Wie wird Bonn klimaneutral?
Das 1,5 Grad-Ziel vor Augen

Mit einem Umfagreichen Programm und zahlreichen Maßnahmen will - und kann - Bonn bis zum Jahr 2035 klimaneutral werden. | Foto: pixabay
  • Mit einem Umfagreichen Programm und zahlreichen Maßnahmen will - und kann - Bonn bis zum Jahr 2035 klimaneutral werden.
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Bonn (red). Es ist ein ambitionierter Plan: Bonn will bis 2035 klimaneutral werden. Die Stadt hat jetzt einen Klimaplan vorgelegt, welcher aus Sicht der Verwaltung zeigt: Das ist ambitioniert und voraussetzungsvoll, aber möglich!

Seit dem Beschluss zur Klimaneutralität im Jahr 2019 hat die Stadt bereits zahlreiche Klimaschutzmaßnahmen auf den Weg gebracht. Zu den wichtigsten zählen das Förderprogramm Photovoltaik, die Solarpflicht für bestimmte Neubauten sowie zahlreiche Aktivitäten zur Mobilitätswende. Oberbürgermeisterin Katja Dörner erklärt: „Dies sind erste wichtige Schritte auf dem Weg zur Klimaneutralität, doch um das Ziel zu erreichen, muss noch mehr geschehen. Vor allem brauchen wir eine systematische Herangehensweise, die uns zeigt, welche Aktivitäten das größte Einsparpotenzial bieten und somit oberste Priorität haben.“

Deshalb hat die Verwaltung ein externes Konsortium von Gutachtern und Wissenschaftlern mit der Erarbeitung einer umfassenden Strategie beauftragt, den „Klimaplan 2035“. Sämtliche Dezernate und Ämter sowie städtische Beteiligungsgesellschaften wie Bonnorange, die Stadtwerke oder die VEBOWAG waren daran beteiligt.

Oberbürgermeisterin Katja Dörner fasst zusammen: „Klimaneutralität bis 2035 ist möglich, sofern die Aufgabe als gesamtstädtisches und gesamtgesellschaftliches Projekt angepackt wird und die Rahmenbedingungen stimmen – diese werden zum Teil auch auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene gesetzt. Große Investitionen und Anstrengungen der gesamten Stadtgesellschaft sind nötig, die sich aber insgesamt auszahlen werden. Denn der Klimaplan ist auch ein umfassendes Stadtentwicklungsprogramm, das die Stadt sozial gerechter ausgestalten kann. Bonn kann 2035 leiser, grüner, gerechter, sicherer, lebenswerter sein.“

Projektleiter Bernd Tenberg vom beauftragten Klimaplan-Konsortium: „Unsere Analysen haben ergeben, dass Bonn im Vergleich zu anderen Städten vergleichbarer Größe eine gute Ausgangssituation mitbringt, um Klimaneutralität unter Einhaltung des 1,5 Grad-Zieles zu erreichen. Das liegt vor allem an einem günstigen Verhältnis im Energieverbrauch mit hohen Anteilen bei den Wohngebäuden, Dienstleistungs- und Büroflächen und relativ wenig Industrie-Anteilen.“

Klimaplan besteht aus einer Gesamt-Strategie und einem Arbeitsprogramm

Der Bonner Klimaplan besteht aus zwei Teilen: Der erste Teil ist die „Klimaneutralitäts-Strategie“ für die Gesamt-Stadt. Der zweite Teil ist das „Arbeitsprogramm Klimaschutz“ für die Stadtverwaltung für zunächst die kommenden drei Jahre. Die Klimaneutralitäts-Strategie zeigt das CO2-Restbudget, den Zielpfad sowie die Reduktionspotenziale in sieben Handlungsfeldern (Governance, Gesellschaft, Wirtschaft, Gebäude, Energie, Mobilität, Kompensation) auf. Und sie stellt in einem Klima-Portfolio dar, welche Maßnahmen in der Gesamt-Stadt umgesetzt werden müssen, um das gemeinsame Ziel zu erreichen.

Der zweite Teil des Klimaplans, das „Arbeitsprogramm Klimaschutz“, enthält 67 konkrete Aktivitäten, welche die Stadtverwaltung in den kommenden drei Jahren selbst anstoßen und umsetzen kann. Dazu gehören notwendige Konzepte und Studien, Infrastruktur-Projekte sowie Kommunikations-, Beratungs- und Förder-Angebote.

Rund 16 Millionen Tonnen CO2 standen den Bonner*innen laut Klimaplan im Jahr 2020 noch als Restbudget zur Verfügung. Aktuell werden in Bonn jährlich rund zwei Millionen Tonnen verursacht. Damit dieses Budget nicht in wenigen Jahren aufgebraucht ist, muss der Energiebedarf in der gesamten Stadt ungefähr halbiert und 2035 vollständig aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. Der Klimaplan verdeutlicht: Die Zukunft wird elektrisch. Die Verwendung von Strom für den Wärmesektor und die Mobilität wird den Strombedarf in Bonn – trotz Effizienzgewinnen und starken Endenergieeinsparungen - verdoppeln. Ein erheblicher Ausbau der Photovoltaik auch auf dem Stadtgebiet Bonns ist deshalb zwingend erforderlich.

Von der Photovoltaik-Offensive bis zum Klimabüro im Quartier

Zu den wichtigsten Aktivitäten im Arbeitsprogramm der Stadtverwaltung gehört eine gezielte Ausbauoffensive, mit welcher der Photovoltaik-Ausbau auf städtischen Gebäuden in den kommenden sechs Jahren forciert werden soll. Außerdem will die Stadt die Infrastruktur für den Radverkehr in Bonn weiter verbessern und ein durchgängiges und sicheres Fahrradwegenetz schaffen. Denn das Fahrrad hat als platzsparendes, gesundes und umweltfreundliches Mobilitätsangebot in Bonn großes Potenzial, für viele Menschen eine attraktive Alternative zum Auto zu sein.

In der Sanierung von Wohngebäuden liegt ebenfalls großes Potenzial zur Reduktion von Emissionen. Dafür möchte die Stadt Beratung dorthin bringen, wo sie benötigt wird: In eigens eingerichteten Quartiersbüros sollen Interessierte auf kurzem Wege alle nötigen Informationen rund um das Thema energetische Gebäudemodernisierung bekommen und sich mit Nachbarn austauschen, die vor den gleichen Fragen stehen wie sie selbst. Ebenfalls auf Quartiersebene will die Stadt Mitwirkungsmöglichkeiten für die Bürger anbieten: Klimabüros dienen als Innovationsraum, in dem Anwohner gemeinsam den Wandel vor der eigenen Haustür mitgestalten können. Verstärkte Beratungsangebote sind auch für die Wirtschaft vorgesehen: Ziel ist es, in Bonn ansässige Bestandsunternehmen und Startups für die Belange klimaneutralen Wirtschaftens zu sensibilisieren.

Monika Hallstein, Leiterin des Programmbüros Klimaneutrales Bonn 2035, erklärt: „Unser Arbeitsprogramm ist sehr konkret. Sobald wir den politischen Beschluss haben und die entsprechenden finanziellen Mittel bereitgestellt sind, werden wir die beschriebenen Aktivitäten anpacken und umsetzen. Das ist wichtig, denn die Klimakrise duldet keinen Aufschub mehr.“

Ausblick: Finanzierung und Zeitplan

Für 2023 und 2024 sollen nach dem Klimaplan 50 Millionen Euro in den Klimaschutz investiert werden. Die Gutachter haben zudem einen Personalbedarf von 168 Vollzeitstellen ermittelt. Viele Aufgaben werden bereits in den Ämtern bearbeitet. Die Stadt hat einen zusätzlichen Stellenbedarf von circa 55 Stellen zur Umsetzung des Arbeitsprogramms Klimaschutz festgestellt. Hierfür hat die Verwaltung zusätzlich sechs Millionen Euro an Personalkosten für den Doppelhaushalt 2023/2024 angemeldet.

Der Bonner Stadtrat wird über den jetzt vorgelegten Klimaplan erstmals in seiner Sitzung am 8. Dezember 2022 diskutieren. Anschließend folgt in den kommenden Wochen die politische Beratung in den Fachausschüssen. Die Verwaltung strebt einen Zielbeschluss zum Klimaplan für das erste Quartal 2023 an.

Mitwirken der Bürger

Die Ergebnisse des Mitwirkungsverfahrens „Bonn4Future – Wir fürs Klima“ werden eng mit dem Klimaplan 2035 verwoben. Mehrere Vorschläge sind bereits im Laufe des Verfahrens in den Klimaplan eingeflossen. Das Gesamtergebnis von Bonn4Future und auch das Ergebnis der zugehörigen Evaluation werden bei der Umsetzung des Klimaplanes und in zukünftigen Beteiligungsformaten berücksichtigt.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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