Messner
„Die Zukunft ist gestaltbar“
Bonn - Seit wenigen Wochen im Amt, sprach UNU-Direktor Prof. Dirk Messner mit
SCHAUFENSTER über das, was die Zukunft bringt. Und wie er die Folgen
derzeitiger Entwicklungen für die Menschheit einschätzt. Prof.
Messner war 15 Jahre lang Chef des ‚Deutschen Instituts für
Entwicklungspolitik‘ und ist Vorsitzender des Wissenschaftlichen
Beirates der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) sowie
jetzt, als Chef von UNU-EHS, des Instituts für Umwelt und menschliche
Sicherheit der UNU, d. i. die Uni der Vereinten Nationen, soll er
Regierungen vor Entscheidungen in wichtigen Zukunfts-Fragen, etwa bei
der Digitalisierung, beraten.
von Harald Weller „Wir müssen die Entwicklungen erst mal verstehen,
bevor wir sie beeinflussen, über ihre Rolle für uns alle entscheiden
wollen“, sagt Prof. Dirk Messner. Er erforscht mit seinem Institut
die aktuellen Strömungen in Sachen Widerstandskraft unserer
Gesellschaften bei schädlichen Entwicklungen, beobachtet die
Auswirkungen menschlichen Handelns auf die Ökosysteme wie etwa der
Meere, trifft Aussagen über die Folgen der Migration und guckt
schließlich auf die Folgen der Digitalisierung. All das, um
Entscheidungshilfen für Regierungen zu schaffen.
Am Beispiel der Digitalisierung, die er neu als Inhalt für sein
Institut aufnimmt, erläutert Prof. Messner, was sein Institut
erforschen soll. Als technische Entwicklung von Ingenieuren
angestoßen, wird die Digitalisierung geradezu revolutionäre
Auswirkungen auf die Gesellschaft haben. Wenn etwa virtuelle und reale
Räume zusammenwachsen, braucht man Orientierungshilfen, um zu merken,
ob man einen echten Schalter bedient oder nur so tut als ob. Von den
Auswirkungen auf die heutige Arbeitswelt ganz zu schweigen. Es gibt
ernstzunehmende Wissenschaftler, die den Menschen an die
Digitalisierung anpassen wollen. Und nicht umgekehrt.
Wie sollen sich heutige Menschen damit zurechtfinden? Die
Digitalisierung wird bislang als Werkzeug gesehen, geschaffen, um den
Menschen zu helfen. Wie wird es aber sein, wenn der Mensch dazu
gebracht wird, der digitalen Welt zu helfen? Weil die sich durchsetzt.
Science Fiction? „Kollegen von der Columbia Law School berichten
Folgendes“, erzählt Prof. Messner. „Da sollten Studierende
Vertragstexte lesen und die Fehler herausfiltern. Sie brauchten dafür
2,5 Stunden und fanden 80 Prozent der Fehler. Das digitale System der
künstlichen Intelligenz, das parallel geschaltet war, benötigte 2
Minuten und fand 95 Prozent der Fehler. Künstliche Intelligenz wird
die Arbeitsmärkte auch für sehr gut qualifizierte Arbeitskräfte
revolutionieren. Was tun wir, wenn der Mensch aus allen Arbeiten, die
ein Computer besser erledigen kann als er, herausfällt?“
Mir Sicherheit kann ein Rechner schneller arbeiten. Wollen wir ihn
aber entscheiden lassen, vielleicht den Menschen nachbilden, indem wir
ihm auch noch Emotionen anerziehen? Das negiert Prof. Messner. Er ist
dafür, „eine rote Linie zu ziehen“. Es kommen infolge der
Digitalisierung schwierigste ethische Fragen auf die Menschheit zu.
Was ist mit den heutigen Arbeitsplätzen? Was ist, wenn die Rechner
alles besser und schneller können als die Menschen? Was ist, wenn die
Menschen überflüssig werden im Wirtschaftsleben? Was passiert, wenn
sich die Maschinen verselbständigen? Zu sehen übrigens in den
Matrix-Filmen. Was etwa in den Bourne-Filmen Fantasie ist, nämlich
ein Mensch, dem man seine Menschlichkeit abtrainiert hat, ist in
Forschungsprojekten des US-Verteidigungsministeriums längst forschte
Wirklichkeit.
Wer trägt denn dafür die Verantwortung, wie weit wollen wir gehen?
Sollen Politiker, Regierungen entscheiden, was Wirklichkeit wird und
was nicht? Solchen Fragen geht das Institut von Prof. Messner nach,
immer bezogen auf das Ziel der nachhaltigen Entwicklung. Sinn und Ziel
ist es, den Politikern Hilfen zu geben, um verantwortliche
Entscheidungen treffen zu können. Damit die Digitalisierung ein Segen
für die Gesellschaften ist und nicht ihr Fluch. Forscher sind
zunächst einmal dafür da, Wissen anzusammeln. So wie Prof. Messner,
der sagt: „Wir müssen die Entwicklungen erst mal verstehen, bevor
wir sie in unserem Sinne beeinflussen können. Die Zukunft ist
gestaltbar.“ Noch, Herr Professor, noch...
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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