Professorengattinnen
Das Wirken der Frauen
Bonn - (we) Wenn in diesen Tagen von Bonns be- und allseits gerühmter
Universität die Rede ist, stehen die Wissenschaft und ihre
Protagonisten im Mittelpunkt des Interesses. Allein viele
Straßennamen in der Stadt oder auch die Gräber auf dem Alten
Friedhof legen beredt Zeugnis ab von den Verdiensten der
Uni-Angehörigen. Was dabei zu kurz kommt, ist, was denn den Erfolg
der Herren begründete. Das war wohl auch das private, familiäre
Geschehen. Und hier gilt es, über starke Frauen zu berichten, die
eine gehörige Portion zum Erfolg ihrer ach so berühmten Männer
beitrugen.
Nun galten Frauen in der ersten Professorengeneration der Uni Bonn
nach deren Gründung vor 200 Jahren nicht allzu viel. Sie waren
zunächst von ihrem Vater, dann von ihrem Männern abhängig. Umso
bemerkenswerter ist es, dass sie sich in ihrer Rolle
verselbständigten und das Leben ihrer Familien und damit ihrer
Männer entscheidend beeinflussten.
Das zumindest ist die Erkenntnis von Ursula Brandis. Sie, selbst
Professorengattin in der langen Tradition der Brandis, hat den Brief-
und Tagebuchnachlass von Caroline Brandis und Cäcilia Hasse
aufgearbeitet. „Allein 400 Briefe oder mehr habe ich ausgewertet von
der Ahnin meines Mannes mit Namen Caroline Brandis“, sagt Ursula.
Und sie hat Erstaunliches zu Tage gebracht: Caroline war eine
pragmatische Frau, die das Beste aus den Umständen ihres Daseins
gemacht hat. Weil ihr Mann oft international in Kopenhagen und in
Griechenland zu Gast war und sie immer dabei, führte sie ein
internationales Haus. Gesellschaftlich war immer was los in der
zweiten Villa am Rhein, die die Familie damals bewohnte. Da gab es
stets Bälle, Gesellschaften des heute so genannten
Bildungsbürgertums. Auch der Adel gab sich gern und oft ein
Stelldichein. Auch Neid gab es. So schrieb ein Gast einem Bekannten,
dass es bei Brandis einen ziemlichen Fraß zu Essen gebe. Die Briefe
lassen die damaligen Lebensumstände lebendig werden. Und erzählen
Geschichten, die heute ein besonders interessantes Schlaglicht auf die
Szenerie des 19. Jahrhunderts in Bonn werfen.
Ohne solche Frauen wie Caroline Brandis (1793 bis 1859) wären ihre
Männer gar nicht denkbar gewesen. Unabhängig davon, dass
naturgemäß der Nachwuchs, der vielfach in die professoralen
Fußstapfen der Väter trat, ohne Frauen ...
Ein anderes weibliches Kaliber war Cäcilia Hasse (1813 bis 1898). Sie
war das, was man als sozial besonders engagiert bezeichnen könnte.
Und das wie gesagt in Zeiten, da die Frau oft eher die Rolle eins
Kleiderständers einnahm als die eines mündigen Menschen. Cäcilia
übernahm den Unterricht in der Freischule. Das war eine Schule für
die sozial Unterbemittelten. Sie kümmerte sich um die Ärmsten der
Armen und hatte bereits das, was man heute ein soziales Gewissen
jenseits von Standesdünkel und arrogantem Gehabe nennt.
Wer bezweifelt, dass Frauen bereits im 19. Jahrhundert dazu in der
Lage waren, im sozialen Kontext Erfolge zu haben und selbstbewusst
aufzutreten, möge die Ausstellung besuchen. Da sind zahlreiche Texte
zu finden, die die damalige Zeit mit ihren Höhen und Tiefen lebendig
werden lassen. Es ist erstaunlich, wie deutlich die Verhältnisse auch
ohne Facebook und Instagram sowie Email und Smartphone werden. Es ist
nachgerade so, als stünden die Erzählerinnen der damaligen Zeit vor
einem, so authentisch wirken die Aussagen.
Von den Damen, zu denen auch Sophi Richtl gehörte, ging eine
zukunftsweisende Attitüde aus. Auch wenn von ihnen kaum Fotomaterial
oder sonstige Bilder vorhanden sind. Dafür sind umso mehr
Männerbildnisse zu finden. Die Ausstellung von Ursula Brandis und
Stadtmuseumsdirektorin Ingrid Bodsch ist noch bis Ende Februar zu
sehen.
Infos kompaktErnst-Moritz-Arndt-Haus
Adenauerallee 79, 53113 Bonn
Tel.: 0228 241435
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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