Lebendige Geschichte
Berufskolleg hatte Alfred Grosser eingeladen
Duisdorf - (who) Er ist Publizist, Politikwissenschaftler und Zeitzeuge. Vor 92
Jahren als Sohn einer jüdischen Familie in Frankfurt am Main geboren,
wurde Alfred Grosser als junger Gymnasiast von seinen
Klassen-„Kameraden“ verprügelt. Er wanderte mit seinen Eltern
nach Frankreich aus und die Familie flüchtete 1940 erneut nach
Südfrankreich. Als Kriegsüberlebender und junger Student machte sich
Grosser auf zur Spurensuche im besetzten Deutschland, um nach den
„anderen“ Deutschen zu suchen. Nicht nach „den“ Deutschen, die
damals in Frankreich zutiefst verhasst waren. Als mehrfachen
Buchautoren, dessen Bücher in deutscher und französischer Sprache
erschienen sind, als Publizist und Kolumnist in mehreren
Tageszeitungen und im Fernsehen, war er ab 1955 Inhaber eines
Lehrstuhls am Institut d’études politiques de Paris und wurde 1992
als Studien- und Forschungsdirektor an der Fondation nationale de
sciences ploitiques ernannt.
Aufgrund seines Werdegangs hat er sich seit der Nachkriegszeit für
die deutsch-französischen Beziehungen eingesetzt und war einer der
Wegbereiter des Elysée-Vertrages. Als Vertreter vonseiten des
Berufskollegs saßen Schüler der Höheren Handelsschule, des
Wirtschaftsgymnasiums und der Fachoberschule im proppenvollen
Auditorium. Nach der kurzen Einführung durch Schulleiter Dirk Thomas
konnte man merken, dass sich die Schüler im Unterricht gut auf diese
Veranstaltung vorbereitet hatten. Thematisch ging es u.a. um die
deutsch-französischen Beziehungen, die Einwanderung, die Zukunft
Europas sowie um den Brexit.
Darüber hinaus dürfe man auch mit der Türkei nicht weitere
Beitrittsverhandlungen führen, denn ein Land, in dem es keine
Menschenrechte gibt, dürfe nicht Mitglied in der EU sein. England
wird nach seiner Ansicht in der EU bleiben. „Ich komme in zwei
Jahren wieder und dann seht ihr, dass ich Recht behalten habe“,
versprach Grosser, der sich mit seinem teils launigen Vortrag die
Aufmerksamkeit der Schüler sicherte. Sein Freund Wolfgang Schäuble
habe einmal gesagt, dass es ein Europa mit verschiedenen
Geschwindigkeiten geben sollte.
Da auch andere Mitgliedsstaaten mittlerweile ihre eigene Meinung
haben, die oft national geprägt ist, man denke hier z.B. an Ungarn
oder Polen, gibt es kaum noch ein Miteinander in der EU, in dessen
Parlament nicht deren Vertreter, sondern die Staaten das Sagen
hätten. Zur Frage der deutsch-französischen Beziehungen hoffe er,
dass die europäische Seite das Sagen behalte. Viele Wähler wählen
aus „Angst“, aber dann oftmals das Falsche. Man dürfe nicht
verallgemeinern mit z.B die Deutschen oder die Muslime. Man müsse das
immer individuell sehen, denn es gibt keine kollektive Schuld, die man
denen zusprechen könne.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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