BENNEMANNs BLOG
Die Bertha und der Adenauer
Neulich war ich doch beim Thema Entscheidungsträger in Bonn, bei der Kunstkommission. Und da fiel mir im Zusammenhang mit Entscheidungsträgern in Bonn folgender Artikel in meinem SCHAUFENSTER in die Hände: Grünes Licht für den Verkehrsversuch – weniger Platz für Autos auf der Adenauerallee. Der ab Februar geplante Modellversuch in Sachen Verkehrsführung auf der Adenauerallee (B9) kann starten. Die Bezirksregierung Köln hat nach Angaben der Stadt die Planungen der Stadt für die Umgestaltung unfassend geprüft und hat keine Beanstandungen. Damit bestätige die Bezirksregierung die Analyse der Stadt Bonn, betonen die Verantwortlichen im Stadthaus. So biete der heutige Fahrradschutzstreifen keine Sicherheitsabstände zu parkenden Autos und in großen Teilen keine ausreichenden Abstände zum fließenden Verkehr, die für ein sicheres Überholen notwendig wären. Die Pläne für die Umgestaltung der Adenauerallee auf Basis der aktuell geltenden Regelwerke sehen vor, eine der bisher zwei Kfz-Spuren je Fahrtrichtung in eine eigene Radspur umzuwandeln. Die Bezirksregierung Köln habe diese Planung sowohl verkehrsrechtlich als auch auf verkehrliche Belange geprüft und bestätigt, dass die Umgestaltung von der Stadt korrekt geplant wurde. Laut Bezirksregierung seien die Pläne nicht zu beanstanden (das habe ich jetzt verstanden, dass nichts, aber auch gar nichts zu beanstanden ist!). Diese Neuaufteilung testet die Stadt in einem Verkehrsversuch zwischen Februar und April 2024. Je nach Ergebnis des Versuchs nimmt die Stadt anschließend Verbesserungen an der Planung vor, beispielsweise an Kreuzungen oder bei der Ausweisung von Park- oder Ladeflächen. Die Stadt Bonn begleitet den Versuch mit Informations- und Dialogangeboten.
Ich habe ja den Verdacht, dass Köln aus ganz anderen Gründen, als in dem Artikel angegeben, grünes Licht gegeben hat. Dass die sich da in Köln so was von ins Fäustchen lachen. Dass die alles durchwinken, was hier in Bonn dazu beiträgt, den einen oder anderen Autofahrer davor abzuschrecken, Bonn zu besuchen. Weil, wenn du den Bonner Entscheidungsträgern bei solchen Themen immer alles durchgehen lässt. Hallo, welcher Tourist kommt dann noch mit dem PKW nach Bonn? Und welcher mit der Bahn – so oft wie da gestreikt wird? Da bist du ja als Tourist froh, wenn du es bis nach Köln schaffst. Warum es dann noch weiter unter Aufbietung aller Strapazen bis nach Bonn zum Bertha-von-Suttner-Platz schaffen wollen, um vor Beethovens Geburtshaus zu stehen? Ich mein, sind wir doch mal ehrlich, ich als Japanerin, wenn ich den Beethoven so verehre, kann ich doch auch nach Wien fahren. Dort hat er ja immerhin die meiste Zeit seines Lebens gewirkt und ist dann dort gestorben. Ob jetzt Geburtshaus oder Sterbehaus – Hauptsache, ich komme ohne allzu großen Aufwand dorthin. Und wenn ich mich zwischen Bonn und Wien entscheiden müsste. Ich mein, in Wien habe ich immerhin noch das Sisi-Museum in der Hofburg!
Weil ich, die ich auf Beethovens Spuren unterwegs bin, gerade am Bertha-von-Suttner-Platz stehe. (Wobei das ja eigentlich kein Platz ist. Es ist ja eigentlich nur eine größere Haltestelle mit einer stark befahrenen Straße drum herum – und ausnehmend hässlichen Häusern.) Neulich war ich ja im Stadtgarten zur Beethoven-Hommage unterwegs. Und dann habe ich auch noch auf der Hofgartenwiese die Macke-Hommage bestaunt. Was ich mich in dem Zusammenhang gefragt habe: An der Ecke Bertha-von-Suttner-Platz/Sandkaule steht ja die 2,50 Meter hohe Edelstahlskulptur, die an die Friedensaktivistin, die Bertha, erinnern soll. Diese Stehle, die die Konturen eines stilisierten weiblichen Körpers zeigt. Was ich mich da immer schon gefragt habe, ob es da nicht einen schöneren Platz gegeben hätte, für diese Stehle.
Ich bin aber vom Thema abgekommen. Wenn jetzt die Kölner Entscheidungsträger auch noch so schlau wären und würden die Beethoven-Skulptur von dem Lüpertz bei sich in Köln aufstellen (wenn sie hier in Bonn keiner haben will). Was genau gäbe es dann überhaupt noch für einen Grund nach Bonn zu kommen – und in ein Parkhaus zu fahren, was ja mittlerweile auch nicht gerade wenig kostet. Was mir da als geniale Lösung einfällt. Erinnerst du dich noch an die Zeit, als Bonn Bundeshauptstadt war? Damals nannte man das Teilstück der Bundesstraße 9 zwischen Bonn und Bonn-Bad Godesberg scherzhaft die „Diplomatenrennbahn“. Weil Bad Godesberg wenig zerstört war, schlugen gut zwei Drittel der Eminenzen ihr Domizil in diesem noblen Stadtteil kurfürstlicher Gründerzeithäuser auf. Umgeben von prachtvollen Parkanlagen residierten sie in einem beschaulichen Umfeld der kurzen Wege. So benötigten sie über die sogenannte Diplomatenrennbahn – ein Teilstück der B9 - nur rund zehn bis 15 Minuten, um mit ihren großen schwarzen Limousinen zur Machtzentrale im Regierungsviertel zu gelangen. (Da wäre der Vorschlag für nur eine Fahrspur nie durchgekommen.)
Jetzt stell dir mal vor, du machst aus der gesamten Adenauerallee ein Gesamtkunstwerk. Das Haus der Geschichte steht dort ja schon, sowieso die Museumsmeile. Sämtliche Skulpturen, bei denen wir nicht sicher sind, ob wir sie toll finden, stellen wir entlang der Adenauerallee auf, damit der flanierende Tourist was zu gucken hat. Selbstredend wird die Bertha auch umgebettet, ich meine natürlich, umgestellt. Da ist es nämlich viel ruhiger als dort, wo sie jetzt steht. Natürlich lädt auch das aus dem Jahr 1957 stammende Bundesbüdchen, ein als Baudenkmal unter Denkmalschutz stehender ovaler Kiosk, zum Verweilen ein.
Wenn du das jetzt als Stadt Bonn richtig vermarktest, als landschaftliches historisches Gesamtdenkmal. Wenn du mit Schlagwörtern wie „Entschleunigung“, „Zeitreise in die Vergangenheit“, „zu Fuß auf der ehemaligen Rennbahn“ arbeitest. Das kannst du so was von als Gesamtevent für ein verlängertes Touristen-Wochenende anbieten.
Stören eigentlich nur noch zwei Dinge: die zwei KFz-Spuren, die zur Zeit noch – rechtens (!), abgesegnet von Köln (!) – für den Autoverkehr bleiben sollen. Weil, wer überhaupt möchte denn nach Bad Godesberg fahren, in den Tunnel?
LeserReporter/in:Adelheid Bennemann aus Bonn |
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