Generalsanierung
Das Münster behält noch viele Geheimnisse für sich

Zwischen alten Versorgungsleitungen: Ausgrabungen im Kreuzweg haben vor wenigen Tagen ein menschliches Skelet zu Tage befördert.  | Foto: mt
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  • Zwischen alten Versorgungsleitungen: Ausgrabungen im Kreuzweg haben vor wenigen Tagen ein menschliches Skelet zu Tage befördert. 
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Bonn - Es geht voran: Nach zahlreichen vorbereitenden Arbeiten in den
vergangenen Monaten hat im Bonner Münster nun die heiße Phase der
Generalsanierung begonnen. Dabei entdecken die an den Arbeiten
beteiligten Archäologen auch die ein oder andere Überraschung aus
der fast 1.000-jährigen Geschichte des Gotteshauses.

Bei der großen Baustelle Bonner Münster sind erste Ergebnisse zu
erkennen. Nachdem im Herbst 2017 mit der Einrichtung der Baustelle
begonnen wurde und das Inventar ausgelagert bzw. unter
Holzkonstruktionen geschützt wurde, gibt es gute Neuigkeiten vom
Dachboden. „Die Dämmschicht auf dem Deckengewölbe ist entfernt und
der Dachstuhl saniert“, erklärt Projektsteuerer Dr. Ägidius
Strack. Die Dämmung musste entfernt werden, da sie – wie praktisch
der gesamte Dachboden des Münsters – mit gesundheitsgefährdende
Staubpartikeln kontaminiert war, in denen Pentachlorphenol
nachgewiesen wurde. Der Wirkstoff, der auch als PCP bekannt ist, wurde
bis in die 1980er Jahre in Holzschutzmitteln eingesetzt und sollte
auch das Gebälk des Münsters schützen.

Nachdem Mauerwerk und Dachstuhl vollständig von diesem gefährlichen
Staub befreit wurde, kann der Dachboden wieder ohne Schutzkleidung und
Atemschutz betreten werden. Das ist auch notwendig, da im nun
zugänglichen Deckengewölbe zahllose Risse geschlossen werden
müssen. „Diese Risse entstehen durch die Bewegung der Außenmauern.
Einer der Gründe, warum im Rahmen der Sanierung verschiedene
Verankerungen installiert werden,“ so Strack. Die Risse im weichen
Tuffstein sollen mit rein mineralischem Mörtel dauerhaft geschlossen
werden.

Einen spannenden Einblick in die Sanierung des Jahres 1897 bietet das
Münster derzeit im nördlichen Querhaus. Dort sind Reste des
früheren gelb-roten Fliesenbodens aufgetaucht, der vermutlich durch
einen Bombentreffer im zweiten Weltkrieg unter Schutt begraben und
dadurch einige Zentimeter abgesackt ist. 

Ein großer Aspekt der Sanierungsarbeiten ist die Erneuerung der
gesamten Haustechnik. Die Elektroanlagen seien bestenfalls veraltet,
im schlimmsten Fall gefährlich. Teilweise fehle sogar die Isolierung.
Das Sammelsurium aus verschiedenen Jahrzehnten, das teils auch
undokumentiert ist, soll einer vollständig neuen Installation
weichen. Das Münster bezieht seine Energie derzeit aus vier
Hausanschlüssen, hinter denen sich schier unglaubliche 18
Stromzähler befinden. Um auf den Stand der Technik zu kommen, müssen
130 Kilometer neue Kabel für Strom und Technik verlegt werden – in
diesem Rahmen sollen auch die Beleuchtung sowie die Lautsprecher
erneuert werden. In Zukunft werden 160 LED-Leuchten die Basilika in
buchstäblich neues Licht tauchen.

Für die neue Stromversorgung war es notwendig, einen 35 Meter langen
Graben durch den Außenbereich des Kreuzgangs zu ziehen. Da dort vor
allem im Mittelalter Bestattungen durchgeführt wurden, gibt es nun
reichlich Arbeit für die Archäologen. Knochen, Scherben, Fliesen und
Alltagsgegenstände aus Metall und Keramik, aber auch Schmuckstücke
wie Ringe oder Trachtbestandteile sind bisher ans Tageslicht gekommen.
„Etwas überrascht hat uns der Fund von Murmeln. Offenbar wurde hier
auch gespielt“, berichtet Peter Schönfeld, Archäologe bei
Archaeonet. Die zahlreichen Funde werden katalogisiert und sollen
später im Bonner LVR-Museum zu sehen sein. Menschliche Überreste
werden wieder bestattet. Die Sorge, dass die Funde den Zeitplan der
Generalsanierung verzögern, teilt Schönfeld nicht: „Man hat genug
Zeit für unsere Arbeit eingerechnet. Wenn überhaupt sollte es
minimale Verzögerungen geben.“ 

Die Archäologen werden nur den für die Stromleitungen notwendigen
Graben untersuchen, nicht den gesamten Bereich des Kreuzgangs. Auf die
Frage, ob es ihn und seine Kollegen nicht unter den Nägeln brennen
würde, auch die restliche Fläche zu untersuchen, entgegnet
Schönfeld: „Es gibt hier ja genug zu tun. Das Münster wird noch
viele Geheimnisse für sich behalten.“ 

- Michael Thelen

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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