Schwerer Bandendiebstahl
Die Täter kamen in der Nacht
Region - Es ist eine Horrorvorstellung: Mitten in der Nacht werden Sie von
merkwürdigen Geräuschen geweckt. Die Angst wird Gewissheit: Auf der
anderen Seite der Schlafzimmertür durchwühlen Einbrecher Ihre
Schränke, stehlen Wertsachen und liebe Erinnerungsstücke. Die
Polizei kann einer skrupellosen Bande, die so vorging, nun weitere 46
Straftaten nachweisen.
In einer groß angelegten Aktion hat die Bonner Polizei am 14.
September fünf Mitglieder einer albanischen Einbrecherbande
festgenommen. Vier von ihnen konnten die über 150 beteiligten Beamten
in einer Unterbringungseinrichtung für Flüchtlinge in der
Deutschherrenstraße in Bonn-Muffendorf auffinden, ein fünftes in
einer Unterkunft in Wiehl bei Gummersbach. Zwei weitere
Bandenmitglieder befanden sich zu diesem Zeitpunkt bereits in
Abschiebehaft. Darüber und den aktuellen Ermittlungsstand informierte
die Bonner Polizei am vergangenen Mittwoch.
Die siebenköpfige Bande, deren Mitglieder 21 bis 45 Jahre alt sind,
steht im Verdacht, seit Juni 47 Wohnungseinbrüche und 19
PKW-Aufbrüche begangen zu haben. Die Täter haben weite Anfahrten in
Kauf genommen: Die Tatorte verteilen sich auf Bonn, den
Rhein-Sieg-Kreis und Köln, den Raum Koblenz sowie Coesfeld. Ihr
Vorgehen war aus verschiedenen Gründen auffällig. „Einbrüche in
den Nachtstunden sind recht selten, denn sie sind mit einem hohen
Risiko verbunden. Die Anwohner sind meist Zuhause und könnten die
Täter überraschen“, erklärt Kriminalhauptkommissar Mark Patrick
Lück, der die Ermittlergruppe „Dritare“ leitet. Der klangvolle
Name kommt aus dem Albanischen und bedeutet „Fenster“. Denn genau
diese haben die Täter in nahezu allen Fällen von Wohnungseinbrüchen
angezogen.
Gekippte Balkontüren und Fenster, auch im ersten Stock, reichten der
Diebesbande, um sich schnell Zugang zu den Häusern und Wohnungen zu
verschaffen. Drinnen klauten die Diebe alles was von Wert war:
Mobiltelefone, Laptops, Schmuck, Bargeld, aber auch Schuhe oder den
ein oder anderen besonderen Tropfen. Bei einem von insgesamt acht
Einbrüchen in Bornheim bedienten sie sich sogar am Kühlschrank. Wie
kaltschnäuzig die Bande vorging, zeigt sich auch daran, dass sie in
der Regel ohne Maskierung einbrachen – ahnend, dass die Bewohner in
ihren Betten lagen. Tatsächlich kam es bei mehreren Einbrüchen zu
der Situation, dass die Bewohner die ungebetenen Besucher entdeckten:
„Dabei haben die Täter nie angegriffen, sondern die Flucht
ergriffen – glücklicherweise!“ betont Lück.
Die Albaner waren ausschließlich mit dem öffentlichen
Personennahverkehr unterwegs. Aufnahmen aus Bahnen belegen, dass die
Täter dabei konspirativ vorgingen und es verstanden, unauffällig zu
bleiben. So betraten sie die Bahn niemals zusammen, saßen voneinander
getrennt und sprachen nicht miteinander. Einbruchswerkzeug hatten sie
keines bei sich – dem Wetter angepasst waren sie meist unauffällig
im T-Shirt unterwegs.
Neben Häuser und Wohnungen hatten es die Täter vor allem auf fest
eingebaute PKW-Navigationsgeräte abgesehen. Derzeit legen die
Ermittlungen nahe, dass die Täter Einbruchswerkzeug in
Flüchtlingsunterkünften in der Nähe von Bahnhaltestellen und
Tatorten deponiert haben. Auch könnten an diesen oder weiteren Orten
Diebesgut versteckt worden sein, bevor es von Mittätern weggebracht
wurde. „Große Teile des Diebesguts sind vermutlich in Reisebussen
nach Albanien gegangen“, so Kriminalhauptkommissar Lück. Auf
Plattformen wie Ebay seien bisher keine gestohlenen Navigationsgeräte
aufgetaucht. Derzeit geht die Polizei davon aus, dass der Schaden in
den sechsstelligen Bereich geht.
Mittlerweile sind drei Täter abgeschoben, bei einem vierten steht die
Abschiebung bevor. Die übrigen drei befinden sich in
Untersuchungshaft, darunter auch ein 41-Jähriger, der vermutliche der
Kopf der Bande war und ebenfalls in der Unterkunft in der
Deutschherrenstraße untergebracht war. Diesen drei Männer, so
schätzt Lück, wird in Deutschland der Prozess gemacht und am Ende
auch hier ins Gefängnis gehen. „Die Beweislage dafür sieht sehr
gut aus.“
Um nicht Opfer eines Einbruchs zu werden, empfiehlt die Polizei, keine
Fenster unbeobachtet geöffnet zu lassen, auch nicht gekippt.
Grundsätzlich sollten Häuser, auch wenn sich niemand darin aufhält,
einen belebten Eindruck machen. Sollte es zum Einbruch kommen und man
überrascht die Diebe, lautet die wichtigste Regel: Ruhe bewahren.
„Niemand sollte den Helden spielen“ mahnt Lück. Anstatt
womöglich handgreiflich zu werden, sollte der erste Handgriff zum
Telefon gehen, um die Polizei via Notruf 112 zu verständigen. „Um
den Rest kümmern wir uns“.
- Michael Thelen
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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