauber. Der
junge Mann schrie: „Renn! Renn! Renn!" Und sie rannte um ihr Leben,
bis sie nicht mehr konnte und bewusstlos wurde.
Den jungen Mann hat sie nie wieder gesehen. Bis auf sein Geschenk an
sie, eine Halskette, hat sie nichts übrig behalten. Jetzt kämpft sie
bei Don Bosco um ein Leben ohne Traumata. Was sie träumt, wenn sie
allein im Bett liegt? „Ich träume von einer Familie. Ich will nur
ein ganz normales, einfaches Leben führen. Mich an kleinen einfachen
Dingen erfreuen. Eine Ausbildung machen. Und den inneren Frieden
finden. Nur dann ist es auch möglich, außen Frieden zu halten." Als
Hobbies nennt sie tanzen. Und Musik. Flamenco.
Manuel hatte einen Bruder. Der sein großes Vorbild war. Nur, der
hielt sich nicht an Regeln, war ungehorsam. Deshalb musste er sterben.
Manuel konnte ihm beim Sterben quasi zusehen. Der große Bruder
verabschiedete sich mit allen guten Wünschen für seine, Manuels,
Zukunft von ihm. Und sie brachten ihn um. Manuel, nun völlig
entwurzelt, lebte auf der Straße. Und schloss sich der Guerilla an.
Die kümmerte sich um ihn. Natürlich aus Eigennutz: „Irgendwann
bist du kein Mensch mehr. Das Töten, erst mit Angst verbunden, wird
zur völligen Normalität. Du lebst bei der Guerilla von der Hoffnung,
dass es mal aufhört. Es bleibt ja keine Alternative. Ich will ganz
einfache Sachen. Mich freuen können. Es wieder zu lernen, was es
heißt, sich zu freuen. Ohne Angst, dass man verfolgt wird."
Die Träume von einer Perspektive, von einer Wiederaufnahme in die
Gesellschaft, sind also wieder zurück. Das ist bei stark
traumatisierten Menschen ja keine Selbstverständlichkeit. Dass die
beiden den Weg bis dahin geschafft haben, ist ein Verdienst von Don
Bosco. Die Organisation unterhält seit 15 Jahren ein Schutzprogramm
für Kindersoldaten, Mehr als 2.300 Kinder haben das Programm
erfolgreich durchlaufen. Bei 85 Prozent von ihnen ist die
Re-Integration erfolgreich. Die Kinder werden behandelt von
Psychologen, Ärzten, Pädagogen. Und von Patres begleitet.
Psychologisch und in sozialer Kompetenz geschult. Sie erhalten die
Werte zurück, die sie entweder nie hatten oder die verloren gegangen
waren. In Medellin hoffen alle, dass der mühsam ausgehandelte
Friedensprozess fortschreitet. Catalina und Manuel sind derzeit auf
Europareise. Ihre Erlebnisse sind verfilmt worden. Der so entstandene
Film trägt den Titel „Alto el fuego" (Waffenstillstand) und ist auf
der Website von Don Bosco zu sehen (www.donbosco.de).
Was sie erlebt haben, lässt sich für Außenstehende sicher nicht
nachvollziehen. Sie haben der Bestie Mensch Auge in Auge
gegenübergestanden. Gemetzel überstanden. Dinge gesehen und erlebt,
die kein Mensch auf der Welt – geschweige denn ein Kind –sehen
sollte. Sie sind beide auf dem Weg in die Eigenständigkeit. Ob es
Hoffnung gibt? Beide lachen. „Es ist gut, für sich selbst
Verantwortung zu tragen. Eigenständig zu sein. Vertrauen zu haben."
Beide sind jetzt 19. Haben wieder Interesse am Leben, Empathie für
andere. Besitzen eine Perspektive als Mensch. „Im Camp verwandeln
sie dich in eine Waffe", sagen sie. Heute haben sie wieder Gefühle.
Sowie persönliche Ziele. Sie fühlen, dass sie auf einem guten Weg
sind. Dem richtigen.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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