Klimawandel
Aus der Erdgeschichte lernen

Prof. Dr. Nikolaus Froitzheim vom Institut für Geowissenschaften und Meteorologie der Universität Bonn. | Foto: Froitzheim
  • Prof. Dr. Nikolaus Froitzheim vom Institut für Geowissenschaften und Meteorologie der Universität Bonn.
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Bonn - (red) Beim Weltklimagipfel der Vereinten Nationen in Katowice
(Polen) verhandeln Vertreter von rund 200 Staaten noch bis zum 14.
Dezember darüber, wie die Erderwärmung möglichst auf unter zwei
Grad, besser noch auf 1,5 Grad begrenzt werden kann. Der Geologe Prof.
Dr. Nikolaus Froitzheim vom Institut für Geowissenschaften und
Meteorologie der Universität Bonn warnt mit Blick auf die
Erdgeschichte vor den Folgen der Klimaerwärmung.

Woher kommt der von Menschen gemachte Klimawandel?
Froitzheim: In den vergangenen 540 Millionen Jahren der
Erdgeschichte wurde der Atmosphäre sehr viel Kohlendioxid entzogen,
indem es in Sedimentgesteinen unter Meeren, Seen und Sümpfen
eingeschlossen wurde. Daraus sind später Lagerstätten für Erdöl,
Erdgas und Kohle entstanden. Die Menschheit befördert nun dieses
gespeicherte Kohlendioxid durch Verbrennen von Kohle, Gas und Öl –
aber auch durch das Brennen von Kalkstein für die Zementproduktion
– mit rasanter Geschwindigkeit zurück in die Atmosphäre. Die
Folgen für das Weltklima sind katastrophal.

Welche Folgen hatten abrupte Klimaänderungen in der
Erdgeschichte?

Froitzheim: Solche Klimakatastrophen hat es in der Erdgeschichte
mehrfach gegeben. An der Wende vom Perm zur Trias vor rund 251
Millionen Jahren kam es zum größten Massensterben von Tieren und
Pflanzen in der Erdgeschichte. Als Ursache wird ein großer
Vulkanausbruch in Sibirien angenommen, bei dem sehr viel Kohlendioxid
freigesetzt wurde. Wahrscheinlich gerieten zusätzlich noch
Kohleflöze in Brand, die weitere Treibhausgase freisetzten. Nach
solchen Aussterbeereignissen hat sich das Leben auf der Erde immer
wieder erholt. Die menschliche Zivilisation würde aber eine solche
Katastrophe absehbar nicht unbeschadet überleben.

Wie schnell läuft die aktuelle Erderwärmung im Vergleich zu
Beispielen aus der Erdgeschichte ab?

Froitzheim: Von Untersuchungen zum Beispiel an Eisbohrkernen und
Tiefseesedimenten wissen wir, dass gegenwärtige die Erde mindestens
zehn Mal so schnell erwärmt, wie es an den Übergängen zwischen
Kalt- und Warmzeiten in der jüngeren Erdgeschichte der Fall war.

Welche Beiträge leistet Ihre Arbeitsgruppe zur
Klimafolgenforschung?

Froitzheim: Dr. Michael Weber aus meiner Arbeitsgruppe hat vor rund
einem Jahr zusammen mit einem internationalen Wissenschaftlerteam
herausgefunden, dass es vor rund 15.000 Jahren zu einem abrupten
Meeresspiegelanstieg von mehreren Metern durch teilweises Abschmelzen
des Eisschildes in der Antarktis kam. Damals führten Änderungen in
der atmosphärisch-ozeanischen Zirkulation zu einer kalten Schicht an
der Meeresoberfläche und einer warmen darunter. Dadurch tauten die
Eisschilde von unten stärker auf, als wenn der umgebende Ozean besser
durchmischt ist. Genau dieser Auftau-Effekt vollzieht sich momentan
rund um die Antarktis.

Was muss geschehen, um das Zwei-Grad- oder besser noch das
1,5-Grad-Ziel zu erreichen?

Froitzheim: Es gibt nur zwei Wege. Die Regierungen müssen sich auf
ambitionierte, verbindliche und klare Klimaziele einigen und diese
auch erreichen. Darüber hinaus ist natürlich jeder gefragt: Weniger
Fliegen, weniger Autofahren und weniger Fleisch essen helfen ebenso
wie die verstärkte Nutzung von regenerativen Energiequellen, um die
Klimaziele zu erreichen.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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