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Der Wille des Volkes und das Schwein

Sommerferien, und jetzt? Also für mich persönlich ist das Thema Reisen ja durch! Insbesondere Fliegen - bin ich durch mit. Ich könnte jetzt sagen von wegen ökologischer Fußabdruck und so - wäre aber gelogen. Nein, es ist mir einfach zu stressig. Es fängt beim Kofferpacken zuhause an und endet beim Zoll, wenn du wieder in Deutschland gelandet bist. Nicht umsonst las es sich in meinem SCHAUFENSTER unter den Lettern "Aufgabegepäck bei Billigfliegern" folgendermaßen: Für das nachträgliche Hinzubuchen von Gepäckstücken zahlen Passagiere von Billigfliegern oft drauf. Günstiger sei es, einen aufzugebenden Koffer schon beim Ticketkauf zu buchen. Das nachträgliche Zubuchen gehe kräftig ins Geld. Darauf weise die Verbraucherzentrale hin. Koffer bis zu 20 Kilogramm kosten als Aufgabegepäck bei der Buchung 25 Euro, danach dann 40 Euro. Weiter ging es um Buchungsoptionen, Priority Boarding und um ein Urteil des Landgerichtes Berlin. Ich mein, allein dass die Verbraucherzentrale mit dem Thema beschäftigt ist … Mich stresst schon das Kofferpacken total. Da stelle ich mich aus gutem Grund extra wochenlang nicht auf die Waage und dann gefühlt hundertmal. Weil, um herauszukriegen, ob der Koffer auch ja nicht mehr wiegt als 20 Kilo, stelle ich mich erst ohne Koffer auf die Waage und dann mit Koffer. Was hab ich mir da schon alles einfallen lassen müssen. Weil die Wanderschuhe schon allein die Hälfte des erlaubten Gewichts ausmachen, trage ich sie natürlich. Oder die warme Winterjacke, es könnte ja, und wenn man dann nicht, für alle Notfälle und so weiter - also auch die warme Winterjacke am Leib!

Was mich aber vor allen Dingen stresst ist das Warten am Gepäckband. Ich hatte es schon erwähnt, gefühlt kommt mein Koffer immer als letzter. Egal was ich mir vorher einschmeiße, ich spiele alle Szenarien durch! Ich schaue mir die Leute um mich herum an: Von wem werde ich gezwungen sein, ein T-Shirt zu tragen? Wer wird mir einen Rock borgen? Trage ich die Hose meines Traummannes, zusammengehalten mit einer Kordel im Bund? Hat er überhaupt eine zweite eingepackt? Und dann gibt es da diese tausend Utensilien, auf die ich hundertprozentig nicht verzichten kann! Was soll ich sagen, jedes Mal (und ich betone, jedes Mal) bin ich mit den Nerven so was von am Ende, durchgeschwitzt und lache lauthals wie eine Bekloppte, wenn mein Koffer endlich durch die Klappe in der Wand auf mich zurollt und brülle: "Oh, mein Koffer, schau, mein Koffer!" Peinliche Situation für meinen Traummann.

Vor Jahren hatte ich auf dem Flughafen in Oslo mein Schlüsselerlebnis. Da stand ich irgendwann ganz allein am Gepäckband. Gefühlt vor Stunden war das letzte Gepäckstück vom Band genommen worden, aber ich stand immer noch da. Oder ich lief wie ein Hund hin und her, am Band entlang. Ich stand und lief so lange mutterseelenallein, bis sich wieder Menschen vor dem Band einfanden, Passagiere eines anderen Fliegers! Dann bin ich in der Halle umhergestreunt und habe irgendwelche anderen Bänder umrundet. Und da sehe ich doch in weiter Ferne einen Koffer auf einem Band liegen, der genau so aussieht wie meiner. Klar war, dass es sich hier, wie sagt der Lateiner : "Libenter homines id, quod volunt, credunt". Oder wie Heinrich IV. zu seinem Sohn sagt: "Thy wish was father, Harry, to that thought." Dass der Wunsch der Vater des Gedankens war.
Ich umrundete also den Koffer, der genau so aussah, wie ich meinen Koffer in Erinnerung hatte, berührte den Koffer, der in Farbe und Material meinem Koffer aber so was von ähnelte. Ich habe ihn dann zögerlich geöffnet und dann lauthals durch die Halle gebrüllt: "Schatz, das sind meine Schuhe und meine Unterhosen." Was ich also eigentlich der Ehrlichkeit halber sagen muss, mein Traummann möchte nicht mehr mit mir fliegen, weil er die Situation mit mir am Gepäckband nicht mehr aushält.
Und als wäre das nicht genug Stress pur las ich in meinem SCHAUFENSTER die Frage "Ist mein Urlaubssouvenir legal?" Muscheln, Schnecken, Korallen oder sogar Seepferdchen - exotische Urlaubssouvenirs können am Flughafen zu unangenehmen Überraschungen führen. Denn das Mitbringen besonders geschützter Tiere und Pflanzen verstoße gegen die internationalen Artenschutzbestimmungen. Daran erinnere zu Beginn der Reisezeit das Amt für Umwelt, Verbraucherschutz und lokale Agenda der Stadt Bonn. Wer am Flughafen mit einem Mitbringsel ertappt wird, muss dieses nicht nur dem Zoll aushändigen, sondern zusätzlich, im Falle eines Verfahrens, mit einer empfindlichen Geldstrafe rechnen. Wer unsicher sei, welche Souvenirs erlaubt sind und welche nicht, dem wird die kostenlose Smartphone-APP "Zoll und Reise" empfohlen.

Ich stell mir jetzt vor, ich hab da so ein Krokodil über der Schulter hängen oder eine lebende Boa um den Hals und von mir aus schaut hinten aus meinem Rucksack ein Stoßzahn heraus. Und klar, mein Akku ist leer. Und dann sagen die mir am Zoll, dass das verboten ist. Oder, was noch blöder ist, da kauf ich extra eine Fake-Tasche aus Krokodilimitat von Prada, und der Straßenverkäufer hat mir so was von hoch und heilig versprochen, dass es eine Fake-Tasche ist. Und dann stellt sich beim Zoll heraus, die ist tatsächlich echt. Also nicht echt Prada, aber echt Krokodil. Ich komm deshalb auf die Tasche, weil ich neulich ein Plakat sah, auf dem der Zoll für Nachwuchskräfte warb. Da hieß es: "Gegen verbotene Trophäen im Einsatz. Jetzt Karriere beim Zoll starten." Und abgebildet war eine Handtasche, die zum Krokodil wurde.

Wo ich gerade bei Tieren bin, beim Krokodil und beim Elefanten. Es gibt bei Netflix eine britische Science-Fiction-Serie mit dem Namen "Black Mirror" von Charlie Brooker, die verschiedenartige Auswirkungen der Verwendung von Technik und Medien auf die Gesellschaft thematisiert. Eine Folge heißt "Der Wille des Volkes". Dieser Film müsste Pflichtprogramm an allen Schulen sein! Der englische Premierminister hätte nicht mit dem Schwein schlafen müssen, wenn auch nur eine Sau auf der Straße gewesen wäre!!

LeserReporter/in:

Adelheid Bennemann aus Bonn

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