2. Beethoven-Jubeljahr startet mit musikalischer Weltklasse
Daniel Barenboim zu Gast
Bonn - Er hat eine eigene Weltsicht. Mit der er häufig aneckt. Allein das
macht den Dirigenten und Pianisten Daniel Barenboim zu einem
kongenialen Interpreten des Freigeistes Ludwig van Beethoven.
Gemeinsam mit dem seinerseits 1999 gegründeten „Divan-Orchester“
mit Musikern aus Israel und den annektierten palästinensischen
Gebieten gastierte der Weltstar der klassischen Musik in Bonn. Hier
gab es zum Tauftag Beethovens am 17. Dezember ein Jubiläumskonzert,
mit dem zugleich das 2. Jahr des Beethoven-Jubiläums zu dessen 250.
Geburtstag startete. Dies Konzert mit Beethovens 5. Sinfonie
(Schicksalssymphonie) im Mittelpunkt wurde weltweit im Rundfunk
übertragen und von Streamingsdiensten adaptiert.
Bereits die Probe geriet zum musikalischen Leckerbissen. „You all
have a wonderful brain. So, use ist“ mahnte der Meister des Pults
seine Eleven ein ums andere Mal. Der Maestro strebt nicht nach
Perfektion im Sinne eines peniblen Nachspielens von Noten, er will
vielmehr die Musik zum Leben erwecken. Und dazu hielt er die Seinen,
allesamt Profis von hohen und höchsten musikalischen Gnaden, zu mehr
Gefühl für das Werk Beethovens an. Ein Erlebnis für jeden, der
dabei sein durfte.
Nicht weniger beeindruckend waren die Aussagen Daniel Barenboims beim
den Proben anschließenden Pressemeeting. „Beethovens Musik ist für
die Ewigkeit, zeitlos“, machte Daniel Barenboim den Unterschied
Beethovens zu anderen Komponisten aus. Kultur sieht er als
Durchdringung des Wesentlichen. Alles andere sei dem schnöden
Zeitgeist geschuldet. KI, Klimawandel usw. seien wichtig, aber
lediglich Randerscheinungen für das, was Wesentlich ist: Die
Musik.Sie allen habe die verbindende Wirkung, die die Menschheit
brauche. Vor allem in Zeiten der Pandemie sei ein gemeinsames
Grundverständnis des menschlichen Seins erforderlich. Daniel
Barenboim verkörpert ein tiefes humanistisches Verständnis, wenn er
Musik als Friedensprojekt kennzeichnet und meint, dass vieles in der
Jetztzeit hohles Gerede sei und das Wesentliche, der Inhalt und der
Sinn des Ganzen, zu kurz komme.Der Beethovenschen Schicksalssymphonie
gegenüber hat Daniel Barenboim ein spezielles Verständnis: Beethoven
hat seiner Meinung nach seinen eigenen inneren Kampf vertont, von der
Ruhe zur Vorbereitung bis zum triumphalen Schlusssatz. Der Sieg des
Menschen über sich selbst werde damit symbolisiert. Von
schicksalhaften Verwicklungen keine Spur. Das Schicksal ist ohnehin
nicht von Beethoven selbst beschworen worden. Er, im Ertauben
begriffen, wollte seine Musik als Triumph des Menschen, als
Siegeshymne verstanden wissen. Man müsse Musik immer im zeitlichen
Kontext verstehen, meinte Daniel Barenboim in Bonn. Davon gebe es eine
einzige Ausnahme: Beethoven.
Daniel Barenboim ist ein in Argentinien geborener Pianist und Dirigent
von Weltgeltung. Im Alter von fünf Jahren spielte er sein erstes
Konzert. Seine Historie als Dirigent ist eine schier endlose
Geschichte die in einer Gemeinsamkeit mündet: Sie kennzeichnet die
absolute Weltklasse dessen, was in der klassischen Musik heute
möglich ist. Ein Geschenk für alle, die Daniel Barenboim als Mensch
und als Musiker erleben durften. Und Beethovens Ewigkeitsmusik
genießen.
- Harald Weller
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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